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Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Das Kind, das tötet: Roman (German Edition)

Titel: Das Kind, das tötet: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Lelic
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auf Neuigkeiten, wie seine Hände und Füße nach Wärme verlangten. Aber schon am Rand der Wohnsiedlung, als noch nicht einmal sein Haus in Sicht war, wusste er, dass es nichts Neues geben würde. Er spürte es in seinen handschuhlosen Fingern und sah es an dem fahlen Flecken des ersten Morgenrots am Himmel. Wenn er gleich nach Hause kam, gab es für ihn nichts weiter zu tun, als einen Mantel zu nehmen und wieder nach draußen zu gehen.

    Megans Bruder kam mit. Und bis zur Pressekonferenz verbrachte Leo so den zweiten Tag: auf dem Beifahrersitz von Peters Volvo, wo er entdeckte, wie ausgedehnt selbst eine Kleinstadt wie ihre in Wirklichkeit war. Wie viele Mauern es gab, wie viele Toreinfahrten. Wie viele Durchgänge, Keller, Nebengebäude, Büsche, Wohnwagen, Kofferräume und Mülleimer.
    Sie konnte überall sein. Hier, da, dort, und sie fuhren einfach nur vorbei.
    »Halt an«, sagte Leo, und Peter hielt an. Seit Peter den Motor angelassen hatte, war es das erste Wort zwischen den beiden.
    »Da drüben.«
    Peter drehte den Kopf und sagte nichts. Sie stiegen aus dem Wagen und suchten, und nach einer Stunde kamen sie mit schlammigen Schuhen und zerrissenen Jacken zurück. Sie hatten vierzig Quadratmeter abgesucht.

    Auf der Pressekonferenz übernahm Leo das Wort. Sie hatten sich zwar nicht darüber abgestimmt, aber Megan war einfach zu nichts anderem in der Lage, als neben Leo zu sitzen. Vor Beginn hatte Leo ein eigenartig losgelöstes Gefühl. Er hörte das anschwellende Gemurmel der Pressevertreter und wusste, dass es gleich losging, aber aus irgendeinem Grund war er überzeugt davon, dass die Konferenz nie beginnen würde. Erst als er vor die Kamera geführt wurde und das Klicken der Fotoapparate und das Blitzlichtgewitter auf ihn niedergingen, drohte er angesichts dieser gewaltigen Aufgabe den Mut zu verlieren. Jetzt, hier: Das war sie. Seine beste und vielleicht einzige Chance, wiedergutzumachen, was er seiner Tochter angetan hatte. Sie zu retten und auch seine Familie zu retten. Um Hilfe, um Gnade und Vergebung zu flehen und dabei die ganze Zeit die Tränen zurückzuhalten.
    Also: Sind Sie bereit, Mr. Curtice? Sie haben jetzt das Wort.
    Großartig. Wirklich ganz hervorragend. Das sagten sie ihm hinterher. Auch wenn er nicht bis zum Ende seiner Erklärung gekommen war. Auch wenn er nach gerade mal der Hälfte wie eine gesprungene Schallplatte bei einem einzigen Wort hängengeblieben war. Bitte, hatte er gesagt. Bitte.

    Es war Ellies Blut. Es waren Ellies Haare. Nicht, dass daran irgendein Zweifel bestanden hätte. Nicht, dass die Abwesenheit jedes Zweifels die Nachricht, als sie dann kam, irgendwie erträglicher gemacht hätte.

    Das würde er tun.
    Er würde ein Messer nehmen, ein Messer wie dieses hier in seiner Hand, nur ein Küchenmesser, aber trotzdem scharf genug, um mühelos Haut aufzuschlitzen, und genau hier, direkt oberhalb der Gürtelschnalle, würde er es hineinstechen. Er würde den Griff festhalten, richtig fest, und es hochziehen, so, auch wenn sich das Messer wegen der Muskeln sicher nicht leicht bewegen lassen würde. Bis zu den Rippen vielleicht, bis er auf Knochen traf. Und dann, dann würde er es drehen. Er würde umgreifen und das Messer ganz langsam drehen, und dabei würde er ihm in die Augen sehen und darauf achten, dass auch er ihm in die Augen sehen konnte, und dann würde er drehen, genau so, und dann weiter und weiter, bis …
    »Mr. Curtice? Alles in Ordnung?«
    Leo fuhr herum.
    Er nickte.
    Er legte das Messer auf die Arbeitsplatte und ließ es langsam los.

    Ellie war gesehen worden. Dutzende Male sogar, aber dieses eine Mal am dritten Tag schien mehr zu bedeuten. Annie, die Polizistin, die andauernd Tee kochte, erzählte es ihnen, direkt nachdem sie den Hörer aufgelegt hatte. Sie sollten sich nicht zu viel Hoffnung machen, sagte sie. Eine Sichtung war erst einmal nicht mehr als das. Aber die Zeugin hatte vertrauenswürdig gewirkt, und die Beschreibung war korrekt und unabhängig voneinander von mehreren Seiten bestätigt worden. Selbst Annie musste unwillkürlich lächeln, während sie das erzählte. Sehen Sie, sagte sie zu Leo und legte ihm eine Hand auf den Unterarm. Hatte sie nicht gesagt, das hatte er gut gemacht?
    Sie kochte Tee. Sie warteten auf Annies Kollegin, und während sie sich die Lippen an dem bitteren Gebräu verbrühten, erzählte Annie, was sie wusste. Zuerst hatte eine alte Dame angerufen. Eine ältere, berichtigte sie sich, als sie Leos Gesicht sah, dabei

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