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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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stünde sie kurz vor einem Anfall von Atemnot. »Gut, du bist hinter mein Geheimnis gekommen, weil ich einen Moment lang unvorsichtig war. Aber damit hast du dir keinen Gefallen getan, Sebastian von Berbeck! Eher bringe ich dich um, als dass ich zulasse, dass du aller Welt verrätst, wer ich wirklich bin. Und es wird mir ein Leichtes sein, es so aussehen zu lassen, als wären deine Wunden wieder aufgebrochen. Dornfeld wird sogar froh sein, wenn ich dich tot und in einem Sack verschnürt nachts in der Donau verschwinden lasse!«
    Sebastian bekam es nun mit der Angst zu tun. »Was... was redest du da... für einen Unsinn?«, stammelte er, während ihm der Schweiß ausbrach. Er spürte, dass er immer noch sehr schwach war und dass sein Körper auf die Anspannung sofort mit Schmerzen und Zittern reagierte. »Um Himmels willen, ich will dir doch nichts Schlechtes! … Immerhin hast du mir das Leben gerettet! … Wie könnte ich da... Ich meine, ich wollte doch nur...« Hilflos brach er ab, weil er plötzlich nicht mehr wusste, warum es ihm so wichtig erschienen war, dieses Mädchen, dem er sein Leben verdankte, als Junge zu entlarven.

    »Mir ist egal, was du wolltest! Ich werde jedenfalls nicht zulassen, dass du mich zum Gespött der Welt machst und mir durch deinen Verrat die Freiheit raubst!«
    »Ich werde dich nicht verraten, Lukas, oder wie immer du heißen magst! Das schwöre ich dir, bei allem, was mir heilig ist!«, versicherte er. »Hältst du mich für so gemein und gewissenlos, dass ich nach allem, was ich dir schuldig bin, so etwas antue? Ich werde schweigen wie ein Grab! Von mir wird niemand erfahren, was dein Geheimnis ist! Ich schwöre es beim Allmächtigen, der Muttergottes und allen Heiligen!« Zitternd hob er die Hand zum Schwur.
    Die junge Frau, die sich unter dem breitkrempigen Barett und den weiten Männerkleidern verbarg, zögerte kurz, als überlegte sie, ob sie seiner Versicherung trauen konnte. Dann nahm sie die Klinge von seiner Kehle.
    »Du bist gut beraten, deinen Schwur zu halten, Sebastian!«, sagte sie drohend. »Wenn nicht, wirst du dafür bezahlen. Und vergiss nicht, dass du mehr zu verlieren hast als ich! Nicht nur mein Messer kann dir schnell den Tod bringen, du hast auch den Domherrn zu fürchten!«
    Sebastian fiel erschöpft gegen den Strohsack zurück und fuhr sich mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn. »Von mir hast du nichts zu befürchten. Bestimmt nicht! Und es tut mir Leid, dass ich so... grimmig zu dir gewesen bin«, entschuldigte er sich. »Ich weiß nicht mehr, warum ich mich so darüber geärgert habe, dass du dich als Junge ausgegeben hast. Es war dumm von mir. Vielleicht ist es, weil ich schon seit so vielen Tagen ans Bett gefesselt bin und Stunde um Stunde mit Grübeln verbringe und mir all diese Fragen, auf die ich die Antworten nicht kenne, keine Ruhe lassen.« Er biss sich kurz auf die Lippen und schluckte, bevor er fortfuhr: »Du hast mir das Leben gerettet und dabei dein eigenes aufs Spiel gesetzt.
Das werde ich dir nie vergessen und dir ewig zu Dank verpflichtet sein. Deshalb könnte ich auch nie etwas tun oder sagen, was dich verletzen oder dir schaden könnte. Also bitte verzeih mir! Du magst zwar ein Mädchen... nein, eine junge Frau sein, aber verhalten hast du dich auf dem Erlenhof und auch später mutiger, als es die meisten Männer je fertig bringen!«
    Stumm sah sie ihn an. Dann ging sie ohne eine Antwort zur Tür.
    »Warte!«, rief er leise. »Verrätst du mir denn wenigstens, wie du wirklich heißt?«
    »Lukas!«, beschied sie ihn schroff, trat aus der Kammer und schlug die Tür heftig hinter sich zu.

10
    Der Tag wurde Sebastian unendlich lang. Er quälte sich mit bitteren Selbstvorwürfen, dass er sich in seinem Groll hatte hinreißen lassen, sie dermaßen gegen sich aufzubringen. Welcher Teufel hatte ihn da bloß geritten? Hatte er denn nicht schon Schwierigkeiten genug? Wie hatte er nur so gedankenlos sein können, die einzige Person vor den Kopf zu stoßen, auf deren Beistand er sich in seiner verzweifelten Lage bisher noch hatte verlassen können. Dafür hätte er links und rechts schallende Ohrfeigen verdient und auch das wäre noch eine milde Strafe für sein unmögliches Benehmen gewesen.
    Stunde um Stunde haderte Sebastian mit sich selbst. Was sollte jetzt nur aus ihm werden, wenn sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte? Bestimmt würden noch viele Tage vergehen,
bevor er wieder so weit bei Kräften war, um für sich selbst sorgen

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