Das Kind, das deinen Namen traegt
von vornherein gewusst, dass er am Ende doch gewinnen und sein Ziel erreic hen würde.
Dass Claudia noch nie zuvor mit einem Mann geschlafen hatte, bemerkte Michael erst, als es schon zu spät war. Aus Angst, ihn zu verlieren, hatte sie nicht gewagt, es ihm zu gestehen.
Zuerst war er wütend geworden, aber dann fand er es schön.
"Ich habe noch nie eine Jungfrau geliebt", hatte er ihr zugeflüstert. Dann brachte er ihr all seine Liebeskünste bei und machte sie zu einer Frau, wie sie ihm gefiel. Das schüchterne junge Mädchen von damals gab es nicht mehr. Claudia ließ Michael gewähren, weil sie ihn liebte. Zu jener Zeit wusste sie bereits, dass sie ihm alle Wünsche erfüllen musste, denn nur so konnte sie ihn halten.
Vielleicht liebte er sie nicht, aber er gab ihr das Gefühl, eine schöne und begehrenswerte Frau zu sein. Wenn sie zusammen schliefen und er sie aufreizend liebkoste, war es um sie geschehen. Dann verehrte er sie, bewunderte er jeden Zentimeter ihres Körpers. In solchen Momenten glaubte Claudia zu wissen, dass Michael sie liebte. Im Bett verlor er sich in ihren Armen und gehörte ihr ganz allein.
Aber Michael verlor nicht gern die Kontrolle über seine Gefühle. Denn damit gab er preis, wie sehr er Claudia brauchte. Sobald die zärtlichen Stunden mit ihr vorüber waren, war er immer schlechter Laune, ja fast verärgert. Vermutlich hatte er noch nie so viel für eine Frau empfunden wie für sie. Er hatte Angst vor tieferen Gefühlen, und besonders davor, dass sich zwischen ihnen beiden eine feste Beziehung entwickeln könnte. Nach einer Liebesnacht zog er sich jedesmal von ihr zurück und kam oft tagelang nicht mehr in ihre Nähe.
Auch die letzte Nacht mit Michael war wunderschön gewesen. Deshalb überraschte es Claudia um so mehr, dass er sich heute im Büro so seltsam verhalten hatte. Anstatt sich wie üblich zurückzuziehen, war er auf sie zugegangen. Das war nicht seine Art und verwirrte sie.
Draußen war es schon dunkel geworden, und die Stadt war in das trübe goldene Licht der Straßenlaternen getaucht. Kaum ein Mensch schien sich dort unten auf den Straßen mehr zu regen, und wieder fühlte Claud ia sich einsam und verlassen.
Nachdenklich strich sie über ihren flachen Bauch. Wie lange würde sie noch schlank bleiben, noch eine so gute Figur haben? Jetzt war sie im zweiten Monat. Bald würde man ihr ihren Zustand ansehen.
Es würde ein hübsches dunkelhaariges Baby werden, mit blauen Augen. Claudia begann zu zittern, überwältigt von ihren Gefühlen. Ein Baby... ihr und Michaels Baby. Abtreibung kommt nicht in Frage! dachte sie mit einer Entschlossenheit, die sie selbst überraschte.
Auch eine Heirat mit Michael war kein Thema.
Und ihre Arbeit? Hier konnte sie nicht bleiben - nicht, ohne ihren Stolz zu verlieren.
Michael würde es nicht ertragen, sie jeden Tag zu sehen; zu beobachten, wie sie immer dicker und wie ihr Körper, das einzige, was ihn zu ihr hinzog, von Tag zu Tag unansehnlicher wurde.
Sie musste mit Joe sprechen und ihn darum bitten, sie aus ihrem Arbeitsverhältnis zu entlassen, ohne dass Michael es erfuhr. Sonst würde er sie womöglich noch hierbehalten wollen, wenn auch nur aus reinem Pflichtgefühl heraus. Doch Michael Tag für Tag zu begegnen und zu wissen, dass er ihr nie wieder einen liebevollen Blick oder eine zärtliche Berührung schenken würde, das wäre zuviel.
Genug jetzt! dachte Claudia ärgerlich. Ich sollte endlich nach Hause gehen.
Doch statt dessen ging sie hinüber zu den zwei großen Ledersofas, an denen ein niedriger Tisch aus Nussbaumholz und einige Grünpflanzen standen. Müde setzte sie sich auf eines der Sofas, lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.
Wie sollte sie das alles nur schaffen? Natürlich hatte sie ihre eigene Wohnung. Ihr Vater hatte sie gekauft und abbezahlt, und Claudia war darin groß geworden. Sie musste unwillkürlich lächeln, als sie an ihre glückliche Kindheit dachte. Ihr Vater war Halb-Italiener gewesen. Bis zum Ausbruch seiner Krankheit hatte er ein exklusives Restaurant in London, geführt. Dann musste er das Geschäft verkaufen, da er nicht mehr in der Lage war weiterzuarbeiten. Vor seinem Tod hatte er noch dafür gesorgt, dass Claudia und ihre Mutter finanziell abgesichert waren. Sie hatten keine Schulden und lebten in ihrer eigenen Wohnung.
Doch all das war kein Ersatz für den geliebten Vater gewesen. Claudia hatte damals befürchtet, ihre Mutter Amy würde sich nie mehr von dem Schmerz über den
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