Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Kind

Titel: Das Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
Vom Netzwerk:
getan.«
»Gut. Ziehen Sie ein Tuch heraus und pressen Sie es sich direkt über Nase und Mund.«
»Nein«, antwortete er instinktiv. Er brauchte keinen Totenkopfaufkleber, um zu erkennen, wie giftig die Substanz war, deren Dämpfe bereits das Auto erfüllten. »Ich dachte, Sie wollen Ihren Sohn wiedersehen?« »Ja, aber ich will nicht sterben.«
»Wer sagt denn, dass das geschieht? Ich bitte Sie doch nur, sich das Tuch aufs Gesicht zu legen.«
»Und was passiert, wenn ich mich weigere?« »Nichts.«
»Nichts?«
»Nein. Sie können aussteigen und nach Hause laufen.« Und niemals erfahren, wo mein Sohn ist.
»Aber es wäre ein Fehler. Jetzt, wo Sie schon so weit gegangen sind.«
»Sie lügen. Diese Aufnahmen sind eine Fälschung.« »Sind sie nicht.« Die »Stimme« atmete schwer aus. »Dann erklären Sie mir, wie Sie es gemacht haben. Sie sagen, es waren zwei Babys.« Sterns Stimme wurde brüchig, überschlug sich bei jeder Frage. »Warum haben wir es nicht bemerkt? Zu wem gehörte das andere? Weshalb haben Sie es vertauscht?«
Und wieso hat es all die Jahre niemand vermisst, nachdem es
in Sophies Armen gestorben ist?
»Also gut, ich werde es Ihnen erklären. Doch dann sind Sie wieder an der Reihe.«
Stern schloss den Deckel und schüttelte den Kopf. »Damit Sie alles verstehen, müssen Sie wissen, wie ich mein Geld verdiene.«
»Sie handeln mit Kindern.«
»Unter anderem. Wir haben viele Geschäftsbereiche. Aber der Handel mit Neugeborenen zählt zu den lukrativsten.« Stern schluckte schwer und sah in den Rückspiegel. Zwei Minuten nach sechs Uhr. Der »Rächer« war immer noch nicht erschienen.
»Mein Geschäftsmodell basiert auf der wundervollen Erfi ndung der Babyklappe. Sie kennen doch diese MenschenMülltonnen in Krankenhäusern, in die eine Mutter ihr ungewolltes Kind hineinwerfen kann, anstatt es irgendwo anders auszusetzen oder gar zu töten?«
»Ja.«
Aber was hat das mit Felix zu tun?
»Wann haben Sie das letzte Mal davon gehört, dass ein Baby
dort abgegeben wurde? Angeblich geschieht das sehr, sehr selten. Höchstens zweimal im Jahr. Doch das ist eine Lüge. In Wahrheit passiert es ständig.«
Die »Stimme« schnalzte mit der Zunge.
»Sobald eine Mutter ihr Kind in der Klappe entsorgt, wird ein stummer Alarm in der Klinik aktiviert. Jemand vom Personal erscheint und kümmert sich um den Findling. Und in zwei von drei Fällen ist es ein Pfl eger, der auf meiner Gehaltsliste steht.«
»Nein!«, röchelte Stern.
»Doch. Das ist der Vorteil eines stummen Alarms. Niemand hört ihn. Überwachungskameras sind vor der Klappe aus Datenschutzgründen verboten. Die Krankenhausleitung bekommt also gar nicht mit, wie viele Kinder tatsächlich abgegeben werden. Ich muss sie nur noch einsammeln, wenn Mütter erscheinen, die freiwillig ihr Kind wegwerfen. Das Geniale daran ist: Es sind meistens deutsche Babys. Dafür werden von kinderlosen Paaren Höchstpreise gezahlt. Eigentlich ein ganz einfaches Geschäft, wenn nicht irgendjemand ständig meine Mitarbeiter umbringen würde.« Sterns Übelkeit steigerte sich ins Unermessliche. Es war das perfekte Verbrechen. Die Kinderhändler mussten noch nicht einmal das Risiko einer Entführung eingehen. Die Babys wurden ihnen »freiwillig« übergeben, und es gab danach auch keine Eltern, die verzweifelt nach ihrem vermissten Kleinkind suchten.
»Ich verstehe immer noch nicht, was das mit Felix zu tun hat.« Robert fühlte sich am Ende seiner Kraft. Der Wind rüttelte mit unverminderter Härte von draußen am Wagen; er hätte leichtes Spiel mit ihm gehabt.
Die »Stimme« machte eine kurze Pause, in der Robert die Luft anhielt. Dann brachen die Dämme: »Felix war zur rich tigen Zeit im falschen Krankenhaus. Einen Tag vor seiner Geburt lag ein anderes, sehr niedliches Baby in der Klappe der Klinik. Ich informierte meine ungeduldigen Käufer von der glücklichen Fügung. Doch dann wurde bei der ersten Untersuchung durch einen meiner Ärzte ein tödlicher Herzfehler bei dem Findelkind diagnostiziert.« Stern spürte, wie sich ein Ring um seine Brust legte. »Es war von Anfang an zum Tode verurteilt. Eine Operation war aussichtslos und kam ohnehin nicht in Frage. Niemand durfte ja von der Existenz dieses Kindes wissen.« Der Ring zog sich noch enger zu.
»Verstehen Sie meine schwierige Lage: Es war eines meiner ersten Geschäfte. Ich konnte und wollte den Deal nicht mehr rückgängig machen. Andererseits wollte ich auch keine schlechte Ware übergeben.«
»Also haben Sie die

Weitere Kostenlose Bücher