Das Kleine Buch Der Wahren Liebe
vertiefen die Liebe und führen uns in den Grund unserer Liebe, in den Grund, in dem Gottes Liebe uns miteinander verbindet. Es gibt heute natürlich viele andere Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren. Da ist das Telefon, das uns auch bei Trennung miteinander verbindet. Oder wir schreiben uns kurze Botschaften per SMS. All das sind Zeichen unserer Verbundenheit und all das können zugleich Wege sein, die Verbundenheit zu vertiefen.
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Ein Weg, die Beziehung zu stärken, ist die Erinnerung an den Beginn. Was hat uns damals zusammengeführt? Was war die Faszination? Die Liebe, die einmal war, ist nicht einfach vergangen. Sie hat sich vielleicht verändert oder sie ist abgeflacht. Ich kann auch nicht die Gefühle wiederholen, die im Verliebtsein in mir aufgebrochen sind. Denn diese intensiven Gefühle haben immer auch mit Projektion zu tun. Die Frau, in die ich mich verliebe, weckt in mir starke Gefühle. Sie berührt meine tiefe Sehnsucht nach Einssein. Sie bringt mich in Berührung mit den Gefühlen, die tief in meiner Seele schlummern und geweckt werden wollen. Aber wenn ich mich an den Beginn erinnere, dann spüre ich nicht nur das Verliebtsein und die Gefühle, sondern auch eine Ahnung von dem Kostbaren und Einzigartigen, was diese Frau verkörpert. Zumindest hat es mich damals angesprochen. Vielleicht habe ich in ihr die Verheißung von Glück, von Mütterlichkeit, von Schönheit, von Lebendigkeit, von Liebe gesehen. Was bleibt von dieser Verheißung übrig? Wenn ich all die tiefen Gefühle einmal beiseite lasse und nüchtern anschaue, was mich zu dieser Frau hingezogen hat, was taucht dann auf? Es ist ja etwas, das bei aller Projektion doch auch in diesem Menschen liegt. Und es liegt heute noch in ihm. So kann die Erinnerung an früher mich offen machen für das, was diese Frau oder diesen Mann ausmacht. Und ich kann von neuem Ja sagen zu dieser konkreten Person. Sie hat im Laufe der Zeit auch andere Seiten gezeigt. Aber das, was mich |103| damals angezogen hat, ist auch noch in ihr. Und wenn ich diesen Menschen von dieser Seite aus betrachte, erscheint er mir in einem anderen Licht. Und ich komme wieder mit der Liebe in Berührung, die damals in mir aufgebrochen ist.
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Die Treue entspricht der tiefsten Sehnsucht des Menschen. Treue kommt von Festigkeit. Treue gibt den Ehepartnern einen festen Grund, auf dem sie stehen können. Treue – so sagt der Philosoph Friedrich Bollnow – ist immer Du-Treue. Ich verspreche nicht ein Verhalten, sondern ich verspreche mich dem anderen.
Ich verspreche, dem anderen gegenüber treu zu sein. Manche meinen, wir könnten keine Treue versprechen, wir müssten uns ja jeden Augenblick neu entscheiden. Doch Bollnow sagt zurecht, dass die Treue mich als Person in einer guten Weise festlegt. Sie zeigt mir, dass ich über den Augenblick hinausreiche. Treue spricht bei allen Wandlungen, die wir durchmachen, das Gleichbleibende in uns an, das was unsere Identität im tiefsten ausmacht. Dem anderen Treue zu versprechen, bedeutet, „durch alle Wandlungen, die sich in mir und in anderen vollziehen werden, treu zu bleiben. Ich sage ja zu Menschen, die sich verändern werden, sage ja zu etwas, das sich erst im Dunkel der Zukunft enthüllen wird“. Auch wenn die Treue manchmal nicht durchgehalten werden kann, ist in ihrem Versprechen doch die Ewigkeit mitgemeint. Wir versprechen immer dauerhafte, also ewige Treue. Darin liegt die Bereitschaft, mit dem anderen durch alle Schwierigkeiten des Lebens hindurchzugehen. Dieses Versprechen gibt vielen Menschen Kraft, Konflikte miteinander in guter Weise durchzustehen.
|105| Aber bei allem Ernst des Versprechens wissen wir auch, dass es Scheitern gibt. Das Versprechen der Treue verhindert das Scheitern nicht. Aber es gibt auch dem Scheitern seinen Ernst. Es lässt uns nicht bei der ersten Schwierigkeit den Bund auflösen.
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Bei der kirchlichen Hochzeit versprechen die beiden Partner sich gegenseitig die Treue „in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit.“ Und sie fahren fort: „Ich will dich lieben, achten und ehren, solange ich lebe.“ Es ist ein großes Wort, das sich die Ehepartner im Vermählungsspruch einander zusagen. Es kommt darauf an, dieses Wort dann durchzuhalten. Denn es kommen Tage, die nicht so gut sind. Tage, wo man sich auf die Nerven geht, wo die Ehe in eine Krise gerät, da man das gemeinsame Fundament nicht mehr sieht. Den anderen auch dann lieben, wenn böse Tage kommen,
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