Das Kind der Stürme
gut, unter Leute zu gehen und Spaß zu haben«, sagte er schließlich. »Es ist nichts Falsches daran, zu tanzen. Aber nicht – nicht so.«
»Nicht wie?«
»Dich zur Schau zu stellen. Es wegen der Aufmerksamkeit tun. Zu bewirken, dass die Männer dich ansehen, als wollten sie mehr als nur tanzen. Zu tun – was immer du tust.«
Ich biss mir auf die Lippen und schwieg.
»Fainne?«
»Ich habe keinen Ärger gemacht«, sagte ich mit aller Würde, die ich aufbringen konnte. Ich fragte mich, warum ich mich immer so ärgerte, wenn er unzufrieden mit mir war. »Ich habe einfach nur ein bisschen Spaß gehabt. Und außerdem geht es dich nichts an.«
Es folgte ein weiteres unbehagliches Schweigen, unterbrochen nur von Aoifes Hufschlägen. Der junge Mann mit den Sommersprossen auf dem grauen Pony holte uns ein, war dann neben uns und grinste mich an. »Wollt ihr Gesellschaft?«, fragte er, und dann schaute er Darragh an. Ich sah, wie sein Blick sich veränderte, dann berührte er die Flanken seines Ponys mit den Absätzen und machte sich in einem scharfen Kanter davon.
»Und außerdem«, sagte Darragh, als wir uns nach rechts und von der Bucht abwandten, »was ist vorher passiert? Ich habe eine Geschichte über einen Zauberer gehört, über fliehende Tiere, einen Beinahe-Aufstand und Vögel, die sich in Schlangen verwandelten.«
»Das habe ich auch gehört.«
»Und?«
»Und was?«
»Komm schon, Fainne«, sagte er gereizt und brachte Aoife zum Stehen. »Sag mir nicht, dass es nichts mit dir zu tun hatte. Jemand sagte, ein Mann wäre halb erwürgt worden. Sag endlich die Wahrheit.«
Ich schwieg. Ich brauchte nichts zu sagen, denn in diesem Augenblick schob eine kleine Eule den Kopf aus meiner Tasche, vielleicht weil sie glaubte, dass das Rucken und Wackeln endlich zu Ende war. Sie sprang heraus, ließ sich auf Aoifes Hals nieder und senkte den Kopf in einem vergeblichen Versuch, das zerzauste Gefieder zu putzen. Aoife, dieses Juwel unter den Ponys, stand vollkommen ruhig da.
»Was in Brighids Namen ist das da?«
Ich räusperte mich. »Ich glaube, es ist eine Art Eule. Sie wollte nicht wegfliegen, und ich konnte sie doch nicht einfach zurücklassen. Ich musste sie kleiner machen, damit die Leute sie nicht bemerkten.«
»Ich verstehe.«
»Der Mann war ein Betrüger, Darragh. Er hat versucht, ein Mädchen dazu zu bringen, etwas Schreckliches zu tun. Durch Betrug. Seine Elixiere sind wirkungslos. Er hat sich nicht um diese Tiere gekümmert, sie waren auf die grausamste Art eingesperrt – hätte ich untätig dabeistehen und zusehen sollen, wenn ich helfen konnte?«
Darragh seufzte. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht mehr.« Ohne ein sichtbares Zeichen ihres Reiters begann Aoife weiterzugehen, und die kleine Eule wackelte ein bisschen. Ich senkte die Hand, um sie festzuhalten. Grashüpfer, dachte ich vage. Würmer. Kleine Käfer.
Wir hatten das Lager beinahe erreicht, bevor er wieder sprach.
»Man muss dich wirklich ununterbrochen im Auge behalten, Tag und Nacht. Ich weiß nicht, was dein Vater sich gedacht hat, dich einfach allein wegzuschicken. Es ist, als … als hätte er einem kleinen Kind eine brennende Fackel in die Hand gedrückt und es nach draußen zum Spielen geschickt. Du bist nicht nur eine Gefahr für dich selbst, du bist auch eine Gefahr für alle anderen. Und das Schlimmste ist, du weißt es nicht einmal.«
»Und was weißt du darüber?«, murmelte ich und dachte daran, wie glücklich ich gewesen war, als wir an diesem Morgen hier vorbeigekommen waren, und wie elend ich mich jetzt fühlte. Er hatte diesem Tag alle Freude genommen.
»Ich weiß es, Fainne«, sagte er leise. »Ich weiß es besser als jeder andere. Ich wünschte, du würdest mir zuhören. Was du machst, ist … es ist einfach nicht richtig. Du verdirbst dir deine eigene Zukunft. Es ist einfach nicht der richtige Weg für dich. Ich wünschte, du würdest auf mich hören.«
Ein Teil von mir sehnte sich danach, ihm zu sagen, dass es mir Leid tat; es tat mir Leid, dass unser Tag verdorben worden war, es tat mir Leid, dass wir uns gestritten hatten, und es tat mir schrecklich Leid, dass Darragh im nächsten Sommer nach Kerry gehen und ich nicht da sein würde. Aber ich konnte so etwas nicht aussprechen, ich konnte mir nicht leisten, ihn anzuhören, denn sonst würde ich den Mut verlieren weiterzumachen, ich würde nicht mehr tun können, was Großmutter von mir verlangte. Das Leben meines Vaters hing davon ab. Und Darragh hatte
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