Das Kloster (German Edition)
Ritter von neuem auf, alles mitzuteilen, was er über Halbert Glendinnings Verbleib wisse. Edward Glendinning schritt, mit dem Schwert in der Hand, vor der Tür auf und nieder, um jede Flucht unmöglich zu machen. Der Ritter befand sich in einer höchst bedrängten Situation, denn was er vom Ausgange des Zweikampfes mit Bestimmtheit zu erzählen wußte, war für seinen Stolz so empörend, daß er sich zu einem ausführlichen Bericht unmöglich entschließen konnte, zumal er obendrein annehmen mußte, daß man ihm schwerlich Glauben schenken, sondern alles für eine absonderliche Mär, die bloß erzählt werde, um Ausflüchte zu machen, halten werde. Das stand doch um so eher zu erwarten, als er, wie dem Leser ja bekannt ist, von Halberts weiterm Verbleib nicht das geringste wußte.
»Ihr könnt doch nicht in Abrede stellen,« nahm der Pater wieder das Wort, weiter in den Ritter dringend, »daß Ihr gestern, wie es den Anschein hatte, von dem Jüngling beleidigt wurdet, aber zu unser aller Verwunderung so tatet, als ginge Euch die Beleidigung nicht nahe. Nun habt Ihr gestern dem Jüngling plötzlich eine Jagdpartie in Vorschlag gebracht und seid mit ihm bei Tagesanbruch in den Wald gegangen. Nun sagt Ihr, Ihr hättet Euch an der Quelle von ihm getrennt, unweit von dem Felsen, und ein paar Stunden nach Sonnenaufgang. Das läßt doch alles Ernstes vermuten, daß Ihr Euch, ehe Ihr auseinander ginget, zusammen geschlagen habt.«
»Das ist doch von mir gar nicht gesagt worden,« erwiderte der Ritter. »Wie kann denn bloß solcher Lärm erhoben werden darüber, daß ein Bauer und Leibeigner auf und davon gelaufen ist ... jawohl, das behaupte ich ... um sich der ersten besten Freibeuterschar anzuschließen? Ich, ein Ritter vom Geschlecht der Piercie, soll Euch Rede und Antwort stehen um eines so unbedeutenden Flüchtlings willen? Sagt mir, welchen Preis Ihr fordert für seinen Kopf, und ich will ihn an Euern Bruder Schatzmeister bezahlen, Herr Pater.«
»Also räumt Ihr ein, meinen Bruder erschlagen zu haben?« fragte Edward mit drohender Gebärde. »Gut, dann sollt Ihr aus meinem Munde die Antwort vernehmen, wie hoch wir Schotten das Leben eines Blutsverwandten anschlagen.«
»Still, Edward, ich bitte Dich darum, und ich befehle es Dir,« nahm der Unterprior wieder das Wort, »Ihr aber, Herr Ritter, denkt besser von uns, als daß Ihr meint, schottisches Blut lasse sich vergießen und dann bezahlen, wie eine Rechnung vom Weinküfer für das, was man bei einem Gelage verschüttet oder getrunken hat. Halbert Glendinning war kein Leibeigner, wie Ihr wohl gewußt habt, und daß Ihr im eignen Vaterlande auch gegen den geringsten Untertan das Schwert nicht zücken dürftet, ohne Euch den Gesetzen verantwortlich gemacht zu haben, das wißt Ihr ebenso gut. Wenn Ihr Euch einbilden wolltet, daß es hierzulande anders sei, würdet Ihr Euch in einem schweren Irrtume befinden.«
»Ihr stellt meine Geduld auf eine schwere Probe,« erwiderte der Schönredner, »aber was soll ich Euch sagen können über den Verbleib eines jungen Menschen, den ich seit zwei vollen Stunden nach Sonnenaufgang nicht mehr gesehen habe?«
»Aber unter welchen Umständen Ihr ihn verließet, darüber könnt Ihr doch Auskunft geben?« fragte der Pater.
»Was für Umstände, zum Henker, sollen denn das sein, die Ihr erklärt haben wollt?« rief der Schönredner heftig; »denn so lebhaften Widerspruch ich auch erheben muß gegen diese ungeziemende Behandlung eines Gastes, so möchte ich doch alles versuchen, diesen Zwist friedlich zu beendigen, sofern er sich durch Worte irgend beendigen läßt.«
»So, erkläret mir, Sir Piercie,« drang der Unterprior weiter in ihn, »warum der Boden am Rande der Quelle von Corrinan-Shilan mit Blut getränkt gewesen ist, da Ihr selbst einräumt, Euch dort von Halbert Glendinning getrennt zu haben?«
Darauf der Ritter trotzig: »Es sei doch nichts Ungewöhnliches, den Rasen dort blutig zu finden, wo Jäger ein Stück Wild zur Strecke gebracht hätten!«
»Und habt Ihr Euer Wild ebenso gut verscharrt, wie Ihr es geschossen habt?« fragte der Mönch. »Wir verlangen Auskunft von Euch, wer in dem Grabe liegt, das neben der Quelle ausgeschachtet worden ist! ... Ihr entrinnt mir nicht, Sir Piercie, wie Ihr wohl seht. Drum rate ich Euch, seid aufrichtig und erzählt uns, was dem unglücklichen Jüngling geschehen ist, dessen Leiche doch sicher unter dem blutgetränkten Rasen ruht.«
»Dann müßte ihn grade jemand lebendig
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