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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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was du getan hast. Das war leuchtend gewoben, Kimberly … Du hast einen von Kaens Schlägen pariert, und vielleicht hast du uns Zeit verschafft, um noch etwas unternehmen zu können.« Er hielt inne. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich, wurde plötzlich unsicher und angespannt.
    »Oder vielmehr«, verbesserte er sich, »du hast Matt Zeit verschafft und vielleicht auch dir selbst. Aber ich kann jetzt nicht mehr viel tun.«
    »Das ist nicht wahr«, widersprach Kim mit aller Überzeugung, derer sie fähig war. »Die Weisheit trägt ihre eigene Stärke in sich.«
    Er lächelte dünn angesichts dieses Gemeinplatzes und nickte sogar. »Ich weiß. Ich weiß, dass es so ist. Es ist nur schwierig, Kim, sehr, sehr schwierig, wenn man vierzig Jahre lang die Macht gekannt hat, und jetzt, wo es so sehr darum geht, nicht darüber verfügen kann.«
    Darauf wusste Kim, die ihre eigene Kraft nur wenig mehr als ein Jahr getragen und die meiste Zeit dagegen gekämpft hatte, nichts zu entgegnen.
    Sie hatte ohnehin keine Zeit, um ihm zu antworten. Das Flüstern und Rauschen in der Halle wurde lauter und lauter und machte dann übergangslos einem steifen, angespannten Schweigen Platz, während dessen sich die Mitglieder der Zwergenversammlung wieder zu ihren steinernen Sitzen auf dem Podium begaben. Zum dritten Mal kam Niach nach vorne, stellte sich neben Kaen und Matt auf und wandte sich der versammelten Menge zu.
    Kim blickte auf Loren, der starr neben ihr stand. Sie folgte dem Blick des hochgewachsenen Mannes, den er auf seinen Freund warf, mit dem er vierzig Jahre seines Lebens geteilt hatte. Sie sah, dass Matts Mund sich schweigend bewegte. Weber am Webstuhl, dachte sie und sprach damit das Gebet nach, das sie auf den Lippen des Zwerges las.
    Dann ergriff Niach das Wort, ohne weitere Zeit zu verschwenden: »Wir haben dem Redekampf und dem Schweigen der Zwerge zugehört. Vernehmt nun den Ratschluss der Ratsversammlung von Banir Lök. Vor vierzig Jahren hat Matt, der jetzt auch Sören heißt, die Symbole seiner Königsherrschaft weggeworfen. Was er tat, war unmissverständlich, seine Absicht, auf die Krone zu verzichten, war unbezweifelbar.«
    Kim hätte ihre Seele, ihre beiden Seelen für ein Glas Wasser verkauft. Ihre Kehle war so trocken, dass es ihr weh tat zu schlucken.
    Niach fuhr nüchtern fort: »Zur selben Zeit erhob Kaen Anspruch auf die Herrschaft hier unter den Bergen, und dieser Anspruch wurde auch bis heute niemals angefochten. Trotzdem hat Kaen keinen Kristall für den See gefertigt und keine Vollmondnacht an seinem Ufer verbracht, obwohl die Versammlung ihn immer dazu drängte. Er ist niemals unser König geworden. Deshalb hat die Versammlung entschieden, dass es vor allem anderen eine Frage gibt, die in diesen Auseinandersetzungen beantwortet werden muss. In diesen Berghallen ist immer wieder gesagt worden – so oft, dass es jetzt bereits eine stehende Redewendung ist –, dass der Calor Diman niemals seine Könige aufgibt. Matt Sören hat das heute ausgesprochen, und die Versammlung hat es gehört, bevor wir uns auf unseren Sitzen niederließen. Aber das, so haben wir beschlossen, ist nicht die Frage, um die es jetzt geht.«
    Kim bemühte sich verzweifelt zu verstehen, vorauszuahnen, und sie sah, dass Kaens Augen in einem schnell verhüllten Triumph aufblitzten. Ihr Herz pochte wie eine Trommel, und die Angst schlug den Takt dazu.
    »Die Frage, um die es geht«, erklärte Niach sanft, »besteht darin, ob der König den See aufgeben kann.«
    Das Schweigen war vollkommen. Und in dieses Schweigen sprach Niach: »In der ganzen langen Geschichte unseres Volkes ist es niemals geschehen, dass ein König in diesen Hallen tat, was Matt vor langem getan hat oder sich anschickte zu tun, was er nun zu tun versucht. Es gibt keine Präzedenzfälle, und die Ratsversammlung hat entschieden, dass es für uns vermessen wäre, selbst die Entscheidung zu fällen. Alle anderen Fragen … die Aufstellung unserer Heere, alles was wir hinfort tun werden – sind in dieser einen Frage enthalten: Wer ist jetzt wirklich unser Führer? Der, welcher uns vierzig Jahre mit der Zwergenversammlung an seiner Seite regiert hat, oder der, welcher am. Calor Diman die Nacht verbracht hat und dann wegging?
    Die Zwergenversammlung beschließt, dass die Entscheidung den Mächten des Calor Diman obliegt. Und jetzt unser Urteil: Bis zum Sonnenuntergang sind es jetzt noch sechs Stunden. Jeder von euch beiden, Matt und Kaen, wird mit allen Werkzeugen der

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