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Das Kind des Schattens

Titel: Das Kind des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guy Gavriel Kay
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auf Arthur. Er war am ganzen Körper von Blut besudelt, über seinem Auge strömte es unaufhaltsam aus einer tiefen Wunde und blendete ihn teilweise. Kim trat nach vorne und wartete, bis er Tabor, der nun von vielen Händen in Empfang genommen wurde, niedergelassen hatte. Dann hieß sie ihn absteigen und pflegte seine Wunde, so gut sie konnte. Und selbst durch den Handschuh, den Lancelot trug, konnte sie seine zerstörte Handinnenfläche sehen, aber es gab nichts, was sie oder sonst jemand dafür hätten tun können. Hinter ihr kümmerten sich Jaelle und Sharra um Tabor, und Loren hatte sich neben Barak niedergekniet, der das Bewusstsein verloren hatte. Sie würden sich erholen, das wusste sie. Beide würden sie sich erholen, wenn auch Tabor eine innere Wunde davongetragen hatte, die nur die Zeit heilen konnte … falls sie überhaupt noch Zeit hatten, falls es ihm erlaubt sein würde, den heutigen Tag zu überleben.
    Arthur ertrug nur ungeduldig ihre Hilfeleistungen. Während sie ihn behandelte, sprach er ohne Unterlass und gab den versammelten Auberei kurze Anweisungen. Einen von ihnen schickte er zu Ivor, er sollte ihm die Botschaft von seinem jüngsten Sohn bringen. Unten auf der Ebene hatte das Heer des Lichtes wieder zu kämpfen begonnen, diesmal mit einer Leidenschaft und Hoffnung, die an diesem Nachmittag einmalig war. Herabblickend sah Kim, wie Aileron einen tödlichen Korridor durch die Urgach und die Wölfe grub, zusammen mit Diarmuids Männern schlug er sich nach Nordosten durch, um zu den Zwergen im Zentrum aufzuschließen.
    »Jetzt haben wir eine Chance«, stellte Teyrnon fest, der vor Erschöpfung keuchte. »Tabor hat uns eine Chance gegeben.«
    »Ich weiß«, bestätigte Arthur. Er drehte sich von Kim weg und schickte sich an, wieder nach unten zu galoppieren.
    Dann hielt er inne. Lancelots Gesicht neben ihm war ebenso aschfahl geworden wie Tabors Antlitz. Kim folgte ihrem Blick und fühlte, wie ihr Herz in unbeschreiblicher Qual schwer pochte.
    »Was ist los?« fragte Gereint dringlich. »Verrate mir, was du siehst!«
    Ihm sagen, was sie sah. Gerade jetzt, als die Hoffnung aus dem Feuertod wiedergeboren worden war, offenbarte sich ihr das Ende aller Hoffnungen.
    »Verstärkungen«, sagte sie. »Unendlich viele, Gereint. Unendlich viele kommen von Norden und stoßen zu ihrem Heer. Es sind zu viele, Schamane. Ich glaube, es sind zu viele.«
    Auf dem Bergrücken war Schweigen. Doch dann widersprach Gereint ruhig: »Vielleicht nicht.«
    Auf diese gelassenen Worte hin wandte Arthur sich um. In seinen Augen leuchtete eine Leidenschaft, wie Kim sie nie zuvor gesehen hatte. Wie im Echo stimmte er zu: »Du hast recht, Schamane. Es ist nicht zwangsläufig.« Und das Raithen sprang über den Grat hinab und trug den Krieger in den Krieg zurück.
    Nur eine Sekunde zögerte Lancelot. Kim sah ihn wie gegen seinen Willen zu Guinevere hinüberblicken, die auch ihn anschaute. Kein Wort wurde zwischen ihnen gesprochen, aber es lag ein Abschied in der Luft und eine Liebe, der selbst jetzt der Trost und die Erleichterung versagt waren, welche die Worte hätten vermitteln können.
    Dann zog auch er wieder sein Schwert und stürmte zur Schlacht zurück.
    Jenseits des Schlachtfeldes, im Norden, verschwand die Ebene von Andarien aus dem Auge, sie war schwarz von dem Auf und Ab der vorrückenden zweiten Welle von Rakoths Heer: Und diese Welle war fast ebenso groß wie die erste, und die erste war fast schon zu groß gewesen. Der Drache war tot, aber das schien jetzt gar nicht mehr wichtig. Sie hatten Zeit gewonnen, ein wenig Zeit, die in Feuer geformt und mit Blut bezahlt wurde, und dennoch steuerte alles demselben Ende zu, und das war die Finsternis.
    »Sind wir verloren?« fragte Jaelle, die neben Tabor kniete. Kim wandte sich zu ihr, aber unter all den Menschen, die da oben versammelt waren, war es Paul, der ihr antwortete.
    »Vielleicht«, räumte er mit einer Stimme ein, die plötzlich mehr trug, als nur seinen eigenen Tonfall. »Ich fürchte, es ist wahrscheinlich. Aber es gibt im Gewebe dieses Tages noch einen einzigen Zufallsfaden für uns, und ich werde der Finsternis die Herrschaft nicht zugestehen, solange dieser Faden nicht verloren ist.«
    Noch während er sprach, kam Kims Wissen wie in einem Traumbild über sie. Einen Augenblick lang schaute sie auf Jennifer und dann gen Norden, jenseits des Schlachtfeldes, wo sich Maugrims Verstärkungen donnernd näherten. Sie waren inzwischen gesichtet worden und lösten auf

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