Das Kind der Stürme
mit dir. Die Männer verlassen sich darauf, dass du die richtige Entscheidung triffst, und das tue ich ebenfalls.«
Das waren die Worte, die ich hörte, als ich langsam aufwachte. Ich öffnete die Augen nicht, versuchte aber, mich zu orientieren. Ich lag im Bett, warm zugedeckt, und im Kamin knisterte ein kleines Feuer. Etwas roch sehr angenehm; etwas Trinkbares mit Ingwer und Nelken. Ich war müde; ich war vollkommen erschöpft, und das Bett war weich und warm. Mir tat alles weh. Vielleicht sollte ich einfach wieder einschlafen …
»Außerdem«, erklang nun Johnnys Stimme, »willst du doch auch, dass sie mit uns kommt. Ich durchschaue diese angebliche Strenge. Du musst zugeben, dass Fainne ein liebes Mädchen ist, Tochter eines Zauberers oder nicht. Kannst du denn nicht erkennen, dass sie in unserem grimmigen Männerhaus wie eine kleine Lampe leuchten wird?«
»Ihre Mutter hat Männer zweifellos angezogen wie die Motten das Licht«, sagte Liadan. »Und manchmal denke ich tatsächlich, ich sehe wieder Niamh vor mir, so störrisch, so reizbar, und dennoch ist sie ein liebes Mädchen, und man muss sie einfach gern haben. Du hast es erkannt, Sohn. Ich habe meine vier Jungen wirklich gern, aber ich habe mich immer nach einer Tochter gesehnt. Vielleicht kann sie es ja sein. Vielleicht muss Fainne wirklich beschützt werden. Aber es ist ein schreckliches Risiko, und das weiß ich besser als jeder andere, vielleicht mit Ausnahme von Ciarán selbst.«
»Verlass dich auf mich, Mutter, es ist die richtige Entscheidung.«
»Ich nehme an, es hat keinen Zweck, mit dir noch über Gefahren zu sprechen, ebenso wenig, wie es mit Bran sinnvoll wäre. Schon der Gedanke an Selbstschutz ist euch vollkommen unbekannt. Ich hatte gehofft, er würde ein wenig vorsichtiger werden, ein Mann von beinahe vierzig mit erwachsenen Söhnen, aber er muss immer in der vordersten Linie stehen und sein Leben so aufs Spiel setzen, als hätte er so viele wie eine Katze.«
»Ist das denn nicht so?« Johnny lachte leise.
»Er müsste das wirklich nicht selbst tun. Es gibt andere, jüngere Männer, die die Chance gerne nützen würden. Dieses Unternehmen … es hört sich sehr gefährlich an, Johnny. Ich habe Angst, euch beide zu verlieren.«
»Ach, du kennst doch Vater! Er kalkuliert die Gefahren. Diese ganze Geschichte ist bis in die letzte Einzelheit geplant, und so alt er auch sein mag, er ist einer unserer besten Schwimmer und kennt das Gelände und die Anlegestelle besser als jeder andere. Wir werden die anderen Männer sehr umsichtig auswählen. Es ist wahr, die Sache ist gefährlich, aber Sturm und Gezeiten bergen stets Gefahren. Und sieh doch nur, was wir erreichen könnten! Man kann nicht die Flotte des Feindes versenken, ohne sich selbst einer gewissen Gefahr auszusetzen.«
»Ihr werdet nur so wenige sein, und so weit von jeder Hilfe entfernt! Und wenn irgendjemand davon erfährt, wärt ihr so verwundbar wie Küken im Nest.«
»Glaubst du etwa, daran haben wir nicht gedacht? Was Spionage angeht – wer würde schon glauben, dass selbst der Bemalte Mann verrückt genug ist, so etwas zu riskieren? Niemand umsegelt die Nadel auf der Ostseite. Und was das Schwimmen angeht, die Strömung ist so stark, dass es noch niemals jemand versucht hat. Solche Gerüchte würden sofort als Fantasie abgetan.«
»Das tröstet mich kaum«, sagte Liadan. »Es erinnert mich eigentlich nur daran, dass es meine eigene Entscheidung war, dass du so erzogen wurdest, wie dein Vater es wollte: ein Krieger und Stratege, der keine Vorstellung von Gefahr hat. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn man dich als Gelehrten und Mystiker in den Nemetons aufgezogen hätte.«
»Bedauerst du deine Entscheidung jetzt etwa, Mutter?«
»Bis zu jenem Augenblick, als Conor uns sagte, dass Lady Oonagh immer noch lebt und uns bedroht, hätte ich das nie getan. Ich hatte Jahre solchen Glücks! Ich weiß nicht, wie Bran und ich ohne einander hätten leben können. Ich freue mich an meinen Söhnen und an der Gemeinschaft in Harrowfield und der in Inis Eala. Ich bin stolz darauf, dass wir im Stande waren, nicht nur dem Landsitz meines Vaters, sondern auch Sevenwaters Erben zu geben. Ja, es gibt Dinge, die ich bedauere. Niamhs Kummer und Leiden bedrücken mich immer noch, ebenso wie Ciaráns Entfremdung von seiner Familie und seiner Berufung. Aus diesem Grund hätte ich ihre Tochter gern als meine eigene aufgenommen. Aber jetzt … man hat mir vor langer Zeit gesagt: Du willst
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