Das Kettenlädenmassaker
Kent Compton-Cummings, und er konnte seine eigenen Vorfahren bis hin zur Schlacht von Agincourt zurückverfolgen.
»Ich würde stark empfehlen, von Gewalttätigkeiten abzusehen, Mister Jim Pooley«, sagte er leise. »Es ist meine Pflicht, dich darauf hinzuweisen, daß ich ein Exponent des Dimac bin, der tödlichsten Form martialischer Künste, die der Menschheit bekannt ist. Ich könnte dich mit einem einzigen Finger auf das entsetzlichste verstümmeln und entstellen.«
Jims Faust schwebte in der Luft. Ein Sonnenstrahl fiel schräg durch das georgianische Flügelfenster des eleganten Genealogistenarbeitszimmers und verwandelte das Ende von Jims Arm vorübergehend in ein Ding von zerbrechlicher Schönheit. Fast wie aus Porzellan, so schien es. Kaum eine Waffe des Terrors.
Jim kaute auf seiner Unterlippe. »Sir, Sie nehmen mich auf den Arm«, sagte er.
»Nie im Leben«, erwiderte der andere. »Geschult von niemand Geringerem als dem legendären Count Dante persönlich, dem Erfinder der Tödlichen-Hand-Technik. Vielleicht hast du davon gehört.«
Jim hatte. »Nein, hab’ ich nicht« sagte er.
»Zu reißen und zu verstümmeln mit wenig mehr als dem Druck einer Fingerspitze. Ich glaube gar, diese Technik ist inzwischen durch die Genfer Konvention geächtet.«
Jim entballte die Faust.
»Guter Mann.« Der Dicke zwinkerte. »Nimm doch wieder Platz. Ich lasse uns ein wenig Tee und Hefeküchlein bringen.«
Jim sank in den Sessel. »Das ist einfach nicht fair«, beklagte er sich.
»Wir können uns unsere Eltern nun einmal nicht aussuchen, genausowenig wie diese die ihren. Das ist der Lauf der Dinge.« Mister Compton-Cummings spannte sich, um aus seinem Sessel aufzustehen, und schaffte es im dritten Anlauf. Zum Geräusch von beträchtlichem Schnaufen und protestierendem Knarren der Bodenbretter manövrierte er seinen schwerfälligen Leib zur Tür und hustete einer Sekretärin, die gerade ihre Fußnägel mit Tipp-Ex bemalte, die Bitte um Tee und Kuchen zu.
Pooleys entballte Faust kroch auf einen schweren Aschenbecher aus Onyx zu. Ein einziger Schlag auf den Hinterkopf und eine eidesstattliche Erklärung von Jim, daß der Dicke einfach ausgerutscht sei, mehr wäre gar nicht nötig. Doch der obszöne Gedanke Schwan dgleich nach seiner Geburt. Jim war kein Mann der Gewalt, und ganz bestimmt war er kein Mörder. Er war nur der gute alte Jim Pooley, ein Junggeselle aus der Gemeinde Brentford, ein Mann des Turfs und fleißiger Nichtstuer am Tresen des Fliegenden Schwans.
Er hatte so sehr gehofft, daß er mehr gewesen sein könnte. Daß es vielleicht irgendwo, weit zurück unter seinen Vorfahren, einen edlen Pooley gegeben haben könnte, einen Pooley, der Großes erreicht und mutige Taten vollbracht oder zumindest in der leidenschaftlichen Sprache der Poesie geschrieben hatte …
Oder eine Erbschaft hinterlassen, die niemand angetreten hatte!
Aber nein.
Jim war wieder einmal angeschmiert.
Nicht, wie üblicherweise, durch die Streiche des grausamen Schicksals oder die Verleumdungen Fremder, sondern durch einen seiner eigenen Vorfahren, und noch dazu einen, der schon lange tot war.
Es war wirklich nicht fair.
Mister Compton-Cummings schaffte sich in seinen verstärkten Sessel zurück und lächelte Jim einmal mehr an. Jim beugte sich einmal mehr vor.
»Hören Sie«, sagte er. »Was wäre, wenn Sie — selbstverständlich gegen eine kleine Remuneration — den Namen in diesem Manuskript ändern?«
»Den Namen ändern?« Der Genealoge blies die fetten Backen auf.
Jim nickte begeistert. »Zu, sagen wir …« Er fischte, als wäre es eine plötzliche Eingabe, den Namen seines besten Freundes aus der Luft. »… sagen wir John Omally?«
»John Omally?«
»Sicher. Ich hab’ oft gehört, wie bitter John sich über seine langweiligen Vorfahren beschwert hat. Diese Art von Berühmtheit wäre ganz bestimmt nach seinem Geschmack.«
Mister Compton-Cummings hob eine Augenbraue. »Aber das würde bedeuten, den Mann von der Straße hinters Licht zu führen und zu täuschen!«
»Das ist der Lauf der Dinge, daß der Mann von der Straße hinters Licht geführt und getäuscht wird«, sagte Jim. »Glauben Sie mir, Sir. Ich spreche aus langjähriger Erfahrung.«
»Das will ich gar nicht bezweifeln, Jim. Aber ich muß an meine Reputation denken.«
»Und an meine, wie es aussieht. Hören Sie, wenn diese Geschichte ans Licht kommt, bin ich das Gespött der gesamten Gemeinde!«
»Ich fühle selbstverständlich mit dir, Jim. Aber es
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