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Das Kind der Stürme

Das Kind der Stürme

Titel: Das Kind der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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entschieden, seine Tochter selbst aufzuziehen und sie dann nach fünfzehn, sechzehn Jahren wegzuschicken?«
    »Vielleicht glaubt er, dass Fainne eine bessere Gelegenheit zu einer guten Heirat hat, wenn sie eine Weile hier bei der Familie lebt«, sagte Sean. »Das ist ein ganz praktischer Gedanke. Sie hat ein Geburtsrecht, wie alle anderen Kinder von Sevenwaters, auf alles –« Er hielt abrupt inne.
    »Fainne?« Conor wollte eine Antwort auf seine Frage.
    »Wir waren einfach der Ansicht, dass es der richtige Zeitpunkt sei.« Das kam mir wie eine gute Antwort vor. Sie entsprach der Wahrheit, und sie verriet nichts.
    »So sieht es aus«, sagte Conor, und das war fürs Erste das Ende. Er fragte nicht: Der richtige Zeitpunkt wozu?
    Nur zu bald saßen wir wieder zu Pferd und ritten weiter.
    »Die Situation ist ein bisschen unangenehm, Fainne«, sagte Sean nach einer Weile. »Ich muss ehrlich mit dir sein, und das wird dir vielleicht nicht gefallen. Unseren Verwandten und Verbündeten und der Gemeinschaft von Sevenwaters zu sagen, wer dein Vater war, würde zu Problemen führen. Es wäre zu diesem Zeitpunkt der Verhandlungen sehr schwierig. Aber ich möchte auch nicht lügen.«
    »Lügen?« Meine Verblüffung war vollkommen echt. »Warum solltest du lügen müssen?«
    Er lächelte grimmig. »Selbst jetzt, nach all diesen Jahren, kennen die Leute die Wahrheit nicht. Nicht die ganze Wahrheit. Dass Niamh verstört war, dass sie in den Süden geflohen ist, dass ihr Mann einige Zeit später starb, das wissen sie. In unserem eigenen Haushalt weiß man vielleicht auch ein bisschen mehr. Aber man glaubt im Allgemeinen, dass sie sich in ein christliches Kloster zurückgezogen hat und später dort gestorben ist. Das plötzliche Erscheinen einer Tochter muss erklärt werden, denn alle, die sie kannten, werden dich sofort als ihr Kind erkennen.«
    Ich spürte Conors Blick auf mir, grübelnd und forschend, obwohl ich ihn nicht ansah.
    »Warum nicht die Wahrheit sagen? Meine Eltern haben sich geliebt. Ich weiß, dass sie nicht verheiratet waren; aber das ist kein solch großer Grund, sich zu schämen. Es ist nicht, als ob ich ein Junge wäre und Anspruch auf die Führerschaft erheben würde.«
    Sean sah Conor an. Conor sagte nichts.
    »Fainne.« Sean schien seine Worte sehr sorgfältig zu wählen. »Hat dein Vater dir je erklärt, wieso er deine Mutter nicht heiraten konnte?«
    Ich hielt meinen Zorn im Zaum. »Er spricht nicht freiwillig von ihr. Ich weiß, dass ihre Vereinigung wegen zu enger Verwandtschaft verboten war. Ich weiß, dass mein Vater den Wald und die Weisen verließ, als er die Wahrheit über seine Herkunft erfuhr. Später fand er meine Mutter wieder, und so bin ich zur Welt gekommen. Aber es war zu spät für sie.«
    Alle schwiegen einen Moment.
    »Ja«, sagte Sean. »Dan Walker hat uns berichtet, dass unsere Schwester tot ist, obwohl er nur gesagt hat, was Ciarán uns wissen lassen wollte. Und nicht mehr. Es ist lange her. Du erinnerst dich sicher kaum an sie.«
    Ich kniff die Lippen zusammen und antwortete nicht.
    »Es tut mir Leid, Fainne«, sagte Sean und zügelte sein Pferd zum Schritt, weil wir einen gurgelnden Bach durchqueren mussten, der den Hügel hinabfloss. »Es tut mir Leid, dass du nie Gelegenheit hattest, sie kennen zu lernen. Bei all ihren Fehlern war meine Schwester doch ein reizendes Mädchen, voller Leben und Schönheit. Sie wäre stolz auf dich gewesen.«
    Ach ja? Wieso hat sie uns dann allein zurückgelassen? »Mag sein«, sagte ich.
    »Was unser Problem angeht«, fuhr Sean fort. »Es ist ein bisschen schwierig. Deine Mutter war mit einem Mann aus der Familie Uí Néill verheiratet, einem sehr mächtigen Clan mit zwei Zweigen, die miteinander im Krieg liegen. In den vergangenen Jahren hat man sich an uns gewandt, damit wir dem Anführer des nördlichen Zweigs bei seinem Vorstoß gegen die Nordmänner helfen, und das hat uns viele unserer Ressourcen und Energien gekostet. Endlich errang Aed Finnliath den Sieg. Die Eindringlinge wurden von den Stränden von Ulster vertrieben und der Friede besiegelt, indem Aed Finnliaths Tochter einen Adligen der Finn-ghaill heiratete. Wir haben dieses Unternehmen nicht nur um unserer eigenen Sicherheit willen unterstützt, sondern auch um unsere Bindungen an die Uí Néill von Tirconnell wieder aufzubauen, die durch das Versagen der Ehe deiner Mutter zerstört worden waren. Das hat äußerste Geduld und Diplomatie gebraucht und außerdem zu einem Abzug von Kräften

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