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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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zweckmäßige Stapelware mit Metallrahmen und niedrigen Sitzen und Rückenlehnen aus Segeltuch. Über den allgemeinen Lärm hinweg rief Gwen mir zu: » Höchste Zeit, etwas über das Herzstück des Geschäfts zu lernen, Miss Lily. «
    Nach der Ruhe der Packabteilung war die Produktionshalle ein Schock. Als sich die Türen öffneten, war mir, als würde ich gegen eine Wand aus Lärm rennen. Scheinbar endlose Reihen grüngrauer Webmaschinen, riesige Ungetüme, eine jede in ihrem eigenen Lichtkreis, eine Masse von öligem Metall, das ständig in lautstarker Bewegung war. Ich hörte es stoßen, schlagen, krachen, vibrieren. Wie konnte irgendjemand in dieser Maschinenhölle arbeiten?
    Die Weber schienen den Lärm gar nicht zu bemerken, gingen gemächlich zwischen ihren Webstühlen umher, kontrollierten, wie das Gewebe langsam durch die unaufhörliche Bewegung des Schiffchens wuchs, oder beugten sich über eine abgeschaltete Maschine. Mir wurde rasch klar, dass sie geschickte Lippenleser waren und trotz des Lärms lange Gespräche führen konnten. Aber die meiste Zeit waren ihre Blicke konzentriert auf ihre jeweilige Arbeit gerichtet.
    An diesem ersten Abend machte sich John darüber lustig, dass ich auf dem Sofa einschlief und er mich zum Abendessen wecken musste. Als ich mich fürs Bett fertig machte, überlegte ich, was ich jetzt wohl gerade in Genf tun würde. Hätte ich mich vielleicht für eine Party herausgeputzt oder säße bei heißer Schokolade und Gebäck in einem Café?
    Im Augenblick war ich zu müde, um Bedauern über die entgangene Chance zu empfinden. Meine Ohren klingelten, meine Augen brannten, meine Beine schmerzten, und mein Kopf dröhnte von all den neuen Informationen. Ich begann mich zu fragen, wie ich das morgen und übermorgen und all die anderen Tage, die noch kamen, aushalten sollte.
    Am nächsten Tag stellte ich erleichtert fest, dass mir zumindest der Lärm erspart blieb. Gwen wollte mir die Spulerei zeigen, wo es relativ ruhig zuging. Hier tanzten und rotierten schimmernde Seidenstränge auf ihren Spindeln und entließen Fäden, die gedoppelt und miteinander verzwirnt und auf Spulen gewickelt wurden. Und ich lernte an diesem Tag den Unterschied zwischen Kettfäden und Schussfäden kennen.
    Gwen kam mir inzwischen schon viel umgänglicher vor. Vielleicht weil sie merkte, dass ich ihr Können und ihr Geschick ebenso respektierte und bewunderte wie ihr enzyklopädisches Wissen über alle Aspekte der Seidenverarbeitung. Trotzdem war sie mir nach wie vor ein Rätsel. Warum war eine gebildete, künstlerisch begabte Frau wie sie freiwillig nach Westbury gekommen, um hier zu leben und in einer Weberei zu arbeiten?
    Ich sollte es bald herausfinden.

Kapitel 4
    Eine weitere herausragende Eigenschaft von Seide ist ihre Spannkraft. Man erkennt sie, wenn man ein Seidentaschentuch in der einen und ein Baumwolltaschentuch in der anderen Hand zerknüllt. Sobald man sie loslässt, wird das Seidentaschentuch auseinanderschnellen, während das baumwollene eine Weile zerknautscht bleibt. Es ist diese Eigenschaft, die neben ihrer Festigkeit, ihrer Stärke, ihrer Elastizität und ihrer Widerstandskraft gegen Feuer und Schimmel Seide so wertvoll für die Fertigung von Fallschirmen macht.
    Aus: Die Geschichte der Seide von Harold Verner
    Jahre später gefiel sich John darin, mich in Verlegenheit zu bringen, indem er behauptete, manchmal sogar öffentlich, dass eine acht Generationen währende Tradition der Seidenweberei durch den Sexappeal seiner kleinen Schwester gerettet wurde.
    Es stimmt, dass unsere Firma die schwierige Kriegszeit nur überstand, weil wir durch einen glücklichen Zufall Aufträge für die Herstellung von Fallschirmseide erhielten. Während andere Webereien dichtmachten oder auf die Produktion von Uniformen etwa ausweichen mussten, schaffte Verner’s & Sons es durch die Kriegsjahre und bestand fort.
    Alles begann mit einer Einladung. John erhielt sie ein paar Monate nach seiner Heimkehr aus der Schweiz. » Sie ist von einem alten Schulfreund « , sagte er und riss das Kuvert mit einem eindrucksvollen, geprägten Wappen auf. Stolz stellte er die goldgeränderte Karte neben die Stutzuhr auf den Kaminsims im Salon.
    Mr. John Verner und Begleitung. Silvester 1938. Schwarze Krawatte. Dinner und Tanz 20 Uhr. Übernachtungsmöglichkeit vorhanden, wenn erwünscht, stand darauf. Und darunter, kaum leserlich: Bitte komm, Johnnie! Würde mich freuen, dich wiederzusehen. Marcus.
    » Seine Eltern besitzen ein

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