Das Kind der Stürme
viel zu tun hatten, um sich um mich zu kümmern. Ich hätte die Gelegenheit, allein zu sein, willkommen geheißen, um in Ruhe die Überlieferung zu rezitieren oder schweigend zu meditieren oder Zauber zu üben. Aber nun wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen sollte. Ich konnte nicht meditieren. Mein Geist weigerte sich, die unwillkommenen Gedanken zurückzulassen. Die Überlieferung schien mir auch nicht mehr zu helfen. Sie erinnerte mich nur an den Druiden, der von Schmerzen erfüllt in seinem Krankenzimmer lag, und den anderen, der seinen langen Schlaf angetreten hatte. Ich schwor, mich des Handwerks nicht mehr zu bedienen, damit ich nicht noch einmal entdecken musste, dass ich es nur benutzen konnte, um zu zerstören. Niemand hatte Zeit für mich, und niemand hatte Zeit für die Kinder. Das Ergebnis war unvermeidlich. Auch wenn ich so tat, als wäre ich beschäftigt, kamen sie unter tausend Vorwänden herein. Clodagh suchte Hilfe bei ihren Schreibversuchen. Deirdre suchte nach Clodagh. Eilis stürzte tränenüberströmt herein, eine Schürfwunde am Knie, die Muirrin sich nicht ansehen konnte, weil sie so viel zu tun hatte. Sibeal war ein kleiner Schatten, der überhaupt keine Ausrede brauchte. Sie ließ sich einfach hereinwehen und setzte sich ohne ein Wort neben mich.
Ich war gezwungen, auf meine letzten Reserven zurückzugreifen. Ich hatte auf dem Weg von Kerry her ein paar Geschichten gehört, aber nicht alle waren angemessen für die Ohren kleiner Mädchen, und so veränderte ich sie hier und da ein wenig. Meine Geschichten wurden erfreut aufgenommen, und ich musste weitere erfinden. Ich kannte mich mit Spielen nicht aus, aber die Mädchen brachten mir ihre bei. Sie versuchten auch, mir ein Lied beizubringen, aber ich behauptete, nicht singen zu können, also sangen sie es mir einfach vor. Gemeinsam rangen wir mit unseren Näharbeiten. Tücher wurden gesäumt und Kleider geflickt. Tante Aisling dankte mir, dass ich die Kinder beschäftigte und aus dem Weg hielt. Ich konnte ihr ganz wahrheitsgemäß antworten, dass es mich freute, helfen zu können. Der Tag war voll. Das Schwatzen der Kinder brachte die Stimme im Geist langsam zum Verstummen. Mich um die Mädchen zu kümmern, erschöpfte mich, und ich konnte endlich schlafen.
Dennoch, ich konnte nicht die ganze Zeit mit ihnen zusammen sein. Muirrin sprach kaum davon, aber ich wusste, dass es Maeve nicht besser ging, ebenso wenig wie dem jungen Druiden. Ich hörte Sean sagen, dass es ein Wunder war, dass man ihn überhaupt so lange am Leben erhalten konnte, und er hoffte, Liadan würde Antworten finden, wenn sie endlich da wäre. Muirrin war sehr blass, ihre Augen umschattet, die Stirn stets besorgt gerunzelt. Wenn die Mädchen schliefen oder nicht bei mir waren, konnte man sie im Allgemeinen im Flur vor dem Krankenzimmer finden, wo sie schweigend nebeneinander standen. Früher einmal hätte ich ihre ernste Ruhe für einen Segen gehalten. Jetzt war ich nicht mehr so sicher. Es gab ihnen zu viel Zeit um nachzudenken. Sie fingen an, Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten wollte. Wieso war Maeve etwas so Schlimmes zugestoßen? Wann würde sie wieder nach draußen kommen und mit ihnen spielen? Warum war Mutter die ganze Zeit böse, und warum fauchten sie und Vater einander an?
Am Ende befahl Muirrin ihnen, nicht mehr vor der Tür zu stehen. Maeve war zu krank für Besucher, und sie selbst tat ihr Bestes. Das musste ihnen einfach genügen, erklärte sie in scharfem Tonfall, zog sich wieder ins Krankenzimmer zurück und schloss ihren Schwestern die Tür vor der Nase zu. Eilis brach in Tränen aus. Sibeal zog sich in sich selbst zurück. Deirdre murmelte vor sich hin. Clodagh sagte: »Muirrin ist sonst nie schlecht gelaunt. Es ist bestimmt, weil Maeve stirbt. Und der Mann auch.«
Am vierten Tag nach dem Feuer regnete es dermaßen, dass ich an meinen Aufenthalt in der Höhle mit Conor erinnert wurde. Es gab keinen Wind. Der Himmel war schiefergrau, und das Wasser stürzte herab, prasselte auf dem Dach, strömte über die Wege und verwandelte die Felder in einen Sumpf. Wenn Liadan tatsächlich auf dem Weg nach Süden war, würde sie das ganz bestimmt aufhalten. Die Stimmung wurde noch schlechter. Eilis setzte sich in den Kopf, dass Maeves Krankheit irgendwie ihre Schuld war, weil sie den Hund einmal als großes, dreckiges Vieh bezeichnet hatte, das auf den Hof gehörte. Sie fing an zu weinen und konnte auch mit Gebäck und Geschichten nicht getröstet
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