Das Karpathenschloß
bei der Polizei in Karlsburg thun wollten.
– Ich werde nichts vergessen, Meister Koltz, versicherte Franz. Sollte ich jedoch auf meiner Reise aufgehalten werden, so kennen Sie ja das einfache Mittel, sich Ihrer beunruhigenden Nachbarschaft zu entledigen, und dann wird ja das Schloß der guten Einwohnerschaft von Werst keine Angst mehr einflößen.
– Das ist wohl leicht gesagt… murmelte der Magister.
– Und auch leicht gethan, entgegnete Franz. Noch vor Ablauf von achtundvierzig Stunden können die Gendarmen mit allen Wesen, die sich nur in der Burg verbergen mögen, aufgeräumt haben….
– Mit Ausnahme des Falles, daß das wirkliche Geister wären, bemerkte der Schäfer Frik.
– Selbst in diesem Falle, erklärte Franz mit kaum bemerkbarem Achselzucken.
– Wenn Sie uns damals begleitet hätten, Herr Graf, warf der Doctor Patak ein, den Nic Deck und mich, dann würden Sie vielleicht nicht so sprechen!
– Das sollte mich wundern, Doctor, versetzte Franz, und selbst wenn ich wie Sie mit den Füßen im Schloßgraben festgehalten worden wäre….
– Mit den Füßen… ja, ja, Herr Graf, oder mit den Stiefeln! Und wenn Sie nicht gerade behaupten wollen, daß ich… bei dem Zustand, in dem ich mich befand… nur… geträumt hätte…
– Ich behaupte gar nichts, werther Herr, unterbrach ihn Franz, und es fällt mir gar nicht ein, erklären zu wollen, was Ihnen unerklärlich vorkommt. Halten Sie sich jedoch versichert, daß die Stiefeln der Gendarmen, wenn diese Leute dem Karpathenschlosse einen Besuch abstatten, daß deren Stiefeln, die an Disciplin gewöhnt sind, sich nicht am Erdboden festwurzeln werden, wie die Ihrigen.«
Nach dieser an den Doctor gerichteten Erklärung nahm der junge Graf noch einmal den Dank und die Huldigung des Wirthes vom »König Mathias« entgegen, der sich »so geehrt fühlte, die Ehre gehabt zu haben, den hochzuverehrenden Herrn Franz von Telek…« u. s. w. Als er dann noch dem Meister Koltz, Nic Deck, dessen Braut und den auf dem Platze versammelten Leuten einen letzten Gruß zugewinkt, gab er Rotzko ein Zeichen, und Beide schritten rasch die Straße hinunter.
Nach kaum einer Stunde hatten Franz und sein Begleiter das rechte Ufer des Flusses erreicht, längs dem sie bis zur südlichen Wand des Retyezát hinwanderten.
Rotzko hatte darauf verzichtet, gegen seinen Herrn noch irgend eine weitere Bemerkung fallen zu lassen.
Das wäre auch vergebliche Liebesmüh’ gewesen. An militärischen Gehorsam gewöhnt, würde er schon bei der Hand sein, den jungen Grafen zurückzuhalten, wenn dieser sich etwa in ein gefährliches Abenteuer stürzte.
Nach zweistündiger Wanderung machten Franz und Rotzko Halt, um ein wenig auszuruhen.
Hier, wo sie saßen, näherte sich die vorher leicht nach rechts hin abweichende walachische Sil mit scharfer Biegung der Straße. Auf der anderen Seite und auf der Ausbuchtung des Plesa dehnte sich in der Entfernung einer halben Meile das Plateau des Orgall aus. Hier mußten sie also die Sil verlassen, da Franz den Bergrücken überschreiten wollte, um sich in der Richtung nach dem Schlosse zu halten.
Da sie vermieden, noch einmal durch Werst zu kommen, verlängerte dieser Umweg ihren Marsch etwa um das Doppelte der Entfernung, die das Schloß vom Dorfe trennte.
Immerhin mußte noch heller Tag sein, wenn Franz und Rotzko auf der Hochfläche des Orgall anlangten. Der junge Graf behielt also Zeit genug, die Burg von außen zu besichtigen.
Schlugen sie dann den Rückweg durch Werst erst nach Anbruch des Abends ein, so war ja zu erwarten, daß sie von Niemand gesehen würden. Die nächste Nacht wollte Franz übrigens in Livadzel, einem kleinen Flecken am Zusammenflusse der beiden Sil, zubringen, um am folgenden Tage nach Karlsburg weiterzuziehen.
Eine halbe Stunde ruhten sie aus. In seiner Erinnerung verloren und auch tief erregt durch den Gedanken, daß sich der Baron von Gortz möglicherweise im Innern dieses Schlosses vergraben habe, sprach Franz nicht ein einziges Wort.
Rotzko bedurfte aber der größten Selbstüberwindung, um ihm nicht zuzurufen:
»Es ist unnütz, noch weiter zu gehen, Herr Graf!… Kehren wir der verdammten Burg den Rücken zu und lassen Sie uns aufbrechen!«
Beide schritten nun weiter den Thalweg entlang hin. Zuerst mußten sie dabei ein Baumdickicht durchmessen, in dem kein Fußpfad zu entdecken war. Da und dort zeigte der Erdboden mehr schlüpfrige Furchen, denn in der Regenzeit tritt die Sil nicht selten aus und rauscht
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