Das Kleine Buch Der Wahren Liebe
Sie wird zur Erotik, die unseren Beziehungen Spannung, Lebendigkeit und Kraft verleiht. Und die Sexualität soll auch in die Beziehung zu den Dingen einfließen, indem wir sinnlich die Dinge wahrnehmen und uns daran freuen. Und letztlich möchte die Sexualität auch in unsere Beziehung zu Gott integriert werden. Das geschieht in einer mystischen Spiritualität.
Sexualität und Erotik wollen die Liebe in uns wachhalten. Ohne Liebe vertrocknet unser Leben.
Lust hat in sich etwas vom Geschmack der Ewigkeit, letztlich etwas vom Geschmack Gottes. Sie weist über sich hinaus in eine religiöse Dimension. Wer die Lust mit allen Sinnen erlebt, der ahnt etwas von dem ewigen Gott, der allein unsere tiefste Sehnsucht nach Lust zu erfüllen vermag.
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Beziehung gelingt nicht von allein. Es braucht einen Übungsweg. Letztlich ist es ein spiritueller Übungsweg. Denn auf diesem Weg üben wir die wesentlichen spirituellen Haltungen ein: Achtsamkeit, Ehrfurcht, Liebe, Hingabe, Zuhören, und bedingungsloses Annehmen. Die Arbeit an der Beziehung ist dann letztlich auch eine Arbeit an unserer Gesundheit. Denn gesund ist der Mensch nur, wenn er in Beziehung ist zu sich, zu den Dingen, zu den Menschen und zu Gott. Gesund ist nur der, bei dem das Leben strömt. Und strömen kann es nur, wenn es zum anderen hinströmt.
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Viele, die Führungsaufgaben in einer Firma innehaben, erzählen mir, dass sie gar keine Zeit mehr für menschliche Beziehungen haben. Sie sind so eingespannt in die immer mehr verdichtete Arbeit, dass kaum Raum bleibt, eine Beziehung zu pflegen oder eine aufzubauen. Von ihrer Firma aus sind sie in der ganzen Welt unterwegs. So bleibt kein freier Raum, miteinander etwas zu erleben. Ein Mann war mit einer Frau verheiratet. Beide hatten verantwortliche Posten in ihren Firmen. Sie flogen um den gesamten Erdball, hatten aber kaum Zeit für ihre Ehe. Sie riefen sich gegenseitig aus Hongkong und São Paolo an. Aber wenn die Beziehung sich auf das Telefonieren beschränkt, muss sie irgendwann scheitern. Und vor allem sahen beide keine Möglichkeit, eine Familie mit Kindern aufzubauen. So ging die Beziehung auseinander. Der Tempodruck der Welt, mit dem wir alle leben, führt bei vielen dazu, dass sie nicht mehr die Geduld für das Wachsen einer Partnerbeziehung aufbringen. Auch die Enttäuschung wird so bei vielen beschleunigt – viele trennen sich schon nach immer kürzerer Zeit.
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Alle zu hohen Erwartungen an mich selbst und an den Partner führen zum Scheitern. Diese Aussöhnung mit der Realität unserer Beziehung geht aber nur über das Betrauern. Ich betrauere, dass unsere Ehe so ist, wie sie ist, dass der Partner meine Erwartungen nicht erfüllt, dass ich selbst meine eigenen Ansprüche nicht erfülle. Nur wenn wir die Durchschnittlichkeit unserer Beziehung und unserer Selbst betrauern, kommen wir an das positive Potential heran, das auch in uns steckt. Und dann dürfen wir dankbar genießen, was unsere Ehe auch ist: dass wir treu zusammen stehen, dass wir uns aufeinander verlassen können, dass wir gemeinsam eine Familie gestalten, einen Haushalt meistern, für einander da sind. Wenn wir aber unsere Durchschnittlichkeit nicht betrauern, dann werden wir entweder jammern über den Zustand unserer Ehe oder aber den anderen anklagen, dass er daran schuld ist, dass unsere Ehe so schwierig ist.
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Achtsam sein auf den anderen, heißt auch: achtsam sein auch auf das andere in ihm. Es ist wichtig, sich immer wieder in den andern hineinzuversetzen, sich zu fragen, wonach er sich sehnt, woran er leidet, warum er so empfindlich ist, warum er so reagiert. Ich darf nicht alles persönlich auf mich beziehen. Sein Verhalten sagt etwas über ihn aus. Und wenn er schwierig ist, dann hat das immer einen Grund in seiner Lebensgeschichte. Auf diese Weise beiße ich mich nicht fest an seinem Verhalten. Ich versuche, dahinter zu sehen, es zu verstehen. Wenn ich es verstehe, kann ich besser darauf reagieren. Bei allen Begrenzungen, die ich im andern sehe, muss ich aber auch an das Gute in ihm glauben. Nur wenn ich an das Gute in ihm glaube, wird er den guten Kern in sich entfalten. Dazu kann ich aktiv beitragen. Mein Glaube an das Gute in anderen wächst, wenn ich etwa für ihn bete oder wenn ich ihn segne. Im Segen wünsche ich einem Menschen das, was er braucht, um mit sich in Frieden zu kommen. Im Gebet lerne ich, den andern mit neuen Augen zu sehen. Und genau diese Fähigkeit – den anderen mit neuen Augen
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