Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
gibt es Aufzeichnungen — Gott weiß wo — aber es muß sie geben. Sie könnten uns die Strategie verraten. Wir könnten Namen und Daten erfahren, herausbekommen, wie weit sich das Netz spannte.«
»Ich würde lieber mit den Männern sprechen, die in Chasŏng waren«, sagte Peter. »Einige der Überlebenden, je höher der Rang, desto besser. Die in den Veteranenhospitälern Aber wir haben nicht genug Zeit, sie im ganzen Land zu suchen.«
»Sie glauben, daß Sie dort die Antwort finden würden?«
"Ja. Chasŏng ist so etwas wie ein Kult geworden. Ich habe einen Sterbenden den Namen hinausschreien hören, als wäre sein Tod ein bereitwillig dargebrachtes Opfer. Ich kann mich nicht irren. «
»Gut.« Brown nickte. »Warum könnte das Opfer dann nicht auf Rache basieren? Vergeltung für das, was Macs Frau getan hat, ihre Mutter.« Der Arzt sah Alison an, seine Augen baten um Vergebung. »Dinge, die sie getan hat, über die sie keine Kontrolle hatte, aber jemand, der auf Rache aus ist, würde das ja nicht wissen.«
»Das ist es ja«, unterbrach Peter. »Die Art von Leuten sind Mitläufer, die zu sterben bereit sind — nicht solche, die etwas zu sagen haben. Sie würden nichts von ihrer Mutter wissen. Das haben Sie ja gerade gesagt. Ramirez hat es bestätigt. Jene Experimente waren sehr geheim. Nur wenige Leute wußten davon. Es gibt keine Verbindung.«
» Sie haben sie gefunden. Bei Ramirez.«
»Man erwartete, daß ich sie fand, erwartete, daß ich mich damit zufrieden geben würde. Aber in Chasŏng geschah noch etwas anderes. Varak hat es gespürt, aber er konnte es nicht ergründen, also nannte er es ein Täuschungsmanöver.«
»Ein Täuschungsmanöver?«
"Ja. Derselbe Tümpel, aber die falsche Ente. ›Mac The Knife‹ hatte nichts mit der Manipulation seiner Frau zu tun. Das zerrissene
Nachthemd in dem Arbeitszimmer in Rockville, die zerschlagenen Gläser, das Parfüm — das alles waren Wegweiser, die in die falsche Richtung wiesen, die auf das Wrack einer Frau wiesen, die der Feind zerstört hatte. Und ich sollte darauf springen. Das habe ich auch getan, aber ich hatte unrecht. Es war etwas anderes.«
»Wie kommt es, daß Sie das alles wissen? Wie können Sie so sicher sein?«
»Weil, verdammt noch mal, ich so etwas selbst erfunden habe. In Büchern.«
»In Büchern? Kommen Sie schon, Peter, das ist die Wirklichkeit. «
»Darauf könnte ich antworten, aber dann würden Sie mich festbinden und unter Beobachtung stellen. Besorgen Sie mir einfach die Namen der Überlebenden von Chasŏng.«
Major Philip Brown, M.D., überflog den Aktenvermerk noch einmal, der das Ergebnis des Gesprächs jenes Morgens war. Er war mit sich zufrieden. Die Notiz klang gerade wichtigtuerisch genug, ohne irgendwo einen Alarm auszulösen, der vielleicht zu schrill sein könnte.
Es war die Art von Papier, mit der er sich Zugang zu jenen Tausenden mikroverfilmten Akten verschaffen konnte, welche die Adresse und kurze Krankheitsgeschichten der Versehrten enthielten, die in Veteranenhospitälern im ganzen Land verstreut lebten.
Das Memorandum stellte im Wesen die Theorie auf, daß sich in einer Anzahl älterer versehrter Soldaten gewisse innere Gewebe etwas schneller abbauten, als dem normalen Alterungsprozeß zuzuschreiben war. Diese Männer hatten in Korea gedient, und zwar alle in der Provinz Chagang oder deren näherer Umgebung. Es bestand die Möglichkeit, daß sie sich damals eine Virusinfektion zugezogen hatten, und daß dieser Virus, selbst wenn es den Anschein hatte, als hätte er sich verkapselt, tatsächlich doch auf der Molekularebene aktiv geblieben war. Der Aktenvermerk stellte die Theorie auf, daß es sich dabei um Hynobius handelte, ein mikroskopisches Antigen, das von Insekten verbreitet wurde, die in der Provinz Chagang beheimatet waren. Weitere Untersuchungen im Rahmen der sonstigen Prioritäten wurden empfohlen.
Das Ganze war völliger Unsinn. Der Major hatte keine Ahnung, ob es ein Hynobius-Antigen gab, aber wenn er es erfand,
würde es wahrscheinlich niemanden geben, der widersprechen würde.
Mit dem Aktenvermerk in der Hand ging Brown in das Mikrofilmarchiv. Bei dem diensthabenden Sergeanten erwähnte er den Namen Chasŏng nicht, sondern überließ dem Sergeanten die Auswahl. Der Soldat nahm seine Dektektivarbeit ernst; er trat an die Stahlschränke und kehrte mit den Mikrofilmen zurück.
Drei Stunden und fünfundzwanzig Minuten später starrte Brown das letzte Projektionsbild auf dem Bildschirm an.
Weitere Kostenlose Bücher