Das Kind der Stürme
war die Pritsche, auf der er lag, von Kopf bis Fuß in Weiß gehüllt. Dieser Weise würde nicht zurückkehren, um den Mittwintertag unter kahlen Eichen zu verbringen. Jemand hatte einen Eibenzweig auf das weiße Leinen gelegt, das ihn bedeckte. Fünf Männer waren verwundet; einige hatten Verbrennungen, anderen war übel und sie keuchten heftig, weil sie viel Rauch eingeatmet hatten. In dem Zimmer, in dem man sie untergebracht hatte, ging Conor von einem zum anderen und beugte sich zu ihnen, um leise mit ihnen zu sprechen, eine Hand zu ergreifen, eine Stirn zu berühren. Sie brachten Maeve ins Nebenzimmer, und ich blieb hilflos in der Tür stehen, als sie sie hinlegten. Dieses eine Mal schien Tante Aisling überhaupt nicht zu wissen, was sie tun sollte. Sie kniete neben ihrer Tochter und starrte das verbrannte Haar und die Blasen auf Gesicht und Händen an, während das angestrengte Atmen des Kindes in dem kerzenbeleuchteten Zimmer unnatürlich laut wirkte.
Muirrin zündete mehr Lampen an. Ich konnte sehen, dass ihre Hände zitterten.
»Vater«, sagte sie.
Sean sah sie an.
»Es sind zu viele Verwundete, als dass ich mich um alle kümmern könnte«, sagte sie leise. »Und das hier übersteigt meine Fähigkeiten vielleicht. Wir brauchen Liadan.«
Mein Onkel nickte. »Es ist gut, dass sie sich gerade auf Inis Eala und nicht in Britannien befindet. Zumindest braucht sie keine lange Seereise mehr zu unternehmen, um uns zu erreichen, und wird eher hier sein. Was kannst du für Maeve tun?«
Muirrin zitterte. »Ich tue mein Bestes, Vater«, flüsterte sie. »Und jetzt solltest du gehen. Ich höre die Männer nach dir rufen. Auch du, Mutter.«
»Ich sollte bei ihr bleiben.« Ich konnte Tante Aislings Stimme kaum erkennen, so dünn und zitternd war sie. Es verängstigte mich, dass sich die Dinge so schnell verändern konnten. »Was, wenn sie wach wird, und –«
»Dann werde ich dich sofort rufen«, sagte Muirrin mit bewundernswerter Festigkeit. »Das verspreche ich dir. Du hast Recht, sie wird wollen, dass du bei ihr bist. Aber ich werde ihr einen Kräutertrank gegen die Schmerzen geben, und sie wird eine Weile schlafen. Und die Leute drunten brauchen dich; du musst ihnen sagen, was zu tun ist, und ihnen versichern, dass alles wieder gut wird. Dieses Feuer wird alle durcheinander bringen.«
»Du hast Recht.« Aisling erhob sich, eine kleine schlanke Gestalt in ihrem ordentlichen Kleid. Ohne den Schleier konnte man sehen, dass ihr Haar so hell war wie Ringelblumen. »Ich muss nach unten gehen.« Ich sah, wie sie sich gerade aufrichtete, ihre Tränen hinunterschluckte, und dann rief jemand aus dem anderen Zimmer nach ihr und sie ging.
»Kann ich – gibt es etwas, was ich tun kann?«
Muirrin warf mir einen Blick zu. »Ich glaube nicht, Fainne. Hier brauche ich Leute mit Erfahrung, und es gibt genügend Helfer, die Wasser holen und Kräuter schneiden. Aber …« Sie schaute hinter mich und durch die Tür hinaus in den Flur. Ich drehte mich um.
Sie standen da, so erstarrt wie eine Reihe kleiner Statuen. Deirdre, Clodagh, Sibeal und die kleine Eilis, alle in ihren Nachthemden und barfuß auf dem Steinboden. Acht große, verängstigte Augen waren auf mich gerichtet und suchten nach Trost. Von mir. Hinter mir sagte Muirrin: »Es ist alles in Ordnung, Mädchen.« Sie war auf die Tür zugegangen und blockierte ihnen nun den Blick ins Zimmer. »Es gab ein Feuer, und Maeve hat sich wehgetan. Ich kümmere mich um sie. Und jetzt wird Fainne euch zurück ins Bett bringen und euch eine Geschichte erzählen, und morgen Früh werdet ihr mehr erfahren.« Sie senkte die Stimme. »Fainne, bitte.« Man konnte unter den ruhigen, fähigen Worten ihre schreckliche Angst hören.
»Ich will Mama«, jammerte Eilis und rieb sich die Augen.
»Dürfen wir Maeve sehen?«, fragte Deirdre und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ins Zimmer zu spähen. »Was ist denn mit ihr?«
Mir blieb nichts anderes übrig, als zu tun, was man mir gesagt hatte. »Kommt mit«, sagte ich in einer Imitation von Muirrins Gefasstheit. »Eure Mutter hat zu tun und Muirrin ebenfalls. Und ich weiß eine wirklich gute Geschichte über einen Mann, der einen Clurichaun gefangen hat, und eine andere über ein weißes Pony. Und du«, sagte ich mit einem Blick auf die erschöpfte, weinende Eilis, »darfst heute Abend Riona mit in dein Bett nehmen. Wenn du brav bist.«
Hinter uns schloss sich die Tür wieder. Im anderen Zimmer schluchzte ein Mann vor Schmerzen. Ich
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