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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Schatten, und ich konnte sie nicht deuten. Die kleine Prozession ging den Weg zu den Winterbäumen entlang und verschwand dann. Conor hatte seit der Nacht des Feuers nicht mehr mit mir gesprochen. Ob er es wusste, ob er es erriet oder ob er einfach zu zerstreut war, um mich zu bemerken, hätte ich nicht sagen können.
    Muirrin war stark, obwohl sie nur so ein kleines Ding war. Im Krankenzimmer war sie diejenige, die die Befehle gab, und hier herrschte ununterbrochene Aktivität. Frauen kühlten fiebrige Stirnen, wechselten Verbände, brauten Kräutertränke und Sud für Kompressen über dem Feuer. Männer brachten Feuerholz und Eimer mit Wasser. Dennoch war es still hier, bis auf das schmerzerfüllte Stöhnen der Kranken und Muirrins Stimme, die leise präzise Anweisungen gab. Wenn ich an der Tür vorbeikam, verschloss ich mich gegenüber der Stimme des jungen Druiden, der schmerzerfüllt stöhnte. Ich besuchte Maeve nicht. Aber vor meinem geistigen Auge sah ich ihr Gesicht mit den eitrigen Brandblasen auf der linken Seite und ihre starrenden, entsetzten Augen.
    Die Kinder waren sehr durcheinander, und Tante Aisling konnte offenbar nicht viel dagegen tun. Stattdessen stürzte sie sich in die strenge Routine ihres Haushalts, als könnte das verhindern, dass sie vollkommen zusammenbrach. Sie weinte nicht, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit. Nur wenn sie allein bei Maeve saß, während Muirrin etwas aß oder sich kurz ausruhte, ließ sie die Tränen fließen. Man sah es ihr später an ihrer Blässe und den geröteten Augen an.
    Das Schreckliche, was ich getan hatte, suchte mich Tag und Nacht heim. Ich hatte gegen einige der grundlegendsten Regeln des Handwerks verstoßen. Ich hatte im Zorn gehandelt und mich davon überwältigen lassen. Ich wusste, dass es falsch war, und dennoch hatte ich keine Ahnung, was ich sonst hätte tun sollen. Im Lauf der Zeit kam diese innere Stimme, die ich nicht hören wollte, häufig, um mich zu quälen.
    Du bist erwachsen geworden, murmelte sie. Du weißt jetzt, dass es stimmt. Die von unserer Art können nur den Weg von Chaos und Zerstörung beschreiten. Das Licht bleibt uns versagt. Warum überrascht dich das so? Man hat es dir doch schon vorher gesagt. Sogar dein Vater hat es dir gesagt.
    Mein Vater benutzt das Handwerk nicht auf eine Weise, die anderen Kummer bringt, sagte ich mir.
    Nimm ihn dir nicht zum Beispiel. Er hat sich selbst verloren, als er sie verlor. Er hatte keinen Weg mehr. Hoffnung war seine Schwäche, und er hat sich davon zerstören lassen.
    Jede Nacht, wenn ich mit offenen Augen dalag und mich nach Schlaf sehnte, flüsterte diese Stimme auf mich ein und war schwerer zu ignorieren. Es war, als trüge ich Großmutter in mir wie ein Zwillings-Ich, und ich dachte, dass sie immer kräftiger wurde und kurz davor stand, die andere Fainne zu ersticken, das Mädchen, das einmal Tee auf einem kleinen Feuer gekocht, still vor dem Stehenden Stein gesessen hatte und auf einem weißen Pony geritten war. Dieses Mädchen entglitt mir sehr schnell. Die Mauern von Sevenwaters und die große Decke des Waldes schienen sich Tag um Tag dichter um mich zu schließen, und ich spürte, wie der letzte Rest von Kerry aus mir herausgepresst wurde. Es tat weh. Es tat so sehr weh, dass ich die dümmsten Dinge versuchte, um mich besser zu fühlen. Ich ließ Riona auf meinem Kissen liegen, warm eingehüllt in einem wunderschönen Schal mit mondhellen Fransen. Wenn ich so dalag, konnte ich über die Seide streichen und von einer Zukunft träumen, die mir verboten war. Und wenn ich das wollene Haar der Puppe streichelte, konnte ich mir eine Vergangenheit vorstellen, die ich nicht kannte, in der eine junge Mutter einen Schatz für ihre kleine Tochter nähte, mit Liebe in all diesen winzigen, sorgfältigen Stichen. Meine Finger bewegten sich über die feine, feste Schnur von Rionas seltsamem Halsschmuck, und etwas flüsterte tief in mir: Halte dich lieber an das, was dir noch geblieben ist. In diesem kleinen Schmuckstück lag Magie; nicht die kunstfertige, schlaue Magie, die mir selbst zur Verfügung stand, sondern Magie von tieferer, älterer Art, die von Familie und Zusammengehörigkeit kündete. Diese Schnur mit ihren seltsamen, gewundenen Fasern und vielen Farben und Strukturen war voller Macht. Ich konnte spüren, wie sie mich anzog, mich verlockte, mich sanft auf einen Weg weisen wollte, dem ich nicht folgen konnte.
    Vor noch gar nicht langer Zeit wäre ich froh gewesen, dass die Leute zu

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