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Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Das kastilische Erbe: Roman (German Edition)

Titel: Das kastilische Erbe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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doch beide wussten, dass dies gar nicht so unwahrscheinlich war.
    Und richtig, der König ließ sich überreden, die Truppen wieder zu entlassen, die er gegen seine aufbegehrenden Granden ausgehoben hatte. Carrillo wusste genau, dass dem König jede bewaffnete Auseinandersetzung ein Gräuel war, und so rannte er mit seinen süßen Worten von Versöhnung wieder einmal offene Türen ein. Der König wollte einfach daran glauben!
    Ja, er war so erfreut, dass seine Granden ihn um Verzeihung baten und ihm wieder Treue schworen, dass der Erzbischof von Toledo sich als Lohn für seine reumütige Rückkehr über ein Lehen der Stadt Ávila und den Sold für eintausendvierhundert Lanzenkrieger freuen durfte, und der Admiral bekam die Stadt Valladolid zurück, die Enrique ihm in seinem ersten Zorn entzogen hatte.
    Isabel war empört. Sie lief in ihrem Gemach auf und ab und konnte sich gar nicht mehr beruhigen.
    »Wie kann er nur?«, rief sie immer wieder. »Merkt er denn nicht, wie falsch die Reue ist? Sie reiben sich doch nur vergnügt die Hände und haben nun den Rücken frei, die nächste Intrige auszuarbeiten.«
    Jimena nickte düster. »Ja, und dein Bruder ist immer noch in der Hand dieses widerlichen Marquis!«
    »Vielleicht hat der König deshalb nachgegeben? Um das Leben seines Erben nicht zu gefährden?«, meinte Beatriz.
    Isabel und Jimena schüttelten einmütig die Köpfe. »Carrillo hat sich mit Villena entzweit. Der Marquis hat ihn betrogen, daher schlägt er sich nun wieder auf die Seite des Königs«, meinte Isabel.
    Jimena stimmte ihr zu. »Ja, so ist es. Nun freuen sich der Erzbischof und der Admiral über die Großzügigkeit des Königs und lachen über seine Einfalt und seine Dummheit!«
    Isabel stimmte ihr zu. »Ich fürchte, das war nur der Anfang, und es wird böse enden! Warum ist er nur so blind?«
    Doch vielleicht war der König nicht ganz so blind, wie seine Halbschwester befürchtete. Er ließ sie am nächsten Tag zu sich rufen und eröffnete ihr, dass sie zusammen mit seiner Gemahlin und seiner geliebten Tochter Juana nach Segovia zurückreisen würde.
    »Ich habe bereits Anweisung gegeben, deine Sachen zu packen«, sagte er.
    »Was? Jetzt? Mitten im Winter?«, fragte sie erstaunt. Es herrschte Eiseskälte, und immer wieder jagten Sturmwinde Schnee über die Ebene. An den Ufern der Flüsse wuchsen die Eisränder. Das war keine Zeit, um tagelang über Land zu reisen!
    Der weiche Gesichtsausdruck, mit dem er sie ansah, brachte Isabel sichtlich aus der Fassung. »Ich weiß, liebe Schwester, und es tut mir leid, dass ich dir und auch den anderen Damen Unannehmlichkeiten bereiten muss, doch ihr werdet morgen in aller Frühe abreisen. Ihr könnt in Sänften reisen und euch so viele warme Decken und Felle mitnehmen, wie ihr möchtet. Ich lasse Boten vorreiten, dass Euch überall ein angemessener Empfang und ein gutes Quartier vorbereitet wird.«
    Isabel fiel ihm ins Wort, doch wie üblich nahm der König an dieser Ungezogenheit keinen Anstoß.
    »Ich brauche keine Sänfte mit Fellen. Ich werde reiten. Ihr solltet wissen, dass ich nicht so zartbesaitet bin. Doch ich frage mich, warum Ihr es so eilig habt, mich von Eurem Hof zu entfernen.«
    Jimena hörte, wie Beatriz die Luft anhielt. Auch sie spitzte die Ohren und fixierte den König mit zusammengekniffenen Augen, damit ihr nichts von seiner Reaktion entging.
    Er sah seine Schwester mit Erstaunen und vielleicht auch ein wenig Schmerz an.
    »Entfernen? Aber nein«, protestierte er. »Ich habe dich gern um mich. Dich und meine Familie, doch es gibt eben auch Zeiten, da man sich trennen muss. In Segovia weiß ich meine Lieben in Sicherheit.«
    Isabel sagte eine ganze Weile nichts mehr, und auch Jimena musste den letzten Satz erst einmal verdauen.
    Er wollte sie in Segovia in Sicherheit bringen. Vor wem? Nun, das war nicht schwer zu erraten. Der König war also nicht so ahnungslos, wie sie befürchtet hatte, und traute weder Carrillo noch dem Admiral.
    Isabel knickste vor ihrem Bruder. »Dann bitte ich Euch, mich jetzt zu entschuldigen. Ich werde mich darum kümmern, dass wir rechtzeitig reisefertig sind.«
    »Ich danke dir, Isabel«, sagte der König, und es klang ein wenig wehmütig.

Kapitel 9
    Ávila, 1465
    Der Winter verstrich, und irgendwann hielt endlich auch am Fuß der Sierra de Guadarrama der Frühling Einzug. Die jungen Damen freuten sich über jeden wärmenden Sonnenstrahl, der ihnen erlaubte, die warmen Umhänge abzulegen und Kopf und Schultern

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