Das Kloster (German Edition)
Hingabe,« rief Halbert, »wären einer bessern Sache würdig.«
»Das ist nicht wohl möglich,« versetzte Warden, »denn eine bessere Sache denn meine gibt es hienieden nicht.«
Die beiden Wanderer setzten schweigend ihren Weg fort, und Halbert Glendinning suchte sich mit äußerster Behutsamkeit einen Weg durch die Wirrnis der gefährlichsten und unbegangensten Moräste zu bahnen, die den heiligen Klosterbann von dem Landbesitze des Schlosses Avenel trennten.
Hin und wieder mußte er inne halten und seinem Begleiter über den schwankenden Boden des Moors hinweghelfen.
»Mut, Alter!« sagte Halbert, als sein Gefährte allmählich ans Ende seiner Kraft gelangt war. »Bald stehen wir auf festem Grunde.«
Die Verheißung sollte sich auch schnell erfüllen, denn bald hatten sie nun das Ende des Sumpfes gewonnen und schlugen den Pfad längs dem Abhange ein, über frischen Rasen hinweg, der, von weitem gesehen, die braune Heide wie ein schmales grünes Band durchzog, während man in der Nähe diesen Unterschied der Färbung bei weitem nicht so deutlich bemerkte. Der Greis hatte einen verhältnismäßig leichten Gang und sprach, da er keine Neigung verspürte, von neuem den Eifer des mannhaften Jünglings für die katholische Religion zu wecken, über gleichgültige Dinge. Er war weitgereist und vertraut mit Sprache und Sitten andrer Völker, und so war es wohl begreiflich, daß Halbert Glendinning, der um seiner Tat willen damit rechnen mußte, das Ausland aufzusuchen, ihm mit gespannter Aufmerksamkeit lauschte, als er auf diese Dinge zu sprechen kam. Nach und nach wurde er von dem Greise durch die so anregende Unterhaltung gefesselt; die Furcht, die er vor ihm als einem Ketzer gehegt hatte, schwand, und mehr als einmal hatte er ihn wieder mit dem trauten Worte »Vater« angeredet, ehe ihnen die Türme der Burg von Avenel in Sicht kamen.
Die alte Feste lag auf einem kleinen Felseneiland mitten in einem Bergsee, die man in der dortigen Gegend mit dem Namen »Tarn« zu nennen liebt. Der See mochte etwa eine Meile im Umfange haben und war von ziemlich hohen Hügeln eingeschlossen, die bis auf die wenigen Stellen, wo alte Bäume und Buschholz die Schluchten, die sie von einander schieden, bedeckten, kahl und nackt waren und zufolge ihrer Granitfärbung eine fast täuschende Aehnlichkeit mit der braunen Heide aufwiesen. Die Umgebung war weniger romantisch und großartig als vielmehr wild und grausig, jedoch nicht ohne Reiz. Zur Sommerszeit, wenn die Sonne ihre glühenden Strahlen auf den See sandte, erschien sein Wasser tiefblau, und wenn zur Winterszeit auf den Hügeln um den See herum blendender Schnee lag, dann schimmerte die Wasserfläche wie ein trüber, zerbrochner Spiegel um die Mauern der grauen Burg auf dem schwarzen felsigen Eiland.
Sie bedeckte mit ihren Baulichkeiten und mit den Außen-und Seitenmauern jede aufragende Felsspitze und jeden vorspringenden Felshang, so daß es den Eindruck erweckte, als sei sie gänzlich von Wasser umschlossen, gleich einem Wildschwanhorste, und bloß ein schmaler Damm, der das Eiland mit dem Uferlande des Sees in Verbindung setzte, störte diesen Eindruck. Die Insel nahm sich auch übrigens weit größer aus, als sie in Wirklichkeit war, und von den Gebäuden, die auf ihr standen, war manches bereits baufällig und unwohnlich geworden. Zu jener Zeit, als das Haus Avenel noch in seinem vollen Glanze dagestanden, hatte eine beträchtliche Anzahl von Dienstmannen darin gehaust; zurzeit standen sie aber öde und leer, und Julian dürfte wohl, wenn er nicht dem Felseneiland um seiner persönlichen Sicherheit willen den Vorzug gegeben hätte, sich in manch anderm Asyl lieber aufgehalten haben als in diesem einsamen, von allem Verkehr mit Menschen so streng abgeschlossenen Burgwesen. Aber die mancherlei Fehden, die Julian ausfocht, seine Verwicklung in fast alle dunklen Unternehmungen, die in solchem wilden Grenzgebiet an der Tagesordnung waren, auch allerhand persönliche Abenteuer andrer Art, die er liebte, machten es gewissermaßen zum Gesetz für ihn, daß er einem so sichern Aufenthalt, wie ihn die alte Burg bot, vor jedem andern Domizil den Vorzug gab, zumal seitdem er sich mit beiden am Ruder befindlichen Parteien eingelassen hatte, und bald mit der einen, bald mit der andern in engere Beziehungen trat, je nachdem es seinen Zwecken am besten diente.
Als sich jetzt die alte Burg den Blicken der beiden Wanderer zeigte, blieb der Greis, auf seinen Pilgerstab gestützt, stehen
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