Das Kind der Stürme
hörte Conors leise, gemessene Stimme.
»Fainne«, fragte Clodagh leise, während wir weitergingen. »Wer weint da so?«
»Ein Mann ist verletzt worden«, erklärte ich, denn es hätte keinen Sinn gehabt zu lügen. »Einer der Druiden. Sie kümmern sich um ihn. Er hat schwere Brandwunden.«
Dann schwiegen die Kinder, und das war sehr selten bei ihnen. Keine sagte ein Wort, bis wir alle fünf in meinem Zimmer waren und ich Decken austeilte, Plätze in den Betten fand und das kleine Feuer schürte. Es war gut, sich mit praktischen Dingen zu beschäftigen.
Ich erzählte ihnen die Geschichte von dem Clurichaun und dann die andere und steckte Riona neben Eilis unter die Decke. Bald schon schliefen sie alle bis auf Clodagh, die immer noch vor dem Feuer saß, mein Seidentuch zwischen den Fingern, und die kleinen Geschöpfe, die dort abgebildet waren, überraschend vorsichtig berührte.
»Es ist so schön«, sagte sie leise, um die anderen nicht zu wecken. »Hat dein Schatz es dir geschenkt?«
»Ich bin nicht die Art Mädchen, die einen Schatz hat«, sagte ich. »Ein Freund hat es mir geschenkt.« Und es war gut, dass er danach weggegangen war. Zumindest würde er nun nicht sehen können, was ich heute Nacht getan hatte.
»Fainne?«
»Mhm?«
»Wird Maeve sterben?«
Ich schauderte. Es war, als sähe ich Maeve vor mir, wie sie dort auf dem Fensterbrett gesessen und Rionas gelbes Haar geflochten hatte, während ihr großer Hund schnarchend vor dem Feuer lag.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Muirrin ist eine sehr gute Heilerin. Und dein Vater hat gesagt, dass Liadan kommen wird, obwohl es sicher lange dauern wird, eine Botschaft zu ihr zu bringen, bevor sie sich auch nur nach Sevenwaters auf den Weg machen kann.«
Clodagh starrte mich an. »O nein! Vater spricht mit ihr. Sie ist sicher schon auf dem Weg hierher.«
»Er spricht mit ihr?«
»So wie Deirdre und ich es tun können. Kannst du das nicht? Reden ohne zu sprechen, meine ich. Vater kann es Liadan direkt sagen, selbst wenn sie in Harrowfield ist, und das ist viel weiter weg in Northumbria. Sie wird so schnell herkommen, wie sie kann. Tante Liadan kann alle heilen.«
»Nun«, sagte ich grimmig, »dann hat Maeve eine gute Chance zu überleben. Jetzt müssen wir schlafen. Du musst dich mit mir hier ins Bett zwängen. Ich hoffe, deine Füße sind nicht allzu kalt.«
Aber nachdem sie endlich eingeschlafen war, lag ich noch lange mit offenen Augen da, während das frühe Tageslicht durchs Fenster fiel und sich das Haus rings um uns her wieder zu regen begann. Ich lag da, starrte die Steinmauern an und dachte an meine Mutter. Ich fragte mich, ob ihr unglücklicher Geist hier vielleicht irgendwo umherwanderte, mich beobachtete, alles beobachtete, was ich tat. Was hatte Vater gesagt? Es gab Zeiten, in denen sie zufrieden war … deine Geburt … damals sah es so aus, als könnte Niamh endlich glauben, dass sie etwas Richtiges getan hatte. Aber am Ende war es ihr doch nicht gelungen, wirklich daran zu glauben. Vielleicht war ihre letzte Antwort die einzige, die ihr geblieben war.
Das wäre auch ein Ausweg für mich. Ich könnte mir die Pulsadern aufschneiden oder vom Dach springen oder mich in die kalte Umarmung des Sees werfen. Aber nein, ich konnte nicht dasselbe tun wie sie. Das würde meinen Vater vollkommen zerstören. Ich musste tun, was Großmutter von mir verlangte. Ich schuldete Vater alles, was ich war und konnte, und ich konnte nicht zulassen, dass sie ihn quälte. Aber wie konnte ich das mit dem verbinden, was ich heute Nacht getan hatte? Nun hatte ich schon zweimal getötet. Und ich hatte Maeve und diesem jungen Druiden etwas Schreckliches angetan. Wie hoch war der Preis, den ich für die Sicherheit meines Vaters zahlen musste? Das Böse, das in dieser Nacht geschehen war, würde sich doch sicher nicht auf den Kampf und das Feenvolk auswirken? Warum hat sie mich dazu gebracht, es zu tun? Sie hat dich nicht dazu gebracht, flüsterte die unerwünschte Stimme tief in mir. Du hast es ganz allein getan. Es liegt dir im Blut. Du kannst nichts dagegen tun. Außerdem ist das hier nichts weiter als eine angemessene Strafe für ihre Taten.
Es ist nicht angemessen, dass ein Kind verletzt wurde, sagte ich mir.
Falsch. Es war genau das Richtige. Du hast deinen Onkel beunruhigt und Zweifel in die Herzen der Menschen gesät. Du hast die Druiden geschwächt. Das sind drei Schritte auf das große Ziel zu. Es hätte nicht richtiger sein können.
Ich – ich
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