Das Kind, Das Nicht Fragte
Song mit dem Titel Fever gehört? Fever , das würde genau passen.)
Zum Abschied erhalte ich den Schlüssel. Adriana steckt ihn in einen hellblauen Briefumschlag, und ich nehme den Umschlag und halte ihn in der Linken wie ein teures und zerbrechliches Präsent, das man nicht einmal in die Tasche steckt, aus Furcht, es könnte beschädigt werden. Als ich bereits im Flur bin, bleibt Adriana noch in der Tür stehen und ruft mir hinterher:
– Eigentlich habe ich auch nicht geglaubt, dass es mit uns beiden heute Abend schon klappen würde.
– Na bitte, Dein Instinkt hat Dich nicht getäuscht.
– Mein Instinkt? Den habe ich von Dir.
– Von mir? Meinst Du wirklich?
– Ja, ich habe viel von Dir, glaub mir.
– Ich glaube Dir, ich ahne so manches.
– Tust Du das wirklich?
– Ja, meine Tochter, das tue ich. Und nun schlaf gut und denk nicht schlecht von mir. Gute Nacht!
– Gute Nacht, Dad, es war sehr schön mit Dir!
Sie schließt leise die Tür, und ich gehe langsam die Stufen hinab. Nun bin ich verlobt und habe darüber hinaus noch eine erwachsene Tochter. ( Was ich niemals geahnt hätte : Wie schön es ist, eine erwachsene Tochter zu haben!)
8
A N PAULAS Geburtstag frühstücken wir zusammen auf ihrem kleinen Landgut unten an der Küste. Vor dem Frühstück sind wir ins Meer gegangen und haben eine halbe Stunde geschwommen, kein Mensch in dieser Gegend macht so etwas noch im Frühherbst, wir beide aber genießen es sehr. Beim Frühstück spricht Paula davon, dass sie ihre Geburtstage nur selten gefeiert habe, ich mag dieses Termin-Feiern nicht, sagt sie, und ich stimme ihr zu, ich mag es auch nicht, und auch ich habe meinen Geburtstag lange nicht mehr gefeiert.
Heute aber ist alles anders , denke ich, denn ich habe in den letzten Tagen viele Vorbereitungen für Paulas Geburtstag getroffen. Es soll eine große Überraschung werden, und ich habe versucht, diese Überraschung so geheim zu halten, dass Paula nichts ahnt. Maria, Alberto und einige andere Helfer haben mich beraten und mir geholfen, es war nicht leicht, hinter Paulas Rücken ein kleines Fest zu organisieren, an dem viele Menschen beteiligt sind.
Während wir noch frühstücken, frage ich Paula, wie wir den Vormittag verbringen sollen. Sie wünscht sich einen langen Morgenspaziergang am Meer, ich stimme zu, daran hatte ich auch schon gedacht. Und so machen wir uns nach dem Frühstück mit dem Wagen zu einer Morgenfahrt auf und fahren an der Küste entlang, auf der Suche nach längeren, schönen Strandpartien. Paula findet solche Regionen schnell, sie kennt sich gut aus, und
so besteht der Morgen aus mehreren entspannten Spaziergängen, in enger Umarmung, zu zweit.
Als es auf Mittag zugeht, fahre ich langsam zurück und weiß während der Rückfahrt genau, dass Paula glaubt, wir fahren zu ihrem Landgut zurück. Ich fahre jedoch daran vorbei, sie bemerkt es zunächst gar nicht, sagt dann aber plötzlich:
– Wohin fährst Du?
– Ich habe eine kleine Überraschung für Dich, antworte ich.
– Aber nein! Wir hatten doch vereinbart, den Geburtstag nicht eigens zu feiern.
– Warte ab! Du wirst erstaunt sein!
– Erstaunt, wirklich? Benjamin, was ist es? Sag es gleich! Spann mich nicht auf die Folter!
– Tut mir leid, ich darf nichts vorwegnehmen, Du musst erst selbst sehen. Sehen und staunen!
Wir parken in der Nähe des Domplatzes und gehen dann hinüber auf den großen Platz, auf den jetzt das Sonnenlicht fällt. Kaum ein Mensch ist gegen Mittag hier unterwegs, es geht auf 13 Uhr zu, als ich zusammen mit Paula vor dem alten Kino stehe.
– Das alte Kino hast Du doch sehr gemocht? frage ich.
– Ja natürlich, das habe ich wirklich.
– Na denn, dann schauen wir einmal, was jetzt darin vorgeht, sage ich.
Ich bemerke, dass Paula etwas aufgeregt ist, sie hängt sich sogar bei mir ein, als bräuchte sie einen Halt. Ich öffne die Tür des Kinos, und wir gehen hinein und stehen
dann in dem großen Foyer. Überall brennen kleine Kerzen, und hinter der Garderobentheke stehen einige junge Mädchen aus dem Ort und spielen Garderobenfrauen.
– Ich begrüße Dich im Restaurant »Alla Paula«, sage ich, während Paula stehen bleibt und sich eng an mich schmiegt. Sie spricht nicht, sie starrt auf die Kerzen und die jungen Mädchen, ihr Mund steht ein wenig offen.
– Komm, sage ich, schauen wir, was die Küche zu bieten hat.
Wir gehen weiter und betreten den Kinosaal. Einen Großteil der vorderen Klappstühle habe ich abbauen und
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