Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
unter der Maske von soviel Güte ihn in die Deffensive zwang, ihn vom Punkt ihrer Konfrontation ablenken wollte. Er mußte sich daran erinnern, daß St. Claire ein Monstrum war, daß an seinen Händen Blut klebte.
»Es gibt andere Wege«, sagte er. »Andere Lösungen.«
»Mag sein, aber ich bin nicht sicher, daß wir diese Wege zu unseren Lebzeiten finden können. Ganz bestimmt nicht zu meinen Lebzeiten. Vielleicht wird sich bei der Suche nach Lösungen auch das Mittel zur Verhinderung der Gewalt finden, auf das wir hoffen.«
Plötzlich griff Peter an. »Aber eine Lösung haben Sie ja gefunden, die in Gewalt wurzelte, nicht wahr? Schließlich war der Köder ja die Wahrheit.«
»Was?«
»Sie haben Hoover getötet! Inver Brass hat den Meuchelmord an ihm befohlen!«
Bei diesen Worten schien St. Claire zu erstarren, ein halb unterdrückter Schrei entrang sich seiner Kehle. Sein Selbstvertrauen schien wie weggewischt. Plötzlich war er nichts als ein alter Mann, den man eines schrecklichen Verbrechens beschuldigte.
»Wo haben Sie? Wer?« Er konnte die Frage nicht artikulieren.
»Das hat für den Augenblick nichts zu besagen. Wichtig ist nur, daß der Befehl erteilt und ausgeführt wurde. Sie haben einen Menschen ohne Prozeß hingerichtet, ohne das Urteil eines offenen Gerichts. Das ist es, was uns von einem großen Teil dieser Welt unterscheiden soll, Mr. Ambassador. Von der Gewalt, die Sie so hassen.«
»Es gab Gründe!«
»Weil Sie ihn für einen Mörder hielten? Weil Sie gehört hatten, daß er Mörderteams einsetzte, seine ›Sondereinheiten‹?«
»Im weiteren Sinne, ja!«
»Das reicht nicht. Wenn Sie es wußten, hätten Sie es sagen sollen! Sie alle.«
»So wäre es nicht gegangen! Ich sagte Ihnen doch, es gab Gründe.«
» Andere Gründe, meinen Sie?«
"Ja!«
»Die Archive?«
»Ja, um Himmels willen, ja! Die Archive!«
»Das dürfen Sie nicht tun! Sie haben alles, was Sie brauchen. Bringen Sie ihn vor Gericht! Soll er sich doch dem Urteil der Gerichte stellen! Dem des ganzen Landes! Es gibt Gesetze!«
»Es gibt die Archive ... Man würde Leute erpressen, sie erpressen ... andere, die überleben müssen, würden es tun.«
»Dann sind Sie nicht besser als er.«
»Sie sind besser, als er war«, sagte Kastler leise.
»Wir glaubten mit ganzem Herzen und ganzer Seele, daß wir das waren.« St. Claire begann, den Schock, den er erlitten hatte, zu überwinden; er fand zu der Selbstsicherheit, die er verloren hatte, zurück, teilweise wenigstens. »Ich kann das nicht glauben. Ich habe Varak so gründlich mißverstanden.«
»Versuchen Sie das nicht«, erwiderte Peter kalt. »Ich habe alles schon verachtet, was er war, aber Varak hat sein Leben für Sie gegeben. In Wahrheit sind Sie es, der ihn belogen hat.«
»Falsch! Niemals!«
»Die ganze Zeit! Varak war ›Longworth‹, und ›Longworth‹ hat sich in der Nacht, in der Hoover getötet wurde, Zugang zum Bureau verschafft. Varak hat jene Archive geholt! Er hat Sie Ihnen gegeben!«
»A bis L ja! Das haben wir nie geleugnet, sie sind vernichtet worden. Aber nicht M bis Z! Sie waren verschwunden. Sie sind verschwunden!«
»Nein! Varak dachte, sie seien verschwunden, weil Sie wollten, daß er das glaubte!«
»Sie sind wahnsinnig!« flüsterte St. Claire.
»In jener Nacht waren noch zwei Männer mit Varak zusammen! Einer von ihnen — vielleicht auch beide — hat die Aktenordner ausgeleert und vertauscht oder sie kombiniert oder einfach nur gelogen. Ich weiß nicht wie, aber dort ist es jedenfalls geschehen. Sie wußten, daß man Varak in bezug auf die Archive nicht erpressen konnte, also haben Sie ihn umgangen.«
St. Claire schüttelte den Kopf, sein Gesichtsausdruck wirkte gequält. »Nein. Sie haben unrecht. Die Theorie, die Sie hier aufstellen, ist plausibel, genial, das gebe ich zu. Aber sie ist einfach nicht wahr!«
»Jene zwei Männer sind verschwunden! Ihre Namen waren Decknamen, ihre Identität nicht auffindbar!«
»Aus einem anderen Grund! Hoover mußte eliminiert werden. Das Land hätte nicht einmal die Andeutung eines weiteren Mordes dieser Art ertragen. Es hätte Chaos gegeben; es wäre ein Ansporn für die Fanatiker gewesen, die diese Regierung in Verletzung aller verfassungsmäßigen Prinzipien führen wollen! Wir durften nicht zulassen, daß es irgendwelche Spuren gab. Das müssen Sie glauben!«
»Sie haben immer wieder gelogen und gelogen und gelogen! Sie können mich nicht dazu bringen, irgend etwas zu glauben, was
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