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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Die Enttäuschung am anderen
Ende der Leitung war spürbar. Ich versprach, bald nach Hause zu kommen. Das munterte sie etwas auf. Ich wollte gerade das Zimmer verlassen, als es klingelte. Kurz vor halb sieben. Ich öffnete, und vor mir stand Connie.
    »Darf ich reinkommen?«
    Connie ging an mir vorbei und musterte interessiert den Flur von oben nach unten. Vor allem die vergilbten und neueren Aufrufe zu Friedensdemonstrationen und das Poster eines ölverklebten Kranichs faszinierten sie.
    »Interessant. Deine neue Klientel?«
    »Was gibt’s?«
    Ich schloss die Tür, blieb aber im Flur stehen. Sie trug einen ultrakurzen Minirock zu einer Chanel-Jacke und höchstens ein Mal getragene Velourslederpumps. Ihre dunklen Haare fielen glatt und lang wie ein dunkler Samtschal fast bis an ihre Taille. Als sie eine Strähne nach hinten warf, klimperte ein goldenes Kettenarmband. Connie sah teuer aus. So, als ob sie jemanden gefunden hätte, der sie sich leisten konnte. Sie lächelte mich an mit ihrem sorgfältig auf zart geschminkten Mund.
    »Sehnsucht«, antwortete sie. »Hast du was zu trinken?«
    Ich ging Richtung Küche.
    »Leitungswasser, Beuteltee und Kaffee Kaulsdorfer Art.«
    »Ach, echt? Mit Satz? So einen will ich.«
    Ich setzte Wasser auf und bat sie, Platz zu nehmen.
    Sie setzte sich vorsichtig, damit das Sonnengeflecht der alten Chippendale-Stühle ihren Nylons nicht zu nahe kam. Dann strahlte sie mich an. »Ich bin verliebt«, sagte sie. »Und Verliebte tun die komischsten Sachen. Dich besuchen, zum Beispiel.«
    Ich suchte zwei Kaffeebecher und das Pulver heraus. »Und wer ist der Glückliche?«
    Sie lächelte immer noch, wie eine kleine Sonne. »Das sag ich nicht. Es ist noch nicht lange. Ich will es nicht kaputtmachen. Er weiß nicht, dass ich hier bin. Aber ihr kennt euch.«

    Ich nickte. »Zucker? Milch?«
    »Schwarz«, hauchte sie.
    Ich setzte mich ihr gegenüber. Es waren nicht nur die teuren Sachen, die sie trug. Ihre gesamte Gestik und Art war anders. Connie saß kerzengerade mit damenhaft züchtig übereinandergeschlagenen Beinen. Das würde nicht lange anhalten, denn die Haltung war unbequem. Balletttänzerinnen hatten sie seit ihrer frühesten Jugend. Connie nicht. Aber für eine halbe Stunde würde die Disziplin reichen. Zeit genug, um vor mir ihre kleine Scharade abzuspielen.
    Sie legte eine kleine, sündhaft teure Handtasche auf den Tisch und entnahm ihr eine Packung Cartier. »Darf ich? Ich setze mich auch ganz nah ans Fenster.«
    Ich nickte, und sie zündete sich die Zigarette mit einem eleganten goldenen Feuerzeug an. Wer es auch war, er hatte an der Basisausstattung nicht gespart. Vermutlich hatte sie auch schon das kleine Vuitton-Koffer-Set. Das Kaffeewasser kochte. Ich stand auf und goss es in die Becher. »Und?«, fragte ich. »Die Sehnsucht allein ist es wohl nicht.«
    »Hier ist irgendwo Party, stimmt’s? Gehst du auch hin nachher? «
    »Nein. Ich muss nach Hause. Meine Mutter wartet mit dem Abendessen auf mich.«
    Connie kicherte und hielt sich dabei ein bisschen zu geziert die Hand vor den Mund. Hätte sie jetzt noch einen Hut auf, könnte sie ohne Probleme in der Centre-Court-Lounge des Tennisclubs sitzen.
    »Hast du eine Gehaltserhöhung bekommen? Du siehst sehr gut aus.«
    Sie lächelte. »Es fällt auf, nicht? Harry kriegt ziemliche Augen, wenn er mich jetzt sieht. Und Meinerz traut sich jetzt kaum noch, meinen Arsch anzusehen. Ulkig, wie unterschiedlich Männer reagieren.«

    »Und Utz?«
    Ihr Lächeln brach ab. »Herr von Zernikow? Er ist nicht da.«
    Dann stand sie auf und suchte etwas, bis ich ihr eine Untertasse hinüberschob. Kevin hatte sie auch schon als Aschenbecher benutzt. Sie setzte sich wieder.
    »Was ist mit ihm?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Er ist krank, glaube ich. Die Sache mit dir hat ihm sehr zugesetzt. Erpressung, sagt Harry. Hast du Herrn von Zernikow erpresst?«
    »Nein«, sagte ich.
    Sie sah mich an und nickte dann langsam. Sie drückte die Zigarette aus und probierte von ihrem Kaffee. »Uii«, machte sie und verzog das Gesicht.
    »Du musst umrühren und warten, bis er sich setzt.«
    »Das musst du mir nicht erklären.« Energisch rührte sie in dem Gebräu.
    »Ist er ernsthaft krank?«
    »Ich weiß es nicht. Er war seit zwei Tagen nicht in seinem Büro. Das hat er noch nie gemacht.«
    Sie strich beiläufig über das edle Schloss ihrer Handtasche. Jede Geste von ihr dominierte der Stolz, es endlich geschafft zu haben. Ich hoffte, der Kerl meinte es ernst.

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