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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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Gewichtsverlagerung trug den Slaug einige Schritte zur Seite. Wäre Diarmuid noch frisch gewesen, so hätte er dies ausnützen können, um von neuem mit einem Angriff zu beginnen, aber sein Pferd hechelte mit verzweifeltem Heben und Senken seiner schaumbedeckten Flanken nach Luft, und sein linker Arm wurde allmählich gefühllos, aus dem tiefen Riss der Wunde breitete sich allmählich Kälte aus, die bis tief über seine Brust reichte.
    Die kurze Ruhepause nutzte er auf die einzig mögliche Weise, um seinem Pferd ein wenig Ruhe zu gönnen. Es dauerte einige Sekunden, nicht mehr, und das genügte nicht. Er dachte nun an seine Mutter und an den Tag, an dem sein Vater starb. So viel schien gestern geschehen zu sein. Er dachte an Aileron und an all die Dinge, die in all diesen gestrigen Tagen unausgesprochen blieben.
    Und als Uathach den Slaug dann wieder herumlenkte, flüsterte Diarmuid dan Ailell seinem Pferd ein letztes Mal ins Ohr und spürte, wie es sich auf das Murmeln seiner Stimme hin gehorsam und tapfer aufstellte. Er ließ eine Ruhe in sich aufsteigen, und aus dieser Ruhe in sich rief er sich Sharras Antlitz ins Gedächtnis, durch deren dunkle Augen … Tore zur Seele eines Falken … die Liebe so unerwartet in ihn eingetreten war, um bei ihm zu bleiben. Und diese Liebe hatte ihn bis zu diesem Augenblick getragen, ihr Bild wohnte in seinem Bewusstsein und mit ihr das sichere, kraftspendende Wissen um ihre Liebe. Und diese Liebe trug ihn nun über den dunklen Boden von Andarien nach vorne, um das letzte, was er tun konnte, zu tun.
    Er ritt geradewegs auf den Slaug zu, und sein Ross setzte seine letzten Kräfte ein, um noch einmal schnell und mutig nach vorwärts zu galoppieren, im letzten Augenblick riss er es scharf nach links und versetzte Uathach den heftigsten Schlag, dessen er fähig war.
    Er wurde pariert. Und er wusste es. All seine Hiebe waren abgeblockt worden. Und nun folgte der ungeheure, nach unten gerichtete Gegenschlag vom Schwert des Urgach. Wie all die anderen zuvor würde auch dieser ihn zurücktreiben, würde ihn zutiefst erschüttern, wenn er ihn zu parieren versuchte. Das würde seinen Arm betäuben und das unausweichliche Ende näher rücken lassen.
    Er parierte ihn nicht. Er riss sein Pferd kraftvoll zur Seite, um wenigstens ein bisschen Raum gewinnen zu können, so dass Uathachs Klinge seinen Körper nicht vollständig zertrennen würde. Und er nahm diesen schrecklichen Schlag mit seiner linken Seite unmittelbar unter dem Herzen in sich auf … er wusste, es war das Ende.
    Und als dann gleißender Schmerz in der Finsternis in ihm explodierte, sich unbeschreiblich auftürmte, als sein Lebensblut aufspritzte und auf die Steine herabtroff, vollbrachte Diarmuid dan Ailell mit der letzten Kraft seiner Seele, dem letzten Stück Selbstkontrolle die entscheidende Tat seines Lebens. Im Geiste sah er Sharras Antlitz vor sich, und nicht Uathach, er erhob sich über seinen Todesschmerz, mit der Linken ergriff er den haarigen Arm, der das schwarze Schwert hielt, zog sich nach vorne, als hätte er einen langgesuchten Traum von überwältigendem Licht gefunden, und mit der Rechten stieß er seine blitzende Klinge ins Gesicht des Urgach, so dass sie an seinem Hinterkopf wieder hervorkam. Unmittelbar nach Sonnenuntergang tötete er ihn in Andarien.
     
    Sharra beobachtete ihn wie aus weiter Ferne. Als die Dunkelheit hereinbrach, sah sie durch einen Tränenvorhang, der alle Umrisse verschwimmen ließ, wie er seine Wunde bezog, wie er Uathach tötete, sah, wie das wunderschön aufgezäumte Ross von unten her vom Horn des Slaugs hässlich aufgeschlitzt wurde. Der Urgach fiel zu Boden. Von den Svart Alfar konnte sie Schreckensschreie hören, und sie vernahm den Todesschrei des sterbenden Pferdes. Sie sah, dass Diar zur Seite fiel, als sich das Pferd in seinem Todeskampf zu Boden rollte und mit den Hufen ausschlug. Sie sah, wie sich der Slaug in heller Wut im Blutrausch gegen den Mann am Boden wandte, um ihn in Fleischfetzen zu zerreißen … sie sah einen Speer, dessen Spitze bläulich-weiß schimmerte, durch die Dunkelheit blitzen, er bohrte sich in die Kehle des Slaug und tötete ihn auf der Stelle. Danach sah sie nur mehr den Mann, der am Boden lag.
    »Komm, Kind«, bat Arthur Pendragon, der den König Speer bei dieser Beleuchtung und aus so großer Entfernung so unglaublich weit geworfen hatte. Er berührte sanft ihren Arm. »Lass mich dich zu ihm führen.«
    Sie ließ sich von ihm hinab geleiten, durch

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