Das Karpathenschloß
zunächst den Nutzen seiner Erfindungen genösse.
Diese beiden originellen und jede nach ihrer Art überspannten Persönlichkeiten waren übrigens wie geschaffen, einander zu verstehen. Seit ihrem Zusammentreffen trennten sie sich nicht wieder – nicht einmal, wenn der Baron la Stilla nach allen Städten Italiens nachreiste.
Doch während der Musiknarr sich mit dem Gesange der unvergleichlichen Künstlerin berauschte, beschäftigte sich Orfanik einzig mit der Vervollkommnung der neuesten Erfindungen der Elektriker, wußte deren Verwendung zu vervielfältigen und damit die wunderbarsten Wirkungen zu erzielen.
Nach den Vorfällen, die die dramatische Laufbahn la Stilla’s beendeten, verschwand der Baron von Gortz, ohne daß Jemand hätte sagen können, was aus ihm geworden sei. Als dieser Neapel verließ, hatte er sich nämlich sofort nach dem Karpathenschlosse zurückgezogen, wohin Orfanik – höchst befriedigt, sich mit ihm einschließen zu können – seinem Mäcen folgte.
Als er den Entschluß gefaßt, sich hinter den Mauern dieser alten Burg zu begraben, ging die Absicht des Barons von Gortz auch dahin, keinem Bewohner des Landes seine Rückkehr bekannt werden zu lassen und Jedermann von einem Besuche des alten Rittersitzes fern zu halten. Selbstverständlich fehlte es Orfanik und ihm im Schlosse nicht an Hilfsmitteln zur Erhaltung des materiellen Lebens.
Von diesem aus bestand nämlich eine geheime Verbindung mit dem Vulkanrücken und auf diesem Wege besorgte ein verläßlicher Mann, ein früherer Diener des Barons, den Niemand als solchen mehr kannte, zu gewissen Zeiten Alles, was zur Existenz des Barons Rudolph und seines Gesellschafters nöthig war.
Was von der Burg noch bestand – und vor Allem der Wartthurm in der Mitte – war weit weniger zerfallen, als man allgemein glaubte, und sogar ausreichender bewohnbar, als es die Bedürfnisse ihrer Bewohner erheischten. Mit Allem versehen, was er zu seinen Versuchen brauchte, konnte sich Orfanik ungestört den wunderbaren Arbeiten hingeben, zu denen ihn die gewaltigen Errungenschaften der Chemie und Physik anspornten. Da kam ihm der Gedanke. diese auch zur Abhaltung jedes unbequemen Besuches anzuwenden.
Der Baron von Gortz ging auf einen diesbezüglichen Vorschlag mit Feuereifer ein, und Orfanik stellte einen besonders construirten Apparat her, der ausschließlich bestimmt war, die weitere Umgebung durch Erscheinungen zu erschrecken, welche die etwas beschränkten Bewohner derselben nur einer Mithilfe des Höllenfürsten zuschreiben konnten.
In erster Linie kam es dem Baron von Gortz darauf an, immer von dem unterrichtet zu sein, was die Leute im nächsten Dorfe redeten. Gab es also ein Mittel, diese Leute bei ihren Gesprächen zu belauschen, ohne daß sie etwas davon ahnten? – Gewiß, dazu gehörte ja nur, daß eine telephonische Verbindung zwischen dem Schlosse und der Gaststube des »König Mathias«, wo die »Standespersonen« von Werft verkehrten, hergestellt wurde.
Eine solche führte denn Orfanik, nicht minder geschickt als unbemerkt, auf einfachste Weise aus. Ein mit isolirender Schicht umhüllter Draht, dessen eines Ende am ersten Stockwerke des Wartthurms befestigt war, wurde durch das Wasser des Nyad bis zum Dorfe Werft geleitet. Nachdem das geschehen, brachte Orfanik, der sich als Lustreisender vorstellte, eine Nacht im »König Mathias« zu, um jenen Draht mit der Gaststube des Hauses in Verbindung zu setzen. Begreiflicherweise machte es ihm keine besonderen Schwierigkeiten, das im Bett des Bergbaches versenkte andre Ende bis zur Fensterhöhe der hinteren Hauswand an einer Stelle hinauszuführen, wo es niemals eine Menschenseele suchte. Nachdem er hier ein Telephon, unter dem Blätterwerk der Mauer verborgen, angebracht, verknüpfte er dieses mit dem Leitungsdrahte. Der betreffende Apparat war übrigens ebenso zum Auffangen von Lauten, wie zum Selbstsprechen eingerichtet, und in Folge dessen konnte der Baron von Gortz alles hören, was im »König Mathias« gesprochen wurde, aber auch alles, was er wollte, hier zur Vernehmung bringen.
Während der ersten Jahre wurde die Ruhe der Burg in keiner Weise gestört. Der üble Ruf, in dem sie stand, genügte schon, die Bewohner von Werst davon fern zu halten. Uebrigens war es bekannt, daß sie seit dem Ableben der letzten Diener der Familie verlassen sei. Eines Tages aber – im Beginn unsrer Erzählung – hatte der Schäfer Frik durch sein Fernrohr eine Rauchsäule entdecken können, die sich
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