Das Kloster (German Edition)
eine Frau von wunderbarer Schönheit in einer weniger reichen als geschmackvollen Kleidung, die auf einem niedrigen Schemel dicht neben dem mächtigen Kamine saß. Nach dem güldnen Geschmeide zu schließen, das ihren Hals und ihre Arme zierte, sowie weiter nach dem schmucken grünen Gewand, das bis auf den Boden hinunter fiel, und dem mit Silberfiligran gestickten Gürtel, an dem als Zierat ein Schlüsselbund an silberner Kette hing, endlich dem seidnen »Couvreche«, der um ihren Kopf geschlungen war, die Fülle ihres dunklen Haares nur zum Teil bedeckend, hätte man meinen müssen, die Hausfrau des Barons zu erblicken. Vor allem aber hätte darauf ein andrer Umstand deuten müssen, der in irgend einer alten Ballade höchst sinnig angedeutet wird durch die Worte, daß für die jetzige Figur der Frau, beziehungsweise den damaligen Zustand derselben, der Gürtel zu prall, das Kleid zu kurz geworden sei. Aber der niedrige Sitz, der ihr zugewiesen war, sowie der Ausdruck einer tiefen Schwermut, der sich nur dann zu einem schmerzlichen Lächeln wandelte, wenn sie gewahr wurde, daß Julian von Avenel einen flüchtigen Blick auf sie warf, nicht minder der Blick des sinnigen Auges, das ihren Gram zu verhüllen suchte, und die hervorquillende Träne, sobald sie sich unbemerkt meinte, dies alles wiederum schien bei der Frau nicht auf die Eigenschaft einer Gattin zu deuten, sie hätte denn gerade zu denen gehören müssen, die der Mann verschmäht, und die betrübten Herzens es lieben, sich auf sich selbst zu beschränken.
Julians Verhalten hätte zu solchem Vermuten berechtigen können, denn er erwies ihr, während er in der Halle auf und nieder schritt, nicht die geringste jener Aufmerksamkeiten, die ein Mann, sei es aus Zuneigung oder Galanterie, fast jeder Frau erweist. Er schien weder von ihrer noch von der Anwesenheit der andern Personen etwas zu wissen, sondern bloß der Falke auf seiner Faust schien für ihn Bedeutung und Interesse zu haben. Auf den Falken schien auch die schöne Frau ihr Augenmerk zu lenken, vielleicht weil sie dachte, auf diese Weise am ehesten einen Anlaß zu einem Gespräch mit dem Baron zu gewinnen, oder weil sie meinte, in den Worten, die er zu dem Vogel sprach, etwas herauszuhören, was ihr für dies oder jenes ein gewisses Verständnis eröffnen könne. Die beiden fremden Männer hatten Zeit genug, dies alles wahrzunehmen, denn kaum waren sie mit dem Reiter, der sie führte, in die Halle eingetreten, als dieser sie bedeutete, an der Tür stehen zu bleiben, während er selbst sich in der Mitte der Halle aufstellte, beflissen, eine Haltung einzunehmen, die dem Baron, sobald es ihm einfiele, sich einmal umzudrehen, sofort ins Auge fallen müsse. Die Aufmerksamkeit seines Herrn und Gebieters auf andre Weise zu wecken, schien er nicht für geraten zu erachten; überhaupt fiel es sofort auf, in welcher sonderbaren Weise sich das Benehmen dieses dreisten und groben Menschen in Gegenwart des Ritters änderte; er war der unterwürfigste, kriechendste Wicht geworden, den man sich denken konnte, und erinnerte stark an einen rebellischen Köter, der den Schwanz einzieht und sich ängstlich in einen Winkel verkriecht, wenn er die Peitsche seines strengen Herrn wittert, oder wenn er vor einem stärkern Kameraden retirieren muß.
So neu für Halbert Glendinning die ganze Situation und Szenerie auch war, so fühlte er sich doch mit allen Fasern seines empfindsamen Gemüts von dem schönen Frauenbild angezogen, das sich seinen Augen hier bot. Er sah recht gut, wie ängstlich sie acht gab auf die Worte, die der Ritter an seinen Falken richtete, und wie sich ihr Blick zu ihm stahl, um bei dem leisesten Anzeichen, daß er es gewahre, sich wieder von ihm abzuwenden. Der Ritter plauderte und scherzte noch eine ganze Zeitlang mit seinem Falken, bis schließlich die wilde Natur desselben sich geltend machte und er, als ihn der Ritter mit einem Stück Fleisch neckte, auf denselben einzustürmen versuchte.
»Narr du!« lachte der Ritter, »vergißt wohl, daß du die Riemen an den Klauen hast? ... nimm dich in acht, du Biest, und bessre dich, sonst dreh ich dir mal nächster Tage den Hals um! Da, nimm den Happen und friß! das ist bei euch Kanaillen doch die Hauptsache. Damit kann man eure ganze Sippe kirre kriegen. ... Holla, Jenkin! schaff das Luder in seinen Käfig, ich habs satt mit ihm. Er soll sich baden, und morgen soll er steigen. Verstehst Du? ... Oho, Christie! so geschwind zurück?«
Christie erstattete
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