Das Karpatenschloß
den Leitungsdraht erfuhren sie da-
von, daß Nic Deck sich verpflichtet hatte, zur Burg zu ge-
hen, und durch denselben hatte sich in der Gaststube des
›König Mathias‹ jene Warnstimme vernehmen lassen, die
ihn davon abschrecken sollte.
Trotz dieser Drohung hatte der junge Förster auf seiner
Absicht bestanden, der Baron von Gortz aber sich vorge-
nommen, dem Zudringlichen eine Lektion zu erteilen, die
ihm die Lust, jemals hierher zurückzukehren, gründlich
verleiden sollte. In der betreffenden Nacht brachte der im-
mer zur Funktion bereite Apparat Orfaniks eine Reihe rein
physikalischer Erscheinungen hervor, die das Land weithin
mit schlimmster Furcht erfüllen mußten. Das Ertönen der
Glocke auf dem Kapellentürmchen, das Aufblitzen zucken-
der Flammen, die infolge einer Mitverwendung von Seesalz
allen Gegenständen ein geisterhaftes Ansehen verliehen;
ferner die heulenden Töne einer Art großer Nebelhörner,
die mit Preßluft angeblasen wurden; photographische Sil-
houetten von mächtigen Spiegeln zurückgeworfener Ge-
spenstererscheinungen; Eisenplatten unter dem Unkraut
der Grabensohle, die durch den elektrischen Strom stark
magnetisch wurden und den Doktor richtig durch die Ei-
senbeschläge seiner Stiefel festhielten, und endlich von
den Batterien des Laboratoriums abgegebene Entladungs-
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schläge, durch die der Förster, als er die Eisenteile der Zug-
brücke berührte, getroffen und hinuntergestürzt wurde.
Wie der Baron von Gortz angenommen hatte, stand das
Land umher nach Erscheinung jener unbegreiflichen Wun-
der und nach dem üblen Verlauf von Nic Decks Versuch
unter der Herrschaft eines lähmenden Schreckens, und um
keinen Preis hätte sich jemand – selbst bis auf 2 gute Mei-
len – dem offenbar von übernatürlichen Wesen bewohnten
Karpatenschloß zu nähern gewagt.
Rudolph von Gortz glaubte sich schon fürderhin gegen
jede lästige Neugier geschützt, als Franz von Telek in der
Dorfschaft Werst eintraf.
Während dieser mit Jonas, mit Meister Koltz oder einem
der anderen sprach, meldete der Draht im Nyad schon seine
Anwesenheit in der Gaststube des ›König Mathias‹. – Der
Haß des Barons von Gortz gegen den jungen Mann loderte
mit der Erinnerung an die Ereignisse in Neapel von neuem
auf. Franz von Telek befand sich aber nicht allein in dem,
nur wenige Meilen von der Burg entfernten Dorf, sondern
er verspottete auch gegenüber den Notablen deren alber-
nen Aberglauben; er zerstörte die phantastischen Anschau-
ungen, die das Karpatenschloß schützten, und verpflichtete
sich obendrein, in Karlsburg an die Behörden zu berichten,
um die Polizei zur endlichen Aufklärung über die landläu-
figen Legenden herbeizurufen.
Da beschloß der Baron von Gortz, Franz von Telek in die
Burg zu locken, und der Leser weiß ja, durch welche Mit-
tel ihm das gelang. Die Stimme La Stillas, die er durch das
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Telephon der Gaststube des ›König Mathias‹ ertönen ließ,
hatten den jungen Grafen verleitet, von seinem Weg abzu-
weichen, um näher an die Burg heranzukommen. Die Er-
scheinung der Sängerin auf der Bastion erregte dann in ihm
das unwiderstehliche Verlangen, in das Schloß einzudrin-
gen; ein von einem Fenster des Wartturms ausstrahlendes
Licht hatte ihm den Weg nach der Zugbrücke gezeigt, die
man niederließ, um ihn eintreten zu lassen. In der Tiefe je-
ner elektrisch beleuchteten Höhle, zwischen den Mauern
der Zelle, wohin ihm die nötigen Nahrungsmittel während
seines Totenschlafs gebracht wurden, in dem unter der Burg
versenkten Gefängnis, dessen Tür sich hinter dem Eindring-
ling schloß, befand sich Franz von Telek völlig in der Gewalt
des Barons von Gortz, und dieser rechnete darauf, seinen
Feind nie wieder entweichen zu sehen.
Das alles war das Werk der geheimnisvollen Tätigkeit
Rudolphs von Gortz und seines Genossen Orfanik. Zu sei-
nem größten Leidwesen wußte der Baron auch, daß Rotzko,
der seinem Herrn nicht in das Innere der Burg gefolgt war,
in dessen Auftrag die Behörden von Karlsburg über den
Sachverhalt informiert hatte. Eine Abteilung Polizisten war
im Dorf Werst angekommen, und hiermit sah sich der Ba-
ron von Gortz einer erdrückenden Übermacht gegenüber,
da er sich mit Orfanik allein gegen eine zahlreiche Truppe
doch unmöglich wirksam verteidigen konnte. Die zur Ab-
wehr von Nic Deck und Doktor Patak angewandten Mittel
erwiesen sich hier als unzureichend,
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