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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Wortkampfes dies sein musste.
    Kaen atmete dreimal schnell und scharf ein, um sich zu beruhigen und unter Kontrolle zu bringen. Dann trat er wieder nach vorne und sagte: »Das ist jetzt mehr als ein Wortkampf, und deshalb muss ich vom Ablauf einer wirklichen Herausforderung abweichen. Matt Sören erhebt nicht nur den Anspruch auf eine Krone, die er von sich stieß, als er es vorzog, in Brennin zu dienen, anstatt in Banir Lök zu herrschen, sondern er fordert die Versammlung auch auf … ja, er befiehlt ihr, wenn man seinem Tonfall zuhört und nicht nur seinen Worten … er befiehlt ihr, ohne einen Augenblick des Nachdenkens einen neuen Kurs einzuschlagen!«
    Mit jedem Wort schien sein Selbstvertrauen wieder zu wachsen, webte er einen dichten Teppich der Beredsamkeit.
    »Ich habe davon in meiner Rede nicht gesprochen, weil ich in meiner Unschuld nicht einmal geträumt habe, dass Matt so vermessen sein würde. Aber er war es und deshalb muss ich von neuem sprechen, und ich bitte um Verzeihung für diese kleine Übertretung. In den letzten Tagen des Krieges kommt Matt Sören hierher, um uns zu befehlen, dass wir unser Heer auf die Seite des Königs von Brennin stellen. Er verwendet andere Worte, aber das ist seine Absicht. Er vergisst dabei eins. Er will es vergessen, glaube ich, aber wir, die wir den Preis für seine Unterlassung zahlen müssen, dürfen nicht so nachlässig sein.« Kaen hielt inne und blickte einen langen Augenblick über die Halle hin, um sicher zu sein, dass er alle auf seiner Seite hatte.
    Dann fuhr er grimmig fort: »Das Heer der Zwerge ist nicht hier! Mein Bruder hat es aus diesen Hallen über die Berge in den Krieg geführt. Wir haben es dem Herrn von Starkadh versprochen, es war eine Gegenleistung für die Hilfe, die wir von ihm bei der Suche nach dem Zauberkessel erbeten hatten. Er hat uns von sich aus geholfen, und wir haben es angenommen. Ich möchte euch oder die Erinnerung eurer Väter nicht dadurch beschämen, dass ich zu sehr von der Ehre der Zwerge spreche. Was würde es bedeuten, wenn wir ihn um Beistand gebeten haben und ihm jetzt die versprochene Gegenleistung verweigern. Davon aber will ich nicht sprechen. Ich will nur das Klarste und Offensichtlichste deutlich machen, etwas was Matt Sören nicht sehen will, das Heer ist bereits auf dem Weg. Wir haben uns entschieden. Ich habe entschieden, und die Ratsversammlung hat mit mir entschieden. Sowohl Ehre wie auch Notwendigkeit zwingen uns, auf dem Weg zu verbleiben, auf dem wir nun sind. Und selbst wenn wir es wollten, könnten wir Blod und das Heer nicht mehr rechtzeitig erreichen, um es zurückzurufen!«
    »Doch, wir könnten!« Kim Ford schrie diese Lüge in den Saal. Sie war aufgesprungen. Der ihr am nächsten stehende Wächter trat schon vor, erbebte aber und hielt inne, als Loren ihm einen lähmenden Blick zuwarf. »Ich habe euren echten König gestern vom Rande des Meeres mit der Kraft, die ich trage, hierher gebracht. Genauso leicht kann ich ihn zu eurem Heer bringen, wenn die Ratsversammlung das von mir fordert.« Lügen, Lügen, der Baelrath war verschwunden. Die ganze Zeit, während sie sprach, hielt sie beide Hände in ihren Taschen. Es war nur ein Bluff, genauso wie die Worte, die Loren an den Wächter gerichtet hatte. Aber es stand soviel auf dem Spiel, und sie war in diesen Dingen nicht sehr geschickt, das wusste sie. Trotzdem hielt sie ihren Blick direkt auf Kaen gerichtet und wich ihm nicht aus: Wenn er sie bloßstellen wollte, wenn er ihr den Baelrath, den er ihr gestohlen hatte, zeigen wollte, dann konnte er es ruhig! Dann hätte er der Ratsversammlung auch erklären müssen, auf welche Weise er ihn erhielt … und wohin käme er dann mit seinem Gerede von der Ehre?
    Kaen sprach nicht und bewegte sich auch nicht. Aber von der Seite des Podiums erklangen plötzlich drei laut hallende Schläge eines Stabes auf dem Steinboden.
    Niach kam nach vorne, er ging genauso langsam und vorsichtig wie zuvor, aber sein Ärger war deutlich greifbar, und als er sprach, musste er sich bemühen, seine Stimme zu meistern.
    »Gut gemacht!« spottete er mit bitterer Ironie. »An diesen Wortkampf wird man sich erinnern! Noch nie habe ich erlebt, dass die Regeln in einem Duell in dieser Weise verletzt wurden. Wie kann Matt Sören, der nicht einmal vierzig Jahre abwesend war, seine Unkenntnis rechtfertigen: Er hat einen Gegenstand in den Wortkampf eingeführt! Du kanntest doch die Regeln, noch bevor zu zehn Jahre alt warst. Und du, Kaen! Eine

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