Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Kartengeheimnis

Das Kartengeheimnis

Titel: Das Kartengeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
Vom Netzwerk:
ehe sie da war, hatte ich schon zur Lupe und dem Brötchenbuch gegriffen. Diesmal las ich vorsichtshalber unterm Tisch.
     
    Ich rannte den Hügel hinauf zu Frodes Haus. Von tief aus der Erde glaubte ich ein schwaches Rumoren zu hören; es war, als wollte gleich der Boden unter meinen Füßen nachgeben.
    Vor Frodes Haus angekommen, drehte ich mich um und schaute aufs Dorf hinunter. Auch viele Zwerge hatten inzwischen den Festsaal verlassen und liefen zwischen den Häusern herum.
    Einer schrie: „Bringt ihn um!“
    „Wir bringen sie beide um!“ schrie ein anderer.
    Ich schlüpfte schnell ins Haus. Jetzt, wo ich wußte, daß Frode nie mehr einen Fuß hineinsetzen würde, wirkte es unendlich verlassen. Ich ließ mich auf einen Hocker fallen und rang um Atem. Aber ich durfte keine Zeit verlieren. Ich schaute mich um: Vor mir auf dem Tisch schwamm ein Goldfisch in seinem Glas, auf dem Fensterbrett stand eine verstöpselte leere Flasche, und in einer Ecke lag ein weißer Sack, vielleicht aus Milluckenfell genäht. Ich zog den Stöpsel aus der Flasche und goß das Wasser mit dem Goldfisch hinein, verschloß die Flasche wieder und steckte sie mitsamt dem Goldfischglas vorsichtig in den weißen Sack. Auch das Holzkistchen, in dem Frodes Karten gelegen hatten, steckte ich hinein und in wilder Eile ein paar Dinge, wie sie mir gerade in die Finger kamen. Ich weiß noch, ich hatte die Glasfigur einer Millucke in der Hand, als ich es draußen leise bimmeln hörte. Sekunden später kam der Joker hereingestürzt.
    „Wir müssen zum Meer“, keuchte er.
    „Wir?“ fragte ich verwundert.
    „Wir beide, ja. Aber wir müssen uns beeilen, Seemann!“
    „Warum?“
    „Die magische Insel wird von innen zerstört“, sagte er.
    Das Jokerspiel – natürlich!
    Während ich den Sack zuschnürte, wühlte der Joker in einem Schrank herum. Er fand schnell, was er suchte: eine Flasche, zur Hälfte mit Purpurlimonade gefüllt.
    Als wir ins Freie traten, gefror mir fast das Blut in den Adern: Die ganze Zwergenbande kam unter wildem Gejohle den Hang heraufgejagt – einige zu Fuß, andere auf dem Rücken von Millucken. An der Spitze die vier Buben mit gezückten Schwertern.
    „Hier entlang!“ sagte der Joker. „Schnell!“
    Er lief vor mir her ums Haus und bog in einen kleinen Waldweg. Bevor wir zwischen den Bäumen verschwanden, schaute ich mich um: Die ersten Zwerge erreichten eben Frodes Haus.
    Der Joker hüpfte und sprang flink wie eine Bergziege vor mir her. Das Problem war nur, daß ausgerechnet diese Ziege Glöckchen trug, denn ihr Gebimmel würde der restlichen Herde die Verfolgung sehr erleichtern.
    „Der Bäckersohn muß den Weg zum Meer finden“, keuchte der Joker.
    Ich antwortete ihm, daß ich durch eine weite Ebene gekommen sei. Dort hätte ich auch die großen Bienen und die ersten Millucken gesehen, ehe ich Kreuz Zwei und Kreuz Drei bei der Feldarbeit entdeckt hätte.
    „Zur Ebene geht es da entlang!“ sagte der Joker und zeigte auf einen Weg zu unserer Linken.
    Wenig später verließen wir den Wald. Wir hielten einen Augenblick inne und blickten uns um: Wir standen auf einer Felsenkuppe; unter uns lag tatsächlich die Ebene, wo mir die ersten Zwerge begegnet waren.
    Der Joker begann den Abstieg zwischen Felsblöcken und Geröll. Da stolperte er plötzlich und rutschte wild mit den Armen rudernd in die Tiefe. Seine Glöckchen machten ein Spektakel, daß es von den Bergen widerhallte; das mußten unsere Verfolger hören. Vor allem aber hatte ich Angst, er könnte sich schlimm verletzt haben. Doch unten angekommen, sprang er auf, breitete die Arme aus und lachte schrill. Der kleine Narr hatte nicht einmal eine Schramme abbekommen. Ich selber ging beim Abstieg vorsichtiger ans Werk. Unten angekommen, spürte ich ganz deutlich, daß der Boden unter meinen Füßen bebte.
    Wir gingen im Laufschritt durch die Ebene, und mir kam sie plötzlich kleiner vor, als ich sie in Erinnerung hatte. Bald begegneten wir einem Schwarm der großen Bienen; sie waren noch immer größer als die Bienen zu Hause, aber auch sie erschienen mir nicht mehr ganz so groß wie beim ersten Mal.
    „Ich glaube, dort geht’s lang“, sagte ich und zeigte auf einen Berg.
    „Übers Gebirge?“ fragte der Joker verzweifelt.
    Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin durch ein kleines Fenster in einer Höhle gekommen.“
    „Dann müssen wir es schleunigst finden, Seemann!“
    Er zeigte zurück – die Zwerge waren uns dicht auf den Fersen. Die Reiter hatten jetzt

Weitere Kostenlose Bücher