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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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offenbar Schwierigkeiten, seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen.
    »Es tut mir Leid«, sagte ich abermals.
    »Nein. Ich bin derjenige, der sich entschuldigen sollte. Ich habe zu viel von dir erwartet, und zu bald. Ich habe vergessen, wie jung du noch bist. Du machst es einem leicht, das zu vergessen, Fainne.«
    »Ich hatte nicht vor zu –«
    »Ah, nun sagst du aber nicht ganz die Wahrheit. Denn ich glaube, im Herzen sprechen wir beide die gleiche Sprache. Komm, es ist am besten, wenn wir nach Hause zurückkehren. Du hast es vielleicht falsch verstanden.«
    »Was falsch verstanden?«
    »Meine Stellung. Meine Verpflichtungen. Was ich vorhatte, als ich dich hierher nach Glencarnagh einlud.«
    Ich fühlte mich gedemütigt, und dieses Gefühl wich kurz darauf dem Zorn. Ich sprach ohne nachzudenken. »Ihr solltet vielleicht versuchen, bei dem, was Ihr sagt, ein wenig klarer zu sein, Eamonn. Warum macht Ihr Euch die Mühe, die Wahrheit zu verschleiern? Ihr wolltet sagen, Ihr glaubtet, ich würde hierher kommen und mich Euch hingeben und mich geehrt fühlen, dass ein solch großer Mann sich dazu herablässt, bei mir zu liegen? Ihr meint, Ihr hattet nur vor, mit mir zu schlafen, und das war alles? Ein Mann genießt hin und wieder ein unerfahrenes Mädchen, nicht wahr?« Es gelang mir nicht, mit stetiger Stimme zu sprechen. Mein Mangel an Beherrschung beunruhigte mich; ich hatte mich für so klug gehalten mit meinem kleinen Bannspruch! Nun fühlte ich mich billig und schmutzig, und noch schlimmer, ich hatte ihn wirklich beleidigt. Er war kein Mann, den ich mir zum Feind wünschte.
    Aber ich hatte ihn wieder einmal unterschätzt. Ich hatte ihn für erheblich schlichter gehalten, als er war.
    »Du bist sehr schön, wenn du die Nerven verlierst«, sagte er leise und starrte mich an. »Dein Haar wirkt wie Flammen im Sonnenlicht. Deine Augen glitzern vor Leidenschaft. Wie kann ein Mann das sehen und dich nicht begehren? Du bist gefährlich, Fainne, sehr gefährlich. Aber ich war immer ein Mann für Herausforderungen. Und nun genießen wir den Heimweg, denn es ist ein schöner Tag. Diese Angelegenheit zwischen uns ist noch nicht beendet. Wir beide sind von der gleichen Art. Lass uns später weiter darüber sprechen. Ich bin sicher, wir werden Raum für … Verhandlungen finden.«
    Er half mir aufs Pferd, und wir ritten den Hügel hinab. Diesmal ritt ich voran. Die Bewaffneten würden warten. Wir waren nur kurz weg gewesen. Ich konnte mir vorstellen, wie sie das interpretierten. Es würde nicht helfen, meinen Ruf bei diesen Leuten zu verbessern. Schon der Gedanke daran bewirkte, dass mir übel wurde.
    »Ich habe es dir schon gesagt.« Eamonns Stimme erklang hinter mir, über dem Tosen des großen Wasserfalls gerade so eben zu verstehen. »Ich verliere nicht gern. Aber ich denke, du wirst feststellen, dass dies ein Spiel ist, bei dem wir beide am Ende gewinnen können.«

KAPITEL 8
    An diesem Abend zog ich mich früh zurück, und Eamonn stellte keine Fragen. Aber ich konnte nicht schlafen. Mein Kopf tat weh, und ich drehte und wendete mich, einen Augenblick so kalt wie Eis, im nächsten glühend heiß. Es knarrte und raschelte überall im Haus. Draußen hörte man die Wachen, die sich ablösten, ein paar leise Worte, dann Schritte in die Küche, wo die Männer vielleicht hofften, noch ein Feuer und etwas zu essen zu finden. Am Ende stand ich auf, zog den Umhang über mein Nachthemd und ging selbst hinaus in den Flur, denn ich wusste, ich würde ohnehin keine Ruhe finden, wenn ich weiter im Bett lag und versuchte, mich zum Schlafen zu zwingen. Ich würde nachsehen, ob ich irgendwo Kamillentee fand, zur Latrine gehen, und wenn ich dann immer noch nicht schlafen konnte, würde ich einfach im Kerzenlicht dasitzen und versuchen, meine Gedanken zu ordnen. Es war immerhin nicht so, als hätte ich hier wirklich irgendwelche Pflichten. Ich konnte den ganzen Tag ruhen, wenn ich wollte. Warum sonst war ich hierher gebracht worden, als um Eamonn ein wenig zu amüsieren, ihm ein wenig pikante Ablenkung in seine wohlgeordnete Existenz zu bringen? Das war alles. Ich war dumm gewesen, das nicht zu begreifen. Kein Wunder, dass ich mir billig vorkam.
    Das Haus lag in tiefem Schlaf. Weiter hinten im Flur war das schwache Licht des Küchenfeuers durch die offene Tür zu sehen. Vielleicht saßen da immer noch ein paar Leute. Aber der Flur selbst lag im Schatten, hier und da von einer Kerze in einer kleinen Nische beleuchtet, um den Weg sicherer zu

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