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Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen

Titel: Das Kindermädchen - Herrmann, E: Kindermädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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Wende. Abel verlangt die Rückübertragung, vergisst aber, dass das Haus schon längst der Allgemeinheit gehört. Auch elitäre Ruderclubs sind Sportvereine, die besonderen Schutz genießen. Er streitet sich einige Jahre und stellt dabei fest, dass sein eigener Sohn ein Weichei ist. Dem kann er nicht mit Kriegsbeute kommen. Der würde sofort alles dem nächsten Museum schenken. Aber der Enkel. Aaron ist aus dem gleichen Holz geschnitzt wie der Alte. Die beiden verstehen sich. In seinem Testament schreibt er, wo Abel graben muss.«
    Utz und Sigrun hörten mir zu. Sie schrien nicht auf, sie nahmen mich nicht auseinander, sie hörten zu.
    »Aber«, fuhr ich fort, »Aaron ist nicht so schlau wie sein Großvater. Er kann nicht warten. Er holt sich einen Bagger und fängt einfach an. Natürlich wird er erwischt, und der Liegenschaftsfonds erzwingt den Baustopp. Aaron ist außer sich. Es geht um Millionen. Er ist so nah dran. Er ist der Einzige, der weiß, was
im Keller verborgen ist. Er versucht es sogar heimlich mit dem Schlagbohrer. Doch da passiert das Unfassbare. Die totgeglaubte Natalja taucht auf. Die Zeugin.«
    Ich holte tief Luft. Es passte. Alle Indizien ergaben ein Ganzes, jedes Mosaiksteinchen fand seinen Platz. Ich hätte das alles notieren sollen. Es war bereits die perfekte Anklageschrift. Der Staat gegen Aaron von Lehnsfeld.
    Aber etwas hing noch in der Luft. Ein nicht zu Ende gedachter Gedanke, ein wichtiger Hinweis. Ich wusste, dass noch etwas fehlte, und ich bekam es nicht zu fassen. Ich sah den Kachelofen in der Ecke. Er erinnerte mich an etwas, doch ich wusste nicht, an was.
    »Die einzige Zeugin«, sagte Sigrun.
    Ich nickte. »Und die Einzige, die etwas über die wahre Herkunft des Kreuzes weiß. Und vielleicht hat sie sogar gesehen, was damals in diesen Keller geschafft wurde.«
    Utz schwieg. Ich hoffte, dass er eines Tages Mitleid empfinden konnte mit dem verführten und manipulierten Kind, das er gewesen war. Dass er Frieden mit sich schließen und sich selbst verzeihen würde. So vieles war verborgen worden unter dicken Schichten des Schweigens. Er hatte gelebt und geliebt, aber immer nur mit halber Kraft, gebremst von etwas Unausgesprochenem, das ihn ungewollt zum Täter gemacht hatte. Die bitterste Erkenntnis aber kam erst jetzt hinzu: das Gefühl, auch eines der Opfer zu sein.
    »Aaron hat Olga ermordet«, fuhr ich fort. »Wahrscheinlich hat er gehofft, dass nach diesem vermeintlichen Unfall erst einmal Ruhe einkehren würde. Aber dann ist Milla aufgetaucht. Sie wusste nicht, was geschehen war. Sie wollte einfach nur die Unterschrift. Ihre Methoden waren etwas unkonventionell, und deshalb hatte Aaron das nächste Problem am Hals. Er versuchte es mit ihr auf die gleiche Weise wie mit Olga. Das Attentat ist misslungen, aber er hatte zumindest etwas Zeit gewonnen. Zwei
Mal der gleiche Tathergang. Zwei Mal die gleiche Verbindung: zu euch und zu den Lehnsfelds.«
    Sigrun klopfte ungeduldig mit den Fingerspitzen auf die Sessellehne. »Und du hast deine Anwaltsfreundin eingeweiht, die sich daraufhin mit Freuden in den Klassenkampf gestürzt hat. Warum hast du nicht erst mit uns darüber geredet?«
    »Wie bitte?« Die Zernikows waren einfach unglaublich. »Das habe ich versucht. Wenn du deine Eifersucht ein bisschen besser im Griff gehabt hättest, müsste ich jetzt nicht herumlaufen wie eine Mischung aus Frankenstein und Halloween-Kürbis.«
    »Eifersucht?«, fragte Sigrun. »Du bist nächtelang nicht nach Hause gekommen. Und wenn ich dich morgens einmal zufälligerweise unter der Dusche getroffen habe, hast du dir irgendein billiges Drogerie-Parfum abgespült. Erzähl mir doch nicht, dass zwischen euch nichts gelaufen ist.«
    »Bitte«, sagte Utz.
    »Lass mich ausreden!« Sie sprach jetzt mit mir in dem gleichen Ton, den sie auf Landesparteitagen für die Opposition reserviert hatte: schneidend und kalt. »Und weißt du, was das Beste ist? Du redest hinter meinem Rücken mit diesem fetten Fotografen. Du erzählst ihm Lügen über mich. Du lässt dir Fotos bringen, um irgendeine miese Kampagne gegen mich zu starten. Du bist genau auf dem gleichen Niveau wie dieser Unmensch, der mich jeden Tag anruft und fertigmacht.«
    »Bitte!« Utz hob jetzt beide Hände, um Frieden zu stiften.
    Vergeblich. Ich war auch noch nicht fertig. »Diese Fotos sind nur als Beweismaterial wichtig, aber das kannst du ja nicht mehr auseinanderhalten. Verena hat einen Ring getragen, der eindeutig aus einem Kunstraub stammt. Und

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