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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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Sebastian voller Abscheu.
    »Er hatte mich unter einem Vorwand aus unserem Winterlager weggelockt und fiel im Wald an einer einsamen Stelle über mich her«, fuhr Lauretia fort und ihre Stimme zitterte hörbar. Es fiel ihr sichtlich schwer, ihren Bericht fortzusetzen. Sie schluckte mehrmals. Und als sie schließlich weitersprach, war ihre Stimme nur ein Hauch. »Es war schrecklich... und manchmal träume ich noch heute davon... Als es endlich vorbei war, hat er mir gedroht, mich erst halb tot zu prügeln und dann an jemanden zu verkaufen, der mit Huren sein Geschäft macht, wenn ich irgendjemandem etwas davon erzählen sollte. Und dann ist er ins Lager zurückgestiefelt.«
    »Und was hast du getan?«
    Sie hob den Kopf und sah ihn mit einem gequälten Blick an, der ihm wie ein Stich ins Herz fuhr. »Das Einzige, was mir zu tun blieb, um dasselbe nicht immer wieder aufs Neue über
mich ergehen lassen zu müssen: Ich bin weggelaufen. Über ein halbes Jahr habe ich mich wie ein Tier in den Wäldern versteckt. Um zu überleben, habe ich mich nachts in die Dörfer und auf einsame Gehöfte geschlichen und gestohlen, was ich finden konnte. Auch auf Märkten habe ich mich herumgetrieben und mir heimlich die Taschen gefüllt. Mehrmals wäre ich um ein Haar dabei erwischt worden und das Leben in den Wäldern war auch nicht ohne Gefahren. Und dann kam der Tag, als ich bei strömendem Regen ausgerutscht und einen steilen Hang hinuntergestürzt bin. Dabei habe ich mir das rechte Bein gebrochen.«
    »Oh mein Gott!«, entfuhr es Sebastian.
    Sie nickte mit grimmiger Miene. »Ja, da wäre es beinahe um mich geschehen gewesen. Ich schaffte es gerade noch, aus dieser bewaldeten Schlucht herauszukommen und auf den nächsten Pfad zu kriechen. Aber das nächste Dorf befand sich meilenweit entfernt und die Gegend lag abseits befahrener Straßen. Nur selten ließ sich mal jemand dort blicken. Doch ich hatte Glück im Unglück, denn am nächsten Morgen tauchte auf diesem Waldpfad Wolfram Mahlberg mit seinem zotteligen Pferd und Kastenwagen auf. Er war meine Rettung. Denn er bewahrte mich nicht nur davor, elendig an Wundbrand zu sterben, sondern er bot mir an, bei ihm zu bleiben. Und das tat ich dann auch. Zwei Jahre blieb ich bei ihm, und er kümmerte sich um mich wie um eine Tochter, deren Wohlergehen ihm über alles ging.«
    »Und wer war dieser Wolfram Mahlberg?«, wollte Sebastian wissen.
    Ein wehmütiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Ein ebenso großherziger und gelehrter wie rastloser Mann, den es nie lange an einem Ort hielt. Wo man ihn kannte, nannte man ihn voller Hochachtung den ›weisen Vaganten‹, andere
sprachen ihn mit ›Wanderscholar‹ an. Er verstand sich auf viele fremde Sprachen, zu denen auch Latein und Griechisch gehörten, war in der Astrologie und Sternenkunde bewandert, legte die Karten, kannte sich mit allen Heilkräutern der Natur aus und führte in seinem Kastenwagen, der sein Zuhause war, mehrere Dutzend Bücher mit sich, viele davon in kostbares Leder gebunden.«
    »Das muss ein wirklich außergewöhnlicher Mensch von hoher Bildung gewesen sein«, sagte Sebastian beeindruckt.
    »Oh ja, das war er!«, bekräftigte sie. »Er brachte mir in den Jahren, die ich mit ihm durch die Lande zog, Lesen, Schreiben und Rechnen und sogar ein wenig Latein bei. Auch führte er mich in die Kunst des Kartenlegens ein. Und ich wäre noch heute bei ihm, wenn das Schicksal uns vor knapp zwei Jahren nicht in den Oberpfälzer Wald geführt hätte, wo eines Nachts eine Gruppe von herumziehenden Landsknechten über uns hergefallen ist. Sie haben mit Wolfram kurzen Prozess gemacht und ihn kurzerhand mit einer Lanze an die Wand seines Wagens gespießt!«
    »Allmächtiger!«, stieß Sebastian erschrocken hervor. »Und wie bist du ihnen entkommen?«
    »Das Fässchen Wein, das Wolfram wenige Tage zuvor erstanden hatte, hat mich gerettet – und ein Quäntchen Glück«, berichtete sie mit tonloser Stimme. »Sie haben sich sofort über den Wein hergemacht, um ihre Beute zu feiern. Mich haben sie gefesselt und im Wagen eingeschlossen. Sie wollten ihren Spaß hinterher mit mir haben und erst einmal darum würfeln, wer von ihnen mich zuerst haben durfte. Wer als Erster von ihnen drei Runden gewonnen hatte, sollte der Glückliche sein, wie ihr Anführer bestimmte. Indessen gelang es mir jedoch, mich von den Fesseln zu befreien und mich mit einem Messer zu bewaffnen. Als dann der Erste zu mir in den Wagen stieg,
da habe ich zugestochen,

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