Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay

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ihnen innewohnende Magie war ein Teil des Geschenkes, das er mitbrachte. Und diese Magie sollte schon richtig ankommen. Als er sich zurücklehnte, konnte er fühlen, dass das Metall der Brücke kalt war, ebenso kalt wie der steinige Boden. So hoch im Norden war alles kalt. Er rieb die Hände auf dem Pullover, den er trug. Es war nicht einmal sein eigener Pullover. Seine Mutter hatte ihn für Finn gestrickt … und Finn war verschwunden.
    Und es war noch nicht mal seine wirkliche Mutter, es war Vae, die ihn gefertigt hatte. Seine eigene Mutter war hochgewachsen und sehr schön, und sie hatte ihn weggeschickt und ihm dann Lancelot hinterhergeschickt, um im Wald mit dem Dämon zu kämpfen. Er verstand es nicht. Er hätte es gerne begriffen, aber niemand half ihm dabei, und er war müde und durchgefroren und weit entfernt.
    Er hatte dort am Ufer des dunkel fließenden Flusses halb unter der eisernen Brücke gerade seine Augen geschlossen, als er einen ungeheuren widerhallenden Klang hörte: Eines der mächtigen Tore weit über ihm hatte sich geöffnet. Er sprang auf die Beine und spähte unter der Brücke hervor. Aber da traf ihn ein titanischer Windstoß, der ihn zu Boden warf und fast in den Fluss fegte.
    Er rollte sich schnell herum, strengte seine Augen an, um die Kraft, die hinter diesem plötzlichen Sturm stand, zu erkennen, und hoch über sich sah er einen riesigen, gesichtslosen Schatten, der in Richtung Süden trieb und die Sterne verdeckte, während er sich bewegte.
    Und dann hörte er das Gelächter seines Vaters.

    Für Dave Martyniuk war Wut immer etwas Heißes, Explosives in ihm selbst gewesen. Es war der Zorn seines Vaters, ein breiter ungezähmter Lavafluß in Herz und Geist. Selbst in den Kämpfen, die er hier in Fionavar ausgefochten hatte, war es immer dasselbe gewesen, was ihn überkam: ein feuriger, vernichtender Hass, der alles andere in ihm verzehrte. Doch diesen Morgen war er anders, diesen Morgen war er wie aus Eis. Als die Sonne aufstieg und sie sich auf den Kampf vorbereiteten, spürte er in sich eine kalte Wut, die er nicht an sich kannte. Sie erschreckte ihn sogar ein wenig. Er war ruhiger, hatte einen klareren Kopf als jemals zuvor und war dennoch von einem Zorn erfüllt, der gefährlicher und unversöhnlicher war, als er ihn jemals an sich gekannt hatte.
    Über ihnen kreisten die schwarzen Schwäne, ihre rauen Schreie gellten im frühen Morgenlicht. Unter ihnen hatte sich das Heer der Finsternis gesammelt, es war so riesig, dass es die ganze Ebene auszufüllen schien. An ihrer Seite stand ein neuer Führer, Dave konnte ihn jetzt sehen: Es war Galadan, der Wolfsfürst natürlich. Nicht gerade ein Segen, hatte Ivor gemurmelt, bevor er losritt, um Ailerons Befehle entgegenzunehmen. Er war gefährlicher, als selbst Uathach sein konnte, subtiler in seiner Bösartigkeit.
    Es kam nicht darauf an, dachte Dave, der groß und finster in seinem Sattel saß und die unsicheren Blicke, die er auf sich zog, nicht registrierte. Es war vollkommen unwichtig, wer Rakoths Heer anführte, wen sie gegen ihn losschickten: Wölfe, Svart Alfar, Urgach, mutierte Schwäne oder was auch immer, wie viel auch immer. Sollten sie kommen, er würde sie zurücktreiben oder sie tot hinter sich liegen lassen.
    Er war nicht mehr Feuer. Das Feuer war letzte Nacht gewesen, als man Diarmuid verbrannt hatte. Er war jetzt Eis, vollkommen selbstbeherrscht und zur Schlacht bereit. Er würde tun, was getan werden musste, was auch immer getan werden musste. Er würde es tun für Diarmuid und für Kevin Laine, für die Kinder, die er im Wald beschützt hatte, für Sharras Kummer, für Guinevere, Arthur und Lancelot, für Ivor, Levon und Torc, für die Ausdehnung des Schmerzes in ihm selbst, für alle, die sterben würden, bevor dieser Tag zu Ende ginge … und für Josef Martyniuk.

    »Um eines möchte ich bitten«, sagte Matt Sören. »Doch werde ich es verstehen, wenn du es mir abschlägst.«
    Kim sah, dass Aileron sich ihm zuwandte. In den Augen des Großkönigs war es Winter. Er wartete und sprach nicht.
    Matt kam zur Sache: »Die Zwerge haben einen Preis zu zahlen, und sie haben Buße zu leisten, falls das überhaupt noch möglich ist. Erlaubst du uns, heute im Zentrum deines Heeres eingesetzt zu werden, damit wir den Hauptstoß der feindlichen Streitmacht auf uns nehmen können?«
    Unter den versammelten Hauptleuten entstand ein Murmeln. Die bleiche Sonne hatte sich gerade im Osten über Gwynir erhoben.
    Aileron schwieg noch