Das Kind der Rache
Ziegeln.
Worauf alle neugierig waren, war das Innere des Herrenhauses. Und nun verkündete Carolyn, daß sie noch am
gleichen Abend eine Einweihungsfeier für ihre Freunde in eben
diesem Haus geben würde!
Alex blieb skeptisch. »Ich dachte, deine Mutter wollte das
Haus erst in einem Monat herzeigen.«
»Meine Eltern sind über das Wochenende nach San
Francisco gefahren«, entgegnete Carolyn.
»Ich weiß nicht...« Alex dachte daran, daß er seinen Eltern
versprochen hatte, unmittelbar nach der Abschlußfeier in der
Schule nach Hause zurückzukehren.
»Was weißt du nicht?« fragte Lisa, die in diesem Augenblick
zurückgekehrt war. Sie schlang ihren Arm um Alex.
»Er weiß nicht, ob er zu meiner Party kommen will«,
antwortete Carolyn, bevor Alex etwas sagen konnte.
»Du gibst eine Party? Etwa auf der Hazienda?«
Beiläufiges Nicken. »Bob und Kate werden kommen, Jenny
Lang ebenfalls und überhaupt alle.«
Lisa wandte sich zu Alex. »Komm, wir tanzen.« Sie zog ihn
auf die Tanzfläche. »Was ist los?« fragte sie, nachdem sie
außer Hörweite waren. »Warum gehen wir nicht zu Carolyns
Party, wenn sie uns schon einlädt?«
»Weil ich nicht will.«
»Weil du Carolyn nicht magst«, sagte Lisa. »Aber du
brauchst dich ja nicht mit ihr zu unterhalten. Es sind genügend
andere Gäste da.«
»Deswegen ist es nicht.«
»Und was ist der wahre Grund?«
»Ich habe meinen Eltern versprochen, daß ich nach der
Abschlußfeier nicht mehr auf irgendwelche Partys gehe. Mein
Vater hat mir etwas Geld mitgegeben, damit ich dich und ein
paar Freunde noch auf ein paar Hamburger einladen kann.
Danach geht's schnurstracks nach Hause.«
Lisa versank für ein paar Sekunden in Schweigen. Dann
sagte sie: »Wir brauchen ja deinen Eltern nicht zu sagen, wo
wir gewesen sind.«
»Sie werden es rauskriegen.«
»Bist du denn nicht neugierig, die renovierte Hazienda zu
sehen?«
»Sicher, aber...«
»Dann laß uns die Einladung annehmen... Deine Eltern
haben sicher nichts dagegen, daß du einen Besuch bei Carolyn
Evans machst. Denen geht es nur darum, daß du dich nicht
betrinkst. Mein Vorschlag ist, wir gehen auf die Party, aber wir
trinken keinen Alkohol, nicht einmal ein Bier, und wir bleiben
nur ganz kurz.«
»Ich habe meinen Eltern aber ausdrücklich versprochen...«
Lisa unterbrach den Tanz. »Komm, wir sprechen mit Kate und
Bob. Vielleicht kommen sie mit zu Carolyn, und danach fahren
wir mit den beiden noch ein paar Hamburger essen. Auf diese
Weise bekommen wir die Hazienda zu sehen, und du brauchst
deine Eltern nicht zu belügen.«
Als Alex mit Lisa den Saal verließ, wußte er, daß er
nachgeben würde. Es war schwer, sich gegenüber einem
Mädchen wie Lisa zu behaupten. Alles, was sie sagte, klang so
logisch, auch wenn es überhaupt nicht logisch war.
Die Scheinwerfer des Mustangs erfaßten die offenen Tore der
Hazienda. Alex brachte den Wagen zum Halten. »Sollen wir
draußen parken oder reinfahren?«
Lisa zuckte die Schultern. »Keine Ahnung.« Die Hupe eines
Autos war zu hören. Es war Bob Carey, der mit seinem
Porsche zu ihnen aufschloß.
»Dort drüben können wir parken«, schrie er. Er deutete nach
links, wo bereits einige Wagen im Schatten der Umfriedungsmauer parkten. Alex steuerte seinen Mustang in eine
Lücke, schaltete den Motor ab und wandte sich zu Lisa.
»Es wäre doch besser, wenn wir gleich heimfahren«, sagte
er.
Aber Lisa ließ nicht mit sich reden. »Ich will die Hazienda
von innen sehen. Komm!« Sie stieg aus dem Wagen, Alex
folgte ihr nach kurzem Zögern. Wenig später tauchten Kate
und Bob aus der Dunkelheit auf. Zu viert gingen sie auf das
Tor zu, das mit Flutlicht angestrahlt war.
»So was habe ich noch nie gesehen«, sagte Kate. Sie hatten
das Tor durchquert und starrten auf die Gebäude, die vor einem
Jahr noch Ruine gewesen waren.
Die Ställe waren zu Garagen umgebaut worden. Das Dach
der einstigen Stallungen, das einst mit Stroh gedeckt gewesen
war, bestand jetzt aus Ziegeln.
»Mir wird's hier irgendwie unheimlich«, sagte Alex. »Das
Haus sieht trotz der Renovierung aus, als ob's hundert Jahre alt
wäre.«
»Willst du behaupten, das da hat es schon vor hundert Jahren
gegeben?« fragte Lisa. Sie deutete auf den Hof des Hauses, wo
ein großer Swimmingpool glitzerte.
Bob Carey war ihnen gefolgt. »Auf wieviel Meter
Durchmesser schätzt du den Pool?«
»Jedenfalls groß genug«, sagte Alex. Sein Blick wanderte zu
den Gebäuden, die einst dem Gesinde als Wohnung gedient
hatten. »Da sind
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