Das Kloster (German Edition)
begraben haben,« erwiderte Sir Piercie, »denn ich schwöre Euch, heiliger Vater, daß der Bauernbub ganz fidel und munter war, als er sich von mir trennte. Laßt doch das Grab öffnen und durchsuchen, und falls Ihr die Leiche, die Ihr vermutet, darin finden solltet, dann mögt Ihr mit mir schalten nach Belieben.«
»Ueber Dein Schicksal zu bestimmen, Herr Ritter, ist nicht meines Amtes, das wird dem hochwürdigen Abt und dem hohen Kapitelstuhle anheimfallen. Mir liegt lediglich die Pflicht ob, die Voruntersuchung des Falles zu führen.«
»So möchte ich noch zuvörderst Angeber und Zeugen wissen, die solchen unsinnigen Verdacht gegen mich wachgerufen haben,« sagte Sir Piercie Shafton.
»Das wird gleich geschehen,« antwortete der Unterprior, »es soll ja auch nichts Euch vorenthalten bleiben, was Ihr zu Eurer Verteidigung wahrnehmen könnt. Das hier im Turme aufhältliche Fräulein Mary von Avenel hat Euch, weil sie Schlimmes argwöhnte, den alten Martin Tacket nachgeschickt mit dem Auftrage, Unglück, das vielleicht im Werke sei, zu hindern. Indessen scheint Ihr Eurer Leidenschaft sehr schnell die Zügel freigegeben zu haben, denn als der Mann den Platz erreichte, wohin ihn Eure Fußspuren führten, da hat er weiter nichts mehr gefunden als blutigen Rasen und ein zugeworfnes Grab. Er hat noch geraume Zeit nach Euch und dem jungen Glendinning gesucht, aber weder von ihm noch von Euch etwas entdecken können und ist dann, die Erfolglosigkeit weiterer Mühe einsehend, hierher zurückgeeilt, um der Jungfrau, die ihn ausgeschickt hatte, die schmerzliche Kunde zu bringen.«
»Hat er denn mein Wams nicht gesehen?« versetzte Sir Piercie Shafton; »denn als ich meine Besinnung wiederfand, da sah ich, daß ich in einen Mantel gewickelt war, aber mein Unterkleid nicht mehr anhatte, wie Euer Ehrwürden sich ja überzeugen können.«
Mit diesen Worten riß er seinen Mantel auf, ohne bei der ihm eignen Unvorsichtigkeit daran zu denken, daß er auf diese Weise sein blutiges Hemd zeigte.
»Wie? Du grausamer Mensch!« rief lebhaft erzürnt der Mönch, als er diese Bestätigung seines Argwohns wahrnahm, »Du willst Deine Schuld in Abrede stellen und trägst das vergossne Blut an Deinem Leibe? ... Du willst noch leugnen, daß Deine überschnelle Hand eine Mutter ihres Sohnes, unsre Gemeinde eines Vasallen und die Königin von Schottland eines Untertanen beraubt hat? Wessen kannst Du Dich sonst gewärtig halten, als daß wir Dich zum wenigsten, als unsers weitern Schutzes unwert, an England ausliefern werden?«
»Bei allen Heiligen!« rief da der Ritter, aufs äußerste drangsaliert, »sofern dieses Blut Zeugnis wider mich ablegt, so ist es rebellisches Blut, denn es ist diesen Morgen noch, so wahr mir Gott helfe, in meinen Adern geronnen.«
»Wie sollte dies der Fall sein können, Sir Piercie Shafton?« entgegnete der Mönch; »sehe ich doch keine Wunde an Deinem Leibe, aus der es geflossen sein könnte!«
»Das ist die geheimnisvolle Seite dieses Ereignisses,« versetzte Sir Piercie. »Seht hierher!«
Sein Hemd aufreißend, wies er die Stelle, die Halberts Schwert getroffen hatte, die jedoch schon vernarbt war und wie eine längst geheilte Wunde aussah.
»Das, Herr Ritter, muß meine Geduld erschöpfen,« rief der Unterprior, »denn Ihr fügt zu Gewalttat noch Kränkung durch Spott! Haltet Ihr mich für ein Kind oder für einen Tropf, daß Ihr mir zumutet, ich solle glauben, das frische Blut, das Euer Hemd befleckt, rühre von einer Wunde her, die seit Wochen und Monaten schon vernarbt ist? ... Unseliger Spötter, meinst Du uns dergestalt zu blenden? Laß ab von diesem Lug, denn wir wissen nur allzu gut, daß dieses Blut herrührt von Deinem Schlachtopfer, das in verzweifeltem Kampfe mit Dir rang, und das Du erschlagen hast in unehrlichem Zweikampf.«
Der Ritter nahm jetzt einen andern Ton an und wandte sich in ruhigerer Stimmung zu dem Prior: »Ich will offen sein, Pater. Laßt diese Leute so weit zurücktreten, daß sie uns nicht hören, und ich will Euch alles mitteilen, was mir von diesem geheimnisvollen Vorgange bekannt ist. Aber zürnet mir nicht, guter Vater, wenn Euer Beistand es nicht zu deuten vermag, denn ich muß bekennen, daß es für den meinigen zu dunkel ist.«
Der Mönch winkte hierauf Edward und den beiden Hörigen, aus dem Gemache zu treten, aber er mußte Edward die Erlaubnis geben, vor der Tür stehen zu bleiben, weil sich derselbe nur unter der Bedingung dazu verstehen wollte, daß er sicher
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