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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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ich diesen finsteren Talisman abgelegt hätte, ich würde ihn bis zum Ende tragen müssen, bis zum Augenblick des letzten Konflikts. Ich musste ihr Amulett tragen, bis sie begriff, dass ich nicht ihr Werkzeug, sondern ihre Feindin war. Was dann geschehen würde, konnte ich nicht sagen, aber ich wusste tief drinnen, dass diese ganze Geschichte ihren Lauf bis zum Ende gehen musste, wie die Alten es gesagt hatten, wie Großmutter selbst es schon gesagt hatte. Ereignisse von großer Bedeutung …
    »Was ist mit diesem Eamonn?«, fragte Großmutter plötzlich. »Wie willst du ihm mitteilen, was du erfahren hast, wenn er an einem Ort ist und du an einem anderen.«
    Sie hatte nicht lange gebraucht, um diese Schwäche meiner Strategie zu erkennen. Ich versuchte, mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. »Ich werde schon einen Weg finden«, erklärte ich so entschlossen ich konnte. »Er wird sich dem Feldzug anschließen; es wird ein Zeitpunkt kommen, an dem sie sich versammeln. Inis Eala ist der Schlüssel dazu, Großmutter. Dies ist der Ort, an dem ich sein muss.«
    »Du scheinst dich verändert zu haben, Kind. Aber vergiss nicht, was ich dir gezeigt habe.«
    Ich schauderte bei der gefährlichen Liebenswürdigkeit ihrer Stimme. »Ich habe es nicht vergessen, Großmutter, und ja, ich habe mich verändert. Nun, da ich weiß – nun da ich die Befriedigung empfunden habe, dass ein Mann nach meiner Berührung fleht, nun, da ich eine Kostprobe meiner Macht erhalten habe, beginne ich zu begreifen. Ich beginne zu verstehen, warum du tust, was du tust. Und ich begreife, dass es recht angenehm sein kann, eine Zauberin zu sein.«
    »Na gut«, schnaubte sie, aber ich konnte an ihrem Tonfall hören, dass meine Worte sie erfreut hatten. Dann glaubte sie mir also. Es war gut, dass sie nicht körperlich anwesend war, sonst hätte sie meine kalte Angst vermutlich riechen können. Es war ein gefährliches Spiel, das ich da mit ihr spielte.
    »Was, wenn es nicht funktioniert?«, wollte sie wissen. »Weißt du, was du dann tun musst?«
    »Es wird funktionieren, aber wenn nicht, werde ich einen anderen Weg finden.«
    »Du wirst keinen finden, Fainne, ich werde dir sagen, was zu tun ist. Das sollte offensichtlich sein. Und nun sag mir eins: Ist er da, der Sohn, der, den sie das Kind der Prophezeiung nennen? Hast du ihn gesehen?«
    »Ja, Großmutter«, antwortete ich vorsichtig, denn mir gefiel ihr Tonfall nicht.
    »Vergiss nicht«, sagte sie, »am Ende ist er der Einzige, der zählt. Er ist das einzig wirklich Wichtige in diesem Spiel. Der Rest, der Druide, der Krieger, der Herr von Sevenwaters, die Dame, sie stehen nur an seiner Seite und geben alles für ihn, und sie werden wenn nötig auch für ihn sterben, um ihr Ziel zu erreichen. Alle verlassen sich auf die Prophezeiung. Ihr ganzes Selbstvertrauen geht von dieser einen Sache, von diesem einen Menschen aus. Am Ende braucht man nur das Kind der Prophezeiung aus dieser Gleichung zu entfernen, und alles bricht in sich zusammen. Warte bis zum letzten Augenblick und sorge dafür, dass er versagt. Wenn du nicht den Mut hast, noch einmal zu töten, dann gibt es andere Möglichkeiten. Du kennst sie bereits. Es ist einfach genug, einen anderen zu finden, der die Dreckarbeit für dich übernimmt. Was ist er für ein Mensch? Ich hoffe, du magst ihn nicht etwa?«
    »Nein, Großmutter. So dumm bin ich nicht.«
    »Hm. Ich bin nicht sicher, ob das stimmt. Du bist diesen Kindern gegenüber sehr weich gewesen. Ich nehme an, er ist ein charmanter junger Mann, und du bist immerhin die Tochter deiner Mutter.«
    »Glaub mir«, sagte ich mit hart erkämpfter Festigkeit, »ich würde nicht wagen, dich zu belügen.«
    »Sehr ratsam, Fainne. Dennoch, ich hätte gern eine kleine Demonstration deiner Treue. Also wirst du Folgendes tun. Wir werden diesen jungen Krieger prüfen, und dich ebenfalls. Wir werden sehen, wie stark er ist und wie viel Schmerz er ertragen kann. Es wird hilfreich sein, das später zu wissen. Die Reise nach Norden ist die ideale Gelegenheit dazu. Du brauchst keine Zauber zu wirken, Enkelin; spare dir deine Kraft für das Ende auf, denn dann musst du auf alles gefasst sein. Ich werde tun, was notwendig ist. Ich werde den Burschen nicht töten – das ist deine Sache, und es darf erst viel später geschehen. Ich spiele nur ein wenig mit ihm.«
    Ich spürte, wie mich ein Schauder überlief. Es war schwierig, in diese vom Feuer umflackerten Augen zu schauen und nach außen hin

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