Das kleine Buch vom Riechen und Schmecken
Jahre wieder verführen uns Zimtsterne und Anisbrötchen, locken Lebkuchen mit Nelken und Kardamom, zieht der Duft von Glühwein und Tannennadeln über die Weihnachtsmärkte und durch unsere Häuser. Erinnerungen an glückliche Festtage in der Kindheit werden wach, die mit Vorfreude auf Geschenke, mit Glück und dem wohligen Gefühl der Geborgenheit in der Familie verbunden waren. Weihnachtsstimmung – ein unvergleichliches Gefühl, das jeder kennt. Ist es also reine Nostalgie, dass uns in jedem Jahr wieder die Plätzchen so herrlich schmecken?
Nicht nur. Die schöne Erinnerung mag dazu beitragen, doch auch wer die typischen Gerüche der Weihnachtszeit noch nie gerochen hat oder gar nicht bewusst wahrnimmt, erliegt der betörenden Wirkung der Weihnachtsgewürze. Das haben Wissenschaftler, die sich bekanntlich von Kerzenschein und Glockengeläut ganz und gar nicht bestechen lassen, bei Untersuchungen all jener Gewürze herausgefunden, die für Plätzchen benutzt werden. Ihre Studien bestätigen, was die Volksmedizin schon lange wusste: Viele der Gewürze machen das Essen bekömmlicher, regen die Verdauung an, hemmen Entzündungen, senken sogar den Blutzucker und helfen bei Schmerzen.
Anis, zum Beispiel, wirkt nicht nur bei winterlichen Erkältungen, weil es antibakterielle und antivirale Eigenschaften besitzt, es hilft sehr gut bei Bauchkrämpfen und Blähungen und wird deshalb oft in der Kinderheilkunde eingesetzt. Aber auch bei Erwachsenen regt es die Verdauung an und wirkt entkrampfend.
Von Zimtsternen weiß man seit Langem, dass die ätherischen Öle aus der Zimtrinde schädliche Keime besonders wirksam abtöten. Gleichzeitig geht das Zimtaldehyd unter die Haut: Es spricht die Wärmerezeptoren des Nervus trigeminus an, so dass uns ganz warm ums Herz wird. Körperlich und seelisch. Aber Achtung: nicht zu heiß backen, sonst entsteht schädliches Acrylamid, und nicht zu viel essen, denn der Aromastoff Kumarin (der kommt übrigens vor allem in Zimt aus China und Indonesien vor, besser ist Ceylon-Zimt) kann schädlich für die Leber sein.
Auch Kardamom ist aus der Weihnachtszeit nicht wegzudenken. Ohne Kardamom kein Lebkuchen. Er gehört zu den Ingwergewächsen und ist eines der ältesten Gewürze, das wir kennen. Die ayurvedische Medizin benutzt Kardamom, um die Verdauung zu fördern und das Lebensfeuer zu entfachen. Für die Küche des Nahen und Fernen Ostens ist Kardamom ein unentbehrliches Aroma. Sein hoher Anteil an ätherischen Ölen, verbunden mit pfefferähnlichen Molekülen, macht es so gesund, auch für Leber und Galle: Völlegefühle werden abgebaut, Darmkrämpfe gelindert und schädliche Bakterien abgetötet. Diese Wirkung wird unterstützt durch die vom Ingwer stammenden Aromen, die Schärfe und Hitze erzeugen. Ingwer ist zudem ein sehr wirkungsvolles und in Asien weitverbreitetes Mittel gegen Übelkeit, denn es blockiert einen Rezeptor, der für die meisten Formen von Übelkeit verantwortlich ist.
Die Muskatnuss, die in jeden Glühwein gehört, lindert Magen- und Darmkrämpfe, kann aber in größeren Mengen zu Halluzinationen und Angstzuständen führen. Dazu kommen die schmerzlindernden Nelken, die bei unerwartet während der Feiertage auftretenden Zahnschmerzen von unschätzbarem Wert sind. Außerdem sorgen sie für die Freisetzung des Botenstoffes Serotonin, der uns glücklich macht, stimulierend auf die Darmmotorik wirkt und so die Verdauung fördert. Das Ganze funktioniert interessanterweise dank des Nelkenrezeptors aus der Nase, den man auch im Darm findet.
Am besten wäre es also, das ganze Jahr Plätzchen zu essen. Das ist gut für Magen und Darm und sorgt immer für ein wohliges Weihnachtsgefühl.
Wenn Düfte krank machen
Die Zahl der Allergiker hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen, mit ihnen die Zahl der Duftallergiker. Selten ist es nur ein Stoff, der für eine Allergie verantwortlich ist, oft sind es viele verschiedene Substanzen, was die Ursachenforschung nicht einfach macht. Wir sind umgeben von Umweltbelastungen, auch von Düften, die uns täglich begleiten und unserem Körper manchmal zu viel werden. Verschont bleiben vor allem Kinder, die auf Bauernhöfen groß werden. Sie leiden seltener unter Allergien, weil sie mit Heu, Tieren und Dreck aufwachsen. Ihr Immunsystem lernt diese Substanzen frühzeitig kennen und wird gestärkt. Doch die meisten Kinder leben in der Stadt, in einer Gesellschaft, die sie zum Sauberkeitswahn erzieht und mit synthetischen Stoffen aller
Weitere Kostenlose Bücher