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Das Kastanienhaus

Das Kastanienhaus

Titel: Das Kastanienhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Trenow
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denn nicht, wie egoistisch das von dir ist? « Ich deutete zur Decke hoch. » Und überhaupt, wer soll sich um Mutter kümmern? «
    Auf Johns Gesicht zeigte sich ein schiefes Lächeln. » Ich habe neulich Vera indirekt gefragt, aber die hat mir fast den Kopf abgerissen. «
    » Du hast sie gebeten, ihren Beruf aufzugeben, um sich um deine Mutter zu kümmern? « Ich konnte kaum glauben, wie egoistisch er sich benahm.
    » Ja. Allerdings wäre es mir eine Beruhigung, sie nicht mehr in London zu wissen mit den ganzen Bombenangriffen. Da ist sie erst recht hochgegangen. Junge, Junge, war sie sauer. « Er versuchte Veras wütende Reaktion wiederzugeben, einschließlich für sie typischer Gesten: »› Hast du überhaupt eine Ahnung davon, was wir hier machen? Wir flicken eure Jungs zusammen und schicken sie wieder zurück, damit sie in eurem verdammten Krieg kämpfen können. Ohne uns hättet ihr keine Armee, keine Luftwaffe, keine Marine.‹ Sie hat mich ordentlich abgekanzelt. «
    » Und wenn du getötet wirst? Das würde Mutter den Rest geben und endgültig ihre Verbindung zur Realität zerstören. «
    » Immer mit der Ruhe, altes Mädchen « , sagte er ruhig. » Natürlich ist es gefährlich, aber ich gehe trotzdem davon aus, heil wieder nach Hause zu kommen. Ich bin ein guter Pilot, habe bereits zwei Dutzend Angriffe mitgeflogen und gehe keine unnötigen Risiken ein. «
    » Das kann niemand garantieren, und das weißt du genau. Wie auch immer, es ist absolut unfair von dir nach allem, was passiert ist, überhaupt darüber nachzudenken und uns hier sitzen zu lassen « , sagte ich, stand auf und stapfte in Richtung Tür. » Ich sehe jetzt nach dem Abendessen. «
    Es wurde ein recht schweigsames Mahl, und ich verzog mich anschließend sofort in mein Schlafzimmer, um in Ruhe nachzudenken. War John vollkommen verrückt geworden, oder erwartete ich mehr von ihm, als er zu geben vermochte?
    Es klopfte leise an der Tür. » Lily? Bist du wach? «
    Bevor ich überhaupt antworten konnte, war Gwen bereits im Zimmer, setzte sich seufzend auf meine Bettkante.
    » Ich glaube, wenn John entschlossen ist zu gehen, können wir es schaffen. Meinst du nicht auch? «
    » Hat er dich etwa geschickt, um mich rumzukriegen? « , fragte ich gereizt.
    » Wofür hältst du mich? « , gab sie empört zurück.
    » Von der Firma mal abgesehen « , erwiderte ich, » will ich ganz einfach nicht, dass er umkommt. Weißt du nicht, wie hoch die Verluste gerade unter Bomberpiloten sind? Horrend. «
    Sie nickte. » Ich weiß. Nur muss es letztendlich seine Entscheidung bleiben. Er will gehen, hält es für seine Pflicht und bekommt ein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken, dass seine Crew Angriffe ohne ihn fliegt. Da sollten wir ihm nicht zusätzlich Schuldgefühle uns gegenüber einreden. «
    » Und was wird mit Mutter? «
    » Du und ich, wir könnten uns um sie kümmern. Gemeinsam. Ich möchte euch helfen, denn ich schulde Harold so unendlich viel. Und Grace auch. «
    » Ich schaffe das nicht alleine « , sagte ich. » Wirklich nicht. Ich bekomme Panik, wenn ich nur daran denke. «
    » Und wenn ich eine Zeit lang hier einziehen würde? « , fragte sie.
    » Das würdest du tun? Obwohl du eine so hübsche Wohnung hast? «
    » Jederzeit und sehr gerne « , sagte sie. » Ich liebe das Kastanienhaus. «
    » Es geht letztlich nicht nur um Mutter. Ich traue es mir einfach nicht zu, die Fabrik zu leiten. Schließlich arbeite ich dort erst seit gerade mal achtzehn Monaten, und ich war noch nie für alles zuständig. Es wäre eine große Verantwortung, die ich mir da aufbürde. «
    » Ach, komm schon, Lily. Du schaffst das. Und das weißt du auch. Natürlich wäre es besser, John würde nicht zu seiner Staffel zurückgehen, aber zur Not kommen wir ohne ihn zurecht. Außerdem ist es wirklich nicht schwer, Fallschirmseide zu weben. «
    Warum war sie so überzeugt, fragte ich mich, und dann fiel es mir ein: Sie hatte es nach Vaters Tod eine kurze Zeit ganz alleine schaffen müssen, als John noch nicht zu Hause war und ich im Krankenhaus lag. Vielleicht war es doch möglich, wenn wir es zusammen machten.
    » Was ist mit diesen ganzen Konferenzen und Ausschusssitzungen? Die Innung, das Ministerium zur Sicherstellung der Versorgung? « Ich hatte mir Vaters Terminkalender angesehen, die Eintragungen und Notizen darin, und war selbstverständlich davon ausgegangen, dass John an diesen Besprechungen als neuer Geschäftsführer von Verner’s & Sons teilnehmen würde.
    »

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