Das Kellerzimmer - Gesamtausgabe
anzuziehen. Wie peinlich es wäre, wenn die Polizei sie gleich nackt auffinden würde! Als Lisa in ein Nachthemd und einen Slip geschlüpft war, kroch sie zurück ins Bett und deckte sich zu. Obwohl sie davon ausging, dass der Einbrecher längst über alle Berge verschwunden war, konnte sie das Zittern nicht abstellen. Er hatte Fotos von ihr gemacht! Bestimmt würde er die Bilder ins Netz stellen. Die ganze Welt könnte sehen, wie sie es sich nackt im Bett selbst machte! Gott sei Dank waren die Kinder nicht da! Wie er wohl hereingekommen war? Und hoffentlich hatte er nicht so viel mitgehen lassen. Bezahlte das überhaupt die Versicherung? Lisa weinte hemmungslos. Wie sollte sie das alles ohne Ingmar nur überstehen!
Endlich traf die Polizei ein. Kaum, dass Lisa die Wagen hatte vorfahren hören, standen auch schon mehrere Beamte vor ihrem Bett. Auch Herr Fritz war dabei. Lisa mochte ihn nicht. Er guckte immer so skeptisch und schien an dem Wahrheitsgehalt ihrer Erzählungen stets zu zweifeln. Darum überließ sie normalerweise fast immer Hanna das Wort, sobald sie mit der Polizei zu tun hatte. Aber jetzt ging das ja nicht. Lisa war in ihrem Schlafzimmer allein mit einer ganzen Mannschaft Polizisten. Ingmar würde das gar nicht gefallen.
„Hier ist keiner mehr, Frau Suhrhoff, Sie brauchen keine Angst zu haben. Der oder die Täter hat das Schloss Ihrer Haustür aufgebrochen. Auf den ersten Blick scheint im Haus nichts beschädigt zu sein. Meine Kollegen sichern gerade die Spuren und überprüfen alles. Sind Sie soweit okay? Ihre Kinder, wo sind die?“
„Die schlafen bei den Großeltern. Wenn ich mir vorstelle…“ Lisa wurde von einem heftigen Weinkrampf geschüttelt und griff dankbar nach dem Morgenmantel, den ihr eine Polizistin reichte.
„Kommen Sie“, sagte Urs Fritz, „wir gehen runter und Sie erzählen uns, was genau passiert ist.“
In der Küche berichtete Lisa dem Kommissar und seiner jüngeren Kollegin stockend, was vorgefallen war. Dass sie die Sache mit den Fotos aussparen würde, war ihr schon klar gewesen, bevor die Polizei eintraf. Wie hätte sie das Ingmar gegenüber rechtfertigen sollen? Nacktbilder von ihr beim Masturbieren – nein, das durfte niemand erfahren. Sie würde gar keinem davon erzählen.
„Bitte der Reihe nach, Frau Suhrhoff. Und erwähnen Sie auch Dinge, die Ihnen belanglos vorkommen. Was ist geschehen?“
„Also, ich hab geschlafen, tief und fest“, log sie. „Auf einmal wurde ich durch ein Geräusch wach und ich hörte, wie jemand an mein Bett kam. Ich traute mich nicht, die Augen aufzumachen, weil dieser Kerl direkt neben mir stand. Glaube ich zumindest, ich weiß es ja nicht. Ich hab ihn ja nicht gesehen, verstehen Sie?“
Lisa suchte den Blick von Fritz, doch dieser machte sich völlig ruhig seine Notizen, als ginge es hier um einen kleinen Bagatellfall.
„Hören Sie, Herr Kommissar, ich habe wirklich Angst um mein Leben! Stellen Sie sich vor, der Typ hätte meinen Kindern was angetan! Mein Mann würde durchdrehen!“
„Ihr Mann kann durchdrehen, soviel er will, Frau Suhrhoff. Da machen Sie sich mal keine Sorgen. Erst mal weiter im Text, bitte. Sie glauben also, dass eine Person neben Ihrem Bett stand. Und dann?“
„Nichts. Ich habe mich schlafend gestellt und mich kaum getraut zu atmen. Der Mann stand einfach neben mir. Ich schätze mal so zwei oder drei Minuten. Mir kam es aber vor wie eine halbe Ewigkeit.“
„Sie müssten doch ein gewisses Zeitgefühl besitzen für solche Situationen“, mischte sich die Polizistin ein und setzte einen distanzierten Gesichtsausdruck auf. Lisa entging nicht, dass die junge Frau sie provozieren wollte. Bestimmt war sie neidisch auf Lisa, die selbst in dieser schrecklichen Situation elfengleich und verführerisch aussah. Selbst Fritz hatte den Impuls, Lisa beschützend in die Arme zu schließen, doch er war Profi genug sich dies nicht anmerken zu lassen.
„In solchen Situationen befand ich mich noch nie“, gab Lisa spitz zurück.
„Also, weiter jetzt“, sagte Fritz, „der Täter stand neben Ihrem Bett, Sie stellten sich schlafend und anschließend? Was geschah dann?“
„Er ging wieder raus und ich hörte ihn die Treppe runterrennen. Ich blieb liegen, weil ich Angst hatte, dass noch etwas passiert. Und dann hab ich Sie angerufen.“
„Wie viel Zeit lag etwa zwischen dem Verschwinden des Täters und Ihrem Anruf bei mir?“
„Weiß ich nicht genau, vielleicht fünfzehn Minuten, vielleicht auch
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