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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Morgen war sicher längst vorbei. Er wusste, dass sie eine Zeitlang vorgerückt waren, dass sie jetzt aber, da die Sonne etwas höher am Himmel stand, nicht mehr nach vorne drängten, sondern nur den gewonnenen Boden verteidigten. Verzweifelt mühten sie sich, einander genügend Platz zum Kampf zu lassen, aber nicht so viel Raum, als dass die schnellen Svart Alfar hätten dazwischen schlüpfen können, um von unten zu töten.
    Und allmählich begann Dave sich etwas einzugestehen, was ein Teil von ihm bereits am Abend zuvor gewusst hatte, als sie gerade den Bergrücken erklommen und hinabblickten. So sehr er auch versuchte, den Gedanken beiseite zu schieben, er musste es sich eingestehen: Es war die Masse, das rohe Gewicht der Masse, die sie besiegen würde.
    Es lohnte sich nicht einmal, darüber nachzudenken, sagte er sich und hämmerte seine Axt mitten durch das abwehrbereite Schwert eines Urgach zu seiner Rechten, während Torcs Schwert gleichzeitig in das Gehirn der Bestie eindrang. Er und der dunkelhaarige Dalrei … sein Bruder … sahen einander einen Augenblick lang an: grimmig und verbissen.
    Zu mehr reichte die Zeit nicht. Zeit und Kraft waren schnell zu den wertvollsten Dingen in allen Welten geworden, und mit jedem Augenblick, der verging, wurden sie seltener. Die weiße Sonne schwang sich im Bogen den Himmel hinauf, hielt über ihnen inne, blieb einen Augenblick im Gleichgewicht, als träfen sich alle Welten an diesem Tag, und begann dann, durch einen blutigen Nachmittag hinabzugleiten.
    Daves Pferd zertrampelte einen Svart Alfar, während seine Axt gleichzeitig das Horn eines dunkelgrünen Slaug abtrennte. Er fühlte einen Schmerz in seinem Schenkel, er registrierte ihn kaum und tötete mit einem Faustschlag den dolchschwingenden Svart, der ihn verletzt hatte. Er hörte, wie Levon vor Anstrengung keuchte, und drehte sich gerade rechtzeitig um, um sein Pferd in die Seite eines Slaugs krachen zu lassen, der den Sohn des Aven bedrohte. Levon erledigte den Urgach, der das Gleichgewicht verloren hatte, mit einem kreisenden Schwung seines Schwertes.
    Dahinter kamen zwei weitere Urgachs und ein halbes Dutzend Svart Alfar. Dave hatte nicht einmal genügend Platz, um bei Levon zu bleiben. Vor ihm drängten drei weitere Slaugs nach vorne, über den Körper des einen, dessen Horn er zerschmettert hatte. Dave fiel einige Schritte zurück, es tat ihm im Herzen weh. Auch Levon neben ihm wich zurück.
    Dann hörte Dave ungläubig, wie das unablässige Kreischen der Svart Alfar einen höheren Ton erreichte. Der größte der Urgach, die ihn nun angriffen, brüllte plötzlich einen verzweifelten Befehl heraus, und einen Augenblick später sah Dave, wie sich plötzlich zu seiner Linken hinter Levon ein freier Raum auftat und die Feinde zurückfielen.
    Und schon war dieser Raum von Matt Sören, dem König der Zwerge erfüllt, der in grimmigem, wütendem Schweigen kämpfte. Seine Kleider waren zerfetzt und blutgetränkt, als er über die Körper der Toten vorwärtswatete, um die Zwerge in die Lücke zu führen.
    »Gut getroffen, König der Zwerge!« erhob sich Ivors Stimme hoch über das Kampfesgetümmel. Mit einem Freudenschrei stieß Dave vorwärts, Levon war ihm schon voraus, sie mischten sich unter Matts Streitkräfte und begannen wieder vorzurücken.
    Ra-Tenniel, blendend schnell auf seinem Raithen, war plötzlich auch neben ihnen. »Wie geht es am linken Flügel?« sang er.
    »Aileron hat uns hierher geschickt. Er meint, sie werden sich halten können!« schrie Matt zurück. »Aber ich weiß nicht, wie lange. Dort drüben sind Galadans Wölfe. Wir müssen zusammen durchbrechen und dann im Bogen nach Westen stoßen!«
    »Dann komm!« rief Levon, preschte an ihnen vorbei und ritt nordwärts, als wolle er die Türme von Starkadh selbst erobern. Ivor hielt sich zur Rechten seines Sohnes.
    Auch Dave trieb sein Reittier vorwärts und beeilte sich, ihnen zu folgen. Er musste ihnen nahe bleiben, um sie zu schützen, wenn er es vermochte, um alles zu teilen, was ihnen widerfuhr.
    Plötzlich spürte er einen heftigen Luftzug und sah, wie ein riesiger, rasender Schatten über Andarien fegte.
    »Gute Götter!« schrie Sorcha, der rechts von Dave ritt. Ein ungeheurer, tosender und brüllender Klang ertönte.
    Dave blickte empor.
     
    Als es dämmerte, wachte Leila auf. Sie hatte eine schreckliche, ruhelose Nacht erlebt und fühlte sich fiebrig und voller Angst. Als Shiel sie holen kam, befahl sie ihr, an ihrer Stelle als Priesterin

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