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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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schon immer so?«, fragte er.
    Aber Darragh runzelte nur die Stirn und antwortete nicht. Stattdessen drehte er sich um und fragte sehr leise: »Geht es dir wirklich besser?«
    Ich nickte, denn ich wollte jetzt lieber nicht sprechen. Dann war er ohne ein Wort verschwunden, und einen Augenblick später folgte Johnny ihm. Der Vogel breitete seine großen, glänzenden Flügel aus und flog hinter ihnen her, kreiste, war vor ihnen, dann wieder hinter ihnen. Ich hoffte, dass seine Verbindung zu meinem Vater ihn eher zu einem Freund als zu einem Feind machte.
    Es ging Coll tatsächlich besser. Er saß aufrecht im Bett, noch ein wenig erhitzt, während Liadan die Kissen zurechtzupfte.
    »Fainne!«, rief er, als ich hereinkam. Auch Möwe war da und packte Dinge in eine Tasche: Tiegel mit Salben, Kräuter, Verbände. Er grinste mich an, und seine weißen Zähne blitzten vor der dunklen Haut. Er bewegte die verkrüppelten Hände geschickt, wenn er die winzigen Fläschchen und Tiegel handhabte. »Wo bist du gewesen?«, fragte Coll. Seine Augen glänzten immer noch zu intensiv, aber die Veränderung war doch bemerkenswert.
    »An der Nordspitze«, sagte ich und ging auf sein Bett zu. Coll lehnte sich zurück, und seine Mutter strich ihm die Decke über der Brust glatt. Ich sah sie an, und sie erwiderte den Blick ruhig. Ich hätte nicht sagen können, was sie dachte, aber in ihren Augen stand keine Entschuldigung. »Kann ich eine Weile hier bleiben?«, fragte ich.
    Liadan nickte. »Also gut, Fainne. Aber nicht zu lange.«
    Sie stand auf und half Möwe beim Packen. Sie begannen ein Gespräch über Messerwunden und welche Kräuter am besten gegen die schlechten Körpersäfte halfen.
    »Bist du wirklich den ganzen Weg zur Nordspitze gegangen?«, fragte Coll. »Im Dunkeln?«
    »Ja.«
    »Hattest du keine Angst?«
    »Warum hätte ich Angst haben sollen?«
    »Du hättest über eine Klippe fallen oder dir ein Bein brechen können. Und was ist mit Onkel Finbar?«
    »Rede nicht so viel«, sagte ich streng. »Du bist sehr krank gewesen. Du musst dich ausruhen, damit du schnell wieder gesund werden kannst und wir mit dem Unterricht weitermachen können, bevor du alles vergessen hast, was ich dir beigebracht habe.«
    Coll seufzte. »Unterricht! Vielleicht bleibe ich doch lieber im Bett! Fainne?«
    »Hm?«
    »Sie sagen, du würdest vielleicht weggehen. Gehst du weg?«
    Ich warf Liadan einen Blick zu. »Ich weiß es nicht, Coll«, antwortete ich.
    »Vielleicht noch nicht gleich«, sagte meine Tante ernst. »Wenn du weiter so gut schreiben lernst, behalten wir sie vielleicht ein wenig länger hier. Außerdem brauche ich Hilfe.«
    »Gut«, sagte Coll schläfrig. »Ich bin froh, dass du nicht weggehst. Es wird hier so still wie im Grab sein, wenn alle weg sind. Sogar Cormack geht mit.« Er schloss die Augen.
    Mir kam ein schrecklicher Gedanke. Männer, die Bündel zur Bucht trugen. Möwe, der Arzneien einpackte. Finbar hatte gesagt, es wäre keine Zeit mehr. »Tante Liadan?«, fragte ich mit zitternder Stimme.
    »Was ist, Fainne?«
    »Der – der Feldzug. Es sollte doch erst im Sommer beginnen.«
    Einen Augenblick lang schwiegen alle. Es war Möwe, der schließlich antwortete. »Der Hauptmann hält viel davon, falsche Informationen zu verbreiten«, erklärte er und schraubte den Deckel auf einem kleinen irdenen Tiegel zu, bevor er ihn in Tuch packte und tief in die Tasche steckte. »Alle denken, es ginge erst im Sommer los. Aber wir sind bereit, jederzeit aufzubrechen, und anscheinend ist der Zeitpunkt jetzt gekommen.«
    »Jetzt? Du meinst, jetzt sofort? Heute?« Mein Herz zog sich zusammen. Das bedeutete, ich würde ohne weitere Vorbereitung handeln müssen, und ohne jegliche Hilfe. Es bedeutete, dass ich noch vor der Abenddämmerung zusehen müsste, wie Darragh in eins dieser Boote stieg und in den Kampf segelte.
    »Morgen«, sagte Liadan. »Heute Abend werden wir feiern und Abschied nehmen. Bran wollte nicht gehen, solange Coll in Gefahr war, aber –«
    »Es ist noch so früh«, sagte ich schaudernd. »Alles geht so schnell. Ich hätte nicht gedacht, dass es so bald geschehen würde.«
    Liadan überraschte mich, indem sie sich neben mich setzte und mir den Arm um die Schultern legte.
    »Es wird nicht leichter, sich von ihnen zu verabschieden«, sagte sie. »Jedes Mal ist es wie ein kleiner Tod, jedes Mal fleht man die Götter an: nur noch eine weitere Chance, nur noch eine einzige! Die Männer verstehen nicht, was es bedeutet zu warten. Die

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