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Das Kloster der Ketzer

Das Kloster der Ketzer

Titel: Das Kloster der Ketzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M Schroeder
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Bruder Scriptoris neben der Presse und starrte den Prior mit zusammengekniffenen Lippen und Augenbrauen an. Er machte den Eindruck, als würde er im nächsten Moment seine Beherrschung verlieren.
    Sebastian hielt den Atem an. Ausgerechnet diesem Johannes Eck, den Bruder Scriptoris für einen lausigen Schriftsteller in Stil und Argumentation hielt, war vom Herzog die Ehre zuteil geworden, in Passau die Anklage gegen den einstigen Pfarrer zu erheben! Wie sehr musste das dem aus dem Wittenberger Land geflohenen Mönch gegen den Strich gehen! Und er wäre jede Wette eingegangen, dass der Novizenmeister diesen mit schwarzer Farbe befeuchteten Lederpilz, den er noch immer in der Hand hielt, seinem Mitbruder am liebsten an den Kopf geworfen und ihn scharfen Tones der Werkstatt verwiesen hätte. Aber das gehörte sich natürlich nicht für einen hingebungsvollen Diener Gottes, der nach der benediktinischen Ordensregel
nicht nur zu Armut, Keuschheit und Gehorsam, sondern auch zu Demut, Nachsicht und brüderlicher Liebe verpflichtet war.
    Bruder Scriptoris verlor seine Fassung tatsächlich nicht. Seine Brust hob und senkte sich nur einmal schwer. Ohne ein äußeres Zeichen von Unmut legte er den rissigen Druckerballen aus der Hand, griff zu einem Tuch, um sich Druckerfarbe von den Händen zu wischen, und sagte dann schließlich mit beiläufigem Ton: »Die Menschen lassen sich leider gern von großen Namen blenden, die nicht halten, was ihre glänzende Fassade verspricht. Denn wenn Eck Luther damals wirklich überzeugend in die Knie gezwungen hätte, wäre die Geschichte völlig anders verlaufen.« Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich hatte unseren Herzog für klüger gehalten.«
    Der wohlbeleibte Prior machte eine verblüffte Miene und stemmte dann die Hände in die Seite. »Ihr werdet doch wohl nicht die Befähigung unseres hochwohlgeborenen Herzogs in Frage stellen wollen, oder?« Seine Frage klang, als bewegte sich die Äußerung seines Mitbruders scharf am Rand einer Fürstenbeleidigung, wenn nicht sogar einer Gotteslästerung.
    »Ihr mögt die Dinge sehen, wie Ihr wollt, aber an den Tatsachen ist nicht zu rütteln. Denn wenn der wohlmeinende Doktor Eck wirklich in der Lage gewesen wäre, Martin Luther von Angesicht zu Angesicht oder zumindest doch in seinen Schriften zu widerlegen, dann wäre die Bannbulle des Papstes 1521 wohl kaum so wirkungslos geblieben – und dann wäre das Land heute nicht gespalten in Neugläubige und Altgläubige!«, erwiderte Bruder Scriptoris belehrend.
    »Es gibt keine Neugläubigen und Altgläubigen, sondern nur Rechtgläubige und Ketzer!«, korrigierte ihn der Prior sofort ungehalten. »Und wenn man nicht wüsste, dass Ihr aus dem Wittenberger Land geflohen seid, um den Nachstellungen dieses
ketzerischen Natterngezüchts zu entkommen, könnte man fast glauben, dass Ihr den schändlichen Irrlehren der Lutheraner gewisse Sympathien entgegenbringt!«
    Der Novizenmeister ging auf diesen Vorwurf erst gar nicht ein, sondern fuhr ungerührt fort: »Und was diesen Leonhard Kaiser angeht, so dürfte es doch auch Euch zu Ohren gekommen sein, dass sich nicht wenige andere hochwohlgeborene Fürsten wie Kurfürst Johann von Sachsen und Markgraf Kasimir von Brandenburg, aber auch zahlreiche österreichische Adelige wie derer von Schaunberg und von Starhemberg schon für ihn beim Herzog Ernst von Bayern eingesetzt haben.«
    Der Prior wischte den Einwand mit einer verdrossenen Geste beiseite. »Das weiß ich sehr wohl, aber was zählt das Wort von irregeleiteten Fürsten, die Ketzern Schutz in ihren Ländern gewähren und die Bannbulle unseres Papstes missachten? Viel bedeutsamer ist doch wohl, dass Martin Luther, dieser willfährige Gehilfe des Teufels, Leonhard Kaiser einen Brief in den Kerker geschickt und ihn aufgefordert hat, standhaft an den Irrlehren festzuhalten! Allein das ist schon Beweis genug, dass er zu den lutherischen Brunnenvergiftern des einzig wahren Glaubens zu zählen ist und auf den Scheiterhaufen gehört! Und dort wird er auch landen, dafür wird Doktor Eck schon sorgen!«
    Bruder Scriptoris seufzte geplagt. »Das mag schon sein, doch es ändert nichts an meiner Entscheidung, irgendwelche Schriften dieses Mannes für eine Drucklegung in dieser Werkstatt auch nicht einmal nur in Erwägung zu ziehen!«, stellte er unmissverständlich klar.
    Zornesröte stieg dem Prior ins Gesicht. »Ich hatte Euch für klüger und einsichtiger gehalten, Bruder Scriptoris! Aber gut, wenn Ihr

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