Das Kind des Schattens
komm!«
Einen Augenblick lang regte Lancelot sich nicht. Und dann strahlte in seinen Augen etwas auf, was er so lange zurückgehalten hatte, was er sich so lange verweigert hatte, es strahlte heller als irgendein Stern. Er trat nach vorne, ergriff Arthurs und Guineveres Hand, und sie zogen ihn an Bord. Und so standen sie zu dritt, die Wunden des Kummers einer langen Geschichte waren schließlich geheilt.
Flidais lachte vor Freude laut auf und zog rasch an der Leine, die das weiße Segel hisste. Ein Wind aus dem Osten kam auf, und als das Boot dann wegzugleiten begann, sah Kim, dass Paul sich nun endlich bewegte. Er kniete neben einer grauen Gestalt nieder, die sich neben ihm materialisiert hatte. Einen Augenblick lang vergrub er sein Gesicht tief im zerrissenen Pelz des Hundes, der ihn auf dem Baum gerettet hatte … der ihn gerettet hatte, damit das Rad der Zeit sich drehe und diesen Augenblick erreiche, der auf sie in Andarien wartete.
»Leb wohl, großes Herz«, hörte Kim ihn rufen, »ich werde es niemals vergessen.«
Diesmal war es seine eigene Stimme, kein Donner lag in ihr, sondern nur eine reiche Trauer und eine tiefe Freude. Genau das fühlte sie auch in sich, als Cavall sich in einem großen Satz vom Land wegschnellte und genau zu Arthurs Füßen landete, als das Boot sich nach Westen wandte.
Und so trat das ein, was Arthur in Cader Sedat dem Hund versprochen hatte, der in so vielen Kriegen sein Gefährte war, dass ein Tag kommen würde, an dem sie nicht voneinander scheiden müssten.
Dieser Tag war gekommen. Unter dem silbernen Glanz des Mondes fing das lange schlanke Boot den anschwellenden Wind auf und trug sie, Arthur, Lancelot und Guinevere, hinweg. Es segelte am Vorgebirge vorbei, und von jener einsamen Anhöhe aus hob Shahar eine Hand zum Lebewohl, und alle drei grüßten zurück. Und dann schien es all jenen, die auf der Ebene standen und zusahen, dass dieses Schiff in die Nacht aufstieg und nicht der Krümmung der Erde folgte, sondern einen anderen Weg einschlug.
Es fuhr weiter und immer weiter und erhob sich immer mehr aus dem Wasser des Meeres, das zu keiner Welt und zu allen gehörte. So lange, wie sie nur konnte, strengte Kim sich an, um Guineveres blondes Haar, Jennifers Haar, im Auge zu behalten, das im hellen Mondlicht leuchtete. Dann verschwand es in der fernen Dunkelheit, und das letzte, was sie sahen, war das Blitzen von Arthurs Speer. Es glich einem neuen Stern im Himmel.
Kapitel 18
Niemand konnte sich an eine Ernte erinnern wie die, welche das Großkönigtum am Ende dieses Sommers erlebte. Auch in Cathal waren die Scheunen voll, und die Gärten von Larai Rigal wurden jeden Tag immer noch schöner, immer bunter und lebhafter von Blumendüften durchzogen. Auf der Ebene donnerten Eltorherden über das satte grüne Gras, und unter dem weiten Himmel war das Jagen leicht und fröhlich. Aber nirgendwo wurzelte das Gras so tief wie auf Ceinwens Hügel bei Celidon.
Selbst in Celidon war der Boden wieder reich geworden … buchstäblich über Nacht, nachdem die Wogen, die gekommen waren, um den Krieger wegzutragen, wieder zurückgewichen waren. Es wurde davon gesprochen, wieder dort zu siedeln, und auch am Sennettstrand. In Taerlindel und in Cynan und Seresh hieß es, dass man Schiffe bauen wolle, um die lange Küste auf und nieder zu segeln: Jenseits des Anor Lisen und der Felsen von Ruth bis nach Sennett und zur Lindenbucht. Es wurde über vieles geredet, als der Sommer zu Ende ging, und es waren Worte, die aus Frieden und einer ruhigen Freude gewoben waren.
Während der ersten Wochen nach der Schlacht war kaum Zeit zum Feiern gewesen. Das Heer von Cathal war unter ihrem Oberherrn nach Norden geritten, und zusammen mit Matt Sören hatte Shalhassan die Aufgabe übernommen, die letzten Reste der Urgach und der Svart Alfar, die dem Bael Andarien entkommen waren, auszumerzen. Der König der Zwerge wollte sein Volk nicht zur Ruhe kommen lassen, solange nicht die letzten Diener Maugrims erschlagen waren.
Die Dalrei, die sehr unter den Kriegen hatten leiden müssen, zogen sich nach Celidon zurück, um sich zu beraten, und die Lios Alfar machten sich auf den Rückweg nach Daniloth. Nach Daniloth, aber das war nicht mehr das Schattenland. Zwei Monate nach der Schlacht, die den Krieg beendet hatte, und nachdem die Zwerge und die Männer von Cathal mit ihrer Arbeit fertig waren, hatte man in einer sternenglitzernden Nacht noch im Süden in Paras Derval einen Glanz sehen können, der
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