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Das Kloster (German Edition)

Das Kloster (German Edition)

Titel: Das Kloster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Scott
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der Mary von Avenel mit dieser Erscheinung in Beziehung gesetzt hatten, und es fiel ihm ein, daß er diese Figur schon auf dem bei der Plünderung des Schlosses nach Walter von Avenels Tode geretteten und von seiner Witwe mit nach Glendearg gebrachten Siegelringe dieses letzten direkten Sprossen des berühmten schottischen Geschlechts gesehen hatte.
    »Warum seufzest Du so schwer, mein Sohn?« fragte der Greis, der den Eindruck, den die Figur auf das Gemüt des Jünglings gemacht hatte, wohl bemerkte, aber den Grund dazu mißverstand; »wenn Du Dich fürchtest, den Fuß hinein zu setzen, so können wir ja noch immer umdrehen.«
    »Das müßt Ihr nun schon bleiben lassen,« meinte Christie von Clinthill, der eben aus einer Seitentür unterhalb des Gewölbes wieder zum Vorschein kam, »denn guckt Euch doch um! entweder müßt Ihr wie ein paar Wildenten durch das Wasser paddeln oder wie ein paar Regenvögel durch die Luft streichen, denn was andres bleibt Euch, wenn Ihr zurück wolltet, wohl nicht übrig.«
    Als sie sich umdrehten, sahen sie, daß die Zugbrücke schon wieder aufgezogen war und mit ihren Planken die im Untergang begriffne Sonne halb verdeckte, wodurch natürlich die Finsternis, die in dem Gewölbe herrschte, noch erheblich vermehrt wurde. Christie lachte höhnisch, dann forderte er sie auf, ihm zu folgen, und als Halbert ihm in die Nähe kam, flüsterte er ihm zu:
    »Antworte nur dreist und flink auf jede Frage des Barons, ohne zu stocken und ohne nach schönen Worten zu suchen. Vor allen Dingen zeige keine Bange, denn kein Teufel ist so schwarz, wie ihn die Leute malen.«
    Mit dieser Mahnung geleitete er sie in die große steinerne Halle, an deren einem Ende ein mächtiges Holzfeuer brannte. Der Sitte gemäß wurde die Mitte des Raumes von einem großen eichnen Tische eingenommen, auf welchem das Abendbrot für den Baron und seine vornehme Hausdienerschaft gedeckt war. Etwa ein halbes Dutzend Mannen, große, herkulisch gebaute Figuren mit wild blitzenden Augen, schritten im hintern Teil der Halle auf und ab, mit so schweren Tritten, daß die ganze Halle dröhnte. Stahlwämser oder Koller von Büffelhaut machten den vornehmsten Teil ihrer Kleidung aus, während ihre Kopfbedeckung aus Stahlhauben oder breitkrempigen Hüten mit wallenden spanischen Federn bestand.
    Der Baron von Avenel war selbst eine jener schlanken, muskulös gebauten, an den alten Kriegsgott Mars erinnernden Figuren, wie sie Salvator Rosa mit Vorliebe gemalt hat. Er trug einen Mantel, der einmal mit äußerst feiner Stickerei besetzt gewesen sein mochte, aber derb strapaziert worden und durch den Einfluß von Wind und Wetter stark verschossen war. Unter einem Koller von Büffelhaut blitzte stellenweis das helle Panzerhemd vor, das er statt der schärfer in die Augen fallenden Rüstung zum Schutz gegen hinterlistige Anfälle auf dem Leibe trug. In einem ledernen Gurt steckte an der Seite ein breites schweres Schwert, an der andern jener kostbare Dolch, der einst dem Ritter Piercie Shafton gehört hatte, dessen Zierat jedoch stark ruiniert war, entweder weil unvorsichtige damit umgegangen worden war oder weil man nie daran gedacht hatte, ihn zu putzen oder zu erneuern.
    Trotz der groben Tracht, die er trug, verriet das Benehmen und die Haltung des Ritters doch weit mehr Noblesse als Benehmen und Haltung der Mannen, die seine Umgebung bildeten. Er mochte etwas über fünfzig Jahre alt sein, denn sein ehedem schwarzes Haar war stark mit Grau vermischt, aber das Feuer seiner Augen war durch das Alter noch nicht getrübt, sein reger Geist noch nicht geschwächt worden. Er war ehedem ein schöner Mann gewesen, denn Schönheit war dem Hause Avenel eigentümlich, aber Wind und Wetter hatten seinen Zügen einen Ausdruck von Rauheit und Derbheit gegeben.
    Er ging in einigem Abstande von seinen Untergebenen im Hintergrunde der Halle auf und ab, dem Anschein nach in tiefes Sinnen versunken, blieb von Zeit zu Zeit stehen, um einen auf seiner Hand sitzenden Falken zu streicheln oder zu füttern, und der Vogel, für diese Liebkosungen seines Herrn offenbar nicht unempfindlich, schlug hin und wieder mit dem Schnabel nach der Hand seines Herrn oder plusterte sich auf. Dann spielte um die Lippen des Barons ein Lächeln, gleich darauf aber versank er wieder in dasselbe mürrische Nachdenken wie zuvor, und schien ein auffälliges Etwas, an dem wenige so oft wie er vorbei gegangen wären, ohne den Blick darauf zu werfen, gar nicht zu sehen.
    Dieses Etwas war

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