Das Kloster (German Edition)
sein könne vor jedem Fluchtversuch des Ritters. Der Mönch versicherte ihm, daß seine Unterhaltung mit dem Gefangnen nur kurz sein werde, und gab ihm die verlangte Erlaubnis. Draußen aber besann sich Edward eines andern und schickte an ein paar Familien des Klosterbannes, deren Söhne mit seinem Bruder und ihm öfter verkehrt hatten, Boten ab mit der Nachricht, daß Halbert Glendinning von einem Engländer erschlagen worden sei, und daß er sie auffordern lasse, sich ohne Aufschub im Turme von Glendearg einzufinden. In solchen Fällen galt die Pflicht der Rache für so heilig, daß Edward keine Sekunde im Zweifel war, sich dieses weitern Beistandes versichert halten zu dürfen. Darauf untersuchte er die Türen des Turms nebst dem Hoftor, und begab sich dann zu den Frauen des Hauses, um sie zu trösten wie auch zu versichern, daß er für den gemordeten Bruder heilige Rache nehmen werde.
Neuntes Kapitel.
»Wie Ihr wißt, ehrwürdiger Vater,« begann Sir Piercie Shafton die Unterhaltung, »hatte jener Bauernbursche mir in Gegenwart Eures verehrten Obern und Eurer selbst und andrer würdigen Männer, der jungen Dame von Avenel nicht zu vergessen, die ich mit aller Ehrerbietung als meine Protektion bezeichnen darf, eine so bittre Kränkung zugefügt, daß ich mich in Rücksicht auf Zeit und Ort wohl der mir zustehenden Rache auf eine gewisse Zeit enthalten konnte, zuletzt aber zu dem Entschlusse kommen mußte, ihm das Vorrecht eines Ebenbürtigen einzuräumen, ihm also die Eigenschaft der Satisfaktionsfähigkeit zuzusprechen.«
»Ihr laßt zwei Umstände dabei unaufgeklärt, Herr Ritter,« fiel ihm der Mönch ins Wort, »erstens, warum das kleine Ding, das der Jüngling Euch zeigte, Euren Grimm in solch maßloser Weise wachrufen konnte, und zweitens, woher der Jüngling, mit dem Ihr doch erst ein paarmal höchstens zusammengewesen sein konntet, von Eurer Vergangenheit so viel wußte, daß er Euch solcherweise zu erregen vermochte?«
Der Ritter wurde von tiefer Röte übergossen.
»Eure erste Frage, ehrwürdiger Vater,« antwortete er, »möchte ich, als zur Sache nicht gehörig, übergehen, und in betreff der andern beteure ich, daß ich die Mittel und Wege, wie er zu solcher Kenntnis gelangt ist, ebenso wenig begreife wie Ihr selbst, ja daß ich mich fast geneigt fühle zu der Annahme, er müsse es mit dem Satan halten. Indessen davon nachher ein Weiteres. ... Zur Sache denn, Herr Prior! An jenem Abend habe ich, wie es bei uns Kriegsleuten so Brauch ist, meine Absicht hinter allerhand Tändelei mit meiner schönen Protektion versteckt, die für ihre unerfahrenen Ohren köstliche Musik sein mußten. Am Morgen darauf habe ich meinen Gegner getroffen, von dem ich übrigens sagen muß, daß er sich für einen ungehobelten Villaggio so wacker benommen hat, wie man nur eben wünschen kann. . . . Als es nun zum Zweikampfe ging, maß ich den Wert seiner Klinge durch ein Halbdutzend simpler Stöße, und hätt ihn mit einem jeden derselben auf den Rasen strecken können, wenn mir daran gelegen gewesen wäre, mich solch verabscheuenswerten Vorteils zu versichern. Ich dachte statt dessen Gnade für Recht ergehen lassen zu sollen und suchte ihm bloß einen geringfügigen Denkzettel zu erteilen. Er aber häufte, während ich so gelind mit ihm verfuhr, weitere Beleidigungen auf mich und jagte mich in Wut. Ich mache eine Parade, gleite dabei aus, aber nicht durch einen Fehler meiner-oder einen Trick seinerseits, sondern weil, wie gesagt, der Teufel sein Spiel dabei haben mußte, vielleicht den Rasen genäßt oder sonst was angestellt hatte, so daß der Bursche, ehe ich meine Stellung wiedergewinnen konnte, mir das Schwert so entgegenhält, daß ich mit dem Unterleib hineinrenne, und, wie es mir vorkommt, mitten durch gestochen werde. Ganz außer sich über diesen ihm selbst höchst unvermuteten Ausgang unsers Kampfes, reißt der Bursche aus und läßt mich in meinem Blute liegen, so daß ich infolge starken Blutverlusts in Ohnmacht falle. Als ich hierauf endlich wieder zu mir komme, da sehe ich, daß mich jemand in meinen Mantel gewickelt und an den Fuß einer der Birken getragen hat, die unfern von der Quelle in einer Gruppe stehen. Ich drehe mich um und lege meine Hand an die Wunde, ich fühle wenig Schmerz, aber große Schwäche, die Wunde ist, wie ich merke, schon wieder zugeheilt und vernarbt, genau so, wie ich sie Euch vorhin zeigte; ich stehe auf und komme hierher ... und was dann hier noch geschehen ist, das wißt Ihr
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