Das Kastler-Manuskript - Ludlum, R: Kastler-Manuskript - THE CHANCELLOR MANUSCRIPT
Sie sagen.«
St. Claire überlegte. »Vielleicht doch. Indem ich Ihnen die Gründe erkläre und dann noch einen Schritt weitergehe: indem ich mein Leben und alles, was für mich in mehr als fünfzig Jahren des Dienstes an meinem Land wichtig war, in Ihre Hände legte.«
»Zuerst das Ziel«, sagte Peter heiser. »Warum ist Hoover ermordet worden?«
»Er war der absolute Herrscher einer Regierung für sich. Es gab keine klaren Kompetenzen. Seine Regierung war amorph, ohne Struktur; er wollte sie so haben. Er war weit über illegale Handlungen der schlimmsten Art hinausgegangen. Niemand wußte genau, wie weit, aber es gab genügend Beweise, die auf die Morde deuteten, von denen Sie sprachen; wir wußten über die Erpressungen Bescheid. Sie reichten bis in das Oval Office hinein. All das hätte für sich allein schon die Entscheidung rechtfertigen können, aber es gab noch eine weitere Überlegung, die uns förmlich dazu zwang. Wir hatten erfahren, daß sich eine neue Befehlsstruktur aufbaute; innerhalb und außerhalb des Bureaus. Völlig prinzipienlose Männer umkreisten Hoover, schmeichelten ihm, gaben vor, ihn zu verehren. Sie hatten nur ein einziges Ziel: seine Privatarchive. Mit ihnen hätten sie das Land beherrschen können. Er mußte ausgeschaltet werden, ehe irgendwelche Pakte geschlossen wurden.«
St. Claire hielt inne. Er begann, müde zu werden; seine Zweifel waren in seinen Zügen sichtbar.
»Ich bin nicht Ihrer Meinung«, sagte Peter, »aber die Dinge beginnen jetzt klarer zu werden. Wie werden Sie fünfzig Jahre Ihres Lebens in meine Hände legen?«
St. Claire atmete tief. »Ich glaube, daß der menschliche Instinkt in gewissen Augenblicken die Wahrheit erkennt, gleichgültig,
wie die Umstände sein mögen. Ich glaube, daß dies einer jener Augenblicke ist. Nur zwei Männer auf der ganzen Welt kannten jeden Schritt bei der Ermordung Hoovers. Der Mann, der den Plan entwickelte, und ich. Jener Mann ist tot. Er ist vor Ihren Augen gestorben. Nur ich bin noch übriggeblieben. Dieser Plan ist Ihr letzter Beweis. Denn keine Strategie, die von menschlichen Wesen entwickelt wird, ist vollkommen; irgend etwas bleibt immer übrig, wenn andere wissen, wo sie nachsehen müssen. Indem ich Ihnen den Plan schildere, lege ich nicht nur mein Leben in Ihre Hände, sondern, was noch viel wichtiger ist, ich vertraue Ihnen das Werk eines ganzen Lebens an. Was Sie damit tun, bedeutet mir mehr, als die kurze Zeit, die mir noch bleibt. Werden Sie diesen Augenblick annehmen? Werden Sie mir den Versuch erlauben, Sie zu überzeugen?«
»Reden Sie.«
Während St. Claire sprach, begriff Peter die ungeheure Tragweite dessen, was ihm anvertraut wurde. Der Botschafter hatte in zwei Punkten recht. Kastler wußte instinktiv, daß das, was er hörte, die Wahrheit war, und darüber hinaus erkannte er, daß der Mord an Hoover möglicherweise bestätigt werden konnte. St. Claire gebrauchte keine Namen; abgesehen von dem Varaks — aber es würde möglich sein, die Identität des einen oder anderen Akteurs aufzudecken.
Eine Schauspielerin, deren Mann während der McCarthy-Zeit seine Existenz verloren hatte; zwei ehemalige Fernmeldespezialisten aus dem Marinekorps, beide mit Erfahrung in Elektronik und Telefonanlagen, der eine ein Scharfschütze; ein Mitarbeiter aus dem britischen M 16, von dem man wußte, daß er während der Berlinkrise mit dem Nationalen Sicherheitsrat zusammengearbeitet hatte; ein amerikanischer Arzt, der in Paris lebte, ein emigrierter Sozialist, dessen Frau und Sohn bei einem Unfall mit einem FBI-Fahrzeug ums Leben gekommen waren. Das war das Team gewesen. Die Fäden waren noch nicht zerschnitten; man konnte sie an ihren Ursprungsort zurückverfolgen. Der Plan selbst war das Werk eines Genies, das selbst daran gedacht hatte, einen Berater des Weißen Hauses mit einzubeziehen.
Das erklärte auch Ramirez’ Ansicht: Es gab keine Autopsie .. . Befehl von 1600 ... Das Weiße Haus ... hat ihn getötet. Und wenn nicht, dann glauben sie jedenfalls, daß sie es getan haben. Sie glauben, jemand dort drüben hat es getan. Oder veranlaßt.
Was für einen unglaublichen Verstand dieser Varak doch besessen hatte!
St. Claire schloß erschöpft. »Habe ich Ihnen die Wahrheit gesagt? Glauben Sie mir jetzt?«
»Soweit ja. Jetzt fehlt noch eine Stufe. Wenn ich eine Lüge spüre, ist alles gelogen. Ist das fair?«
»Es gibt keine Lügen mehr. Nicht, soweit es Sie betrifft. Es ist fair.«
»Was bedeutet Chasŏng?«
»Ich weiß
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