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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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für die Dalrei war es immer schon selbstverständlich gewesen.
    Unter der wundersam gütigen Sommersonne, die zurückgekehrt war, ritten sie im Duft des frischen Grases und der leuchtenden Farbflecken der wilden Blumen. In alle Richtungen erstreckte sich die Ebene, soweit das Auge reichte. Zweimal begegneten sie großen Eltorherden, und sie fühlten die Freude in ihren Herzen, als sie die Tiere der Ebene, von der mörderischen Fessel des Schnees befreit, wieder frei über das hohe Gras laufen sahen.
    Aber wie lange noch? Inmitten all der Schönheit, die sie umgab, blieb dies die eigentliche Frage. Sie waren ja keine Gesellschaft von Freunden, die unter sommerlichem Himmel dahingaloppierten. Sie waren ein Heer, das sich mit großer Geschwindigkeit dem Tor der Finsternis näherte, und bald würden sie dort angekommen sein.
    Sie ritten wirklich sehr schnell, stellte Dave fest. Zwar war es nicht der gestreckte Galopp, mit dem die Dalrei nach Celidon gestürmt waren, aber Aileron trieb sie sehr zur Eile an, und Dave war dankbar für die kurze Ruhepause, die er ihnen am Nachmittag gönnte.
    Er schwang sich von seinem Pferd, seine Muskeln rebellierten, und er dehnte und streckte sich, machte sich so geschmeidig, wie er nur konnte, bevor er sich auf dem Rücken im weichen Gras niederlegte. Als sich Torc neben ihm niederfallen ließ, drängte sich Dave eine Frage auf.
    »Warum beeilen wir uns eigentlich so?« fragte er. »Ich meine, wir verfehlen Diarmuid und Arthur, Kim und Paul … welchen Vorteil sieht Aileron darin, dermaßen vorwärts zu drängen?«
    »Wir werden es wissen, wenn Levon von der Besprechung da vorne zurückkommt«, antwortete Torc. »Ich vermute, dass es vor allem auch wegen der geographischen Beschaffenheit dieser Gegend ist. Er möchte heute Abend noch nahe an Gwynir herankommen, so dass wir am Morgen die Wälder durchqueren können. Wenn uns das gelingt, müsste es möglich sein, dass wir morgen Abend noch vor der Dunkelheit schon nördlich des Celyn-Sees in Andarien sind. Das wäre vernünftig, vor allem, wenn Maugrims Heer dort auf uns wartet.«
    Die Ruhe in Torcs Stimme war beunruhigend. Maugrims Heer: Svart Alfar, Urgach auf Slaugs, Galadans Wölfe, die Schwäne aus Avaias Brut, und der Weber allein wusste, was sonst noch. Nur Oweins Horn hatte sie das letzte Mal noch gerettet, und Dave wusste, dass er es nicht wagen würde, es noch ein weiteres Mal zu blasen.
    Die fernere Zukunft war zu bedrängend. Er konzentrierte sich auf unmittelbare Ziele. »Werden wir dann bis zum Wald kommen, nach Gwynir? Werden wir es bis zur Dunkelheit schaffen?«
    Er sah, dass Torcs Augen an ihm vorbeiblitzten, und dann antwortete der dunkelhaarige Mann: »Wenn wir Dalrei allein wären, dann natürlich. Aber da wir diesen ganzen überflüssigen Ballast von Brennin mitschleifen, bin ich nicht sicher.«
    Dave hörte ein indigniertes Schnauben, und als er sich umdrehte, sah er Mabon von Rhoden, der sich bequem neben ihnen niederließ. »Ich habe nicht bemerkt, dass irgendeiner von uns auf dem Weg nach Celidon zurückgefallen ist«, stellte der Herzog fest. Er nahm einen Schluck Wasser aus seiner Flasche und bot ihn auch Dave an, der ebenfalls trank. Das Wasser war eiskalt, wie das möglich war, wusste er nicht.
    Mabons Anwesenheit war eine Überraschung, aber eine durchaus angenehme. Die Wunde, die er am Adein davongetragen hatte, war in der vorigen Nacht von Teyrnon und Barak geheilt worden, nachdem Aileron ihnen schließlich erlaubt hatte, ein Lager zu schlagen. Mabon hatte glattweg abgelehnt, zurückgelassen zu werden.
    Seit der Reise von Paras Derval zum Latham-Fluss, wo Ivor und die Dalrei gewartet hatten, schien der Herzog die Gesellschaft von Levon, Torc und Dave zu bevorzugen. Dave war das ganz recht. Unter anderem hatte Mabon sein Leben gerettet, als auf jenem Ritt Avaia urplötzlich aus heiterem Himmel herabgestoßen war. Außerdem war Mabon, auch wenn er nicht mehr jung war, ein erfahrener Kämpfer und eine angenehme Gesellschaft. Er hatte bereits eine Beziehung mit Torc aufgebaut, die den ansonsten recht finsteren Dalrei dazu brachte, mit ihm zu scherzen und zu spaßen.
    Mabon warf Dave einen listigen Blick zu und fuhr fort: »Schließlich ist es ja kein Sprint, mein junger Held, es ist ein Langlauf, und dafür braucht ihr die beharrende Kraft von Rhoden, und nicht eure Dalrei-Kühnheit, die erst aufflammt und dann hinwegschwindet, wenn die Stunden vergehen.«
    Torc gab sich keine Mühe zu antworten, riss

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