Das Kloster (German Edition)
gerastet werden solle. Gleich darauf wurde der junge Erbe von Glendearg auf eine Stelle geführt, die höher lag als der eigentliche Moorgrund. Hier war ein Teppich auf den Boden gebreitet worden. Die Führer der Reiterschar ließen sich rings um den Teppich nieder, um ihr Frühmahl zu halten, das aber kaum viel anders und besser sein mochte, als das, welches Halbert noch eben bei der greisen Bäuerin bekommen hatte.
Als Halbert herbeigeführt wurde, erhob sich ein Mann von schöner Gestalt, mit gebietender Haltung, aus dessen ganzem Wesen selbst Halbert trotz seiner Jugend auf der Stelle inne wurde, daß er dem eigentlichen Befehlshaber der Schar sich gegenüber befand. Er trug ein Büffelwams, das mit seidnen Schnüren besetzt war, an Stelle einer Rüstung, und um den Hals eine Kette von gediegnem Golde und ein Medaillon. Das schwarze Samtbarett, das auf seinem Haupte saß, war mit einer Schnur großer, schöner Perlen und mit einem Federstutz verziert, und um die Hüften gegürtet hing ihm ein Schwert an der Seite, das eine auffallende Länge zeigte und wuchtig niederhing. Goldne Sporen an den hohen Reiterstiefeln vervollständigten seine Rüstung.
Er winkte Halbert Glendinning, näher zu treten.
»Dieses Schreiben,« hub er an, »ist von dem wackern Gottesstreiter Heinrich Warden, junger Mann? nicht wahr?«
Halbert antwortete mit einem bestimmten Ja auf die Frage.
»Dem Anschein nach schrieb er an Uns im Zustande von Sorge und Bedrängnis und weist Uns betreffs näherer Auskunft an Euch. Laßt Uns also wissen, Jüngling, wie es mit ihm steht.«
Halbert erzählte nun nicht ohne Verwirrung, wie es sich gefügt hatte, daß Warden in Haft von dem Baron Avenel genommen worden war. Als er auf den Streit zwischen den beiden Männern über das Leben des Barons in wilder Ehe zu sprechen kam, machte ihn die ernste Miene des Grafen Murray so bestürzt, daß er in der Meinung, doch vielleicht etwas Unschickliches gesagt zu haben, fast gestockt hätte.
»Was fehlt denn dem Esel?« rief ein andrer Ritter, der neben dem stand, der mit Halbert sprach, und zog die dunkelroten Brauen finster zusammen, während sich auf der Stirn tiefe Falten zu graben anfingen. »Hast Du nicht gelernt, die Wahrheit zu sagen, ohne zu stocken?«
»Mit Verlaub,« erwiderte hierauf mit fester Stimme der Jüngling, »ich habe noch nie mit solchem Herrn gesprochen.«
»Wie mir scheint,« nahm hierauf der erste der Herren das Wort, – der kein andrer war als Lord Murray – indem er sich zu dem neben ihm stehenden Ritter wendete, »ist der Jüngling bescheidnen Sinnes, aber doch ein Mensch, der sich in einer guten Sache weder vor Freund noch Feind fürchtet. Sprich weiter, mein Sohn, freimütig und ehrlich.«
Nun berichtete Halbert weiter von dem Streit zwischen dem Baron Avenel und dem Prediger. Der Ritter hörte ihm zu, indem er sich auf die Lippen biß, und sich anscheinend zur Gleichgültigkeit zwang.
»Warden,« sagte er dann, nicht abgeneigt, sich auf die Seite des Barons Avenel zu schlagen, »ist zu eifrig in seinem Eifer, denn gewisse eheliche Beziehungen sind sowohl nach göttlichem als menschlichem Recht statthaft, auch wenn sie nicht der strengen bürgerlichen Form angemessen geschlossen worden sind, und die Nachkommenschaft, die solchen Verhältnissen entspringt, gilt nicht minder für erbfähig, als die aus den streng bürgerlich geschlossenen Ehen.«
Die allgemein gehaltne Meinung, die er mit einem Blick auf die bei dem Gespräch anwesenden Kriegsgefährten begleitete, fand die allgemeine Billigung, und alle, bis auf einen, der den Blick zu Boden schlug und schwieg, riefen: »Dawider läßt sich nichts vorbringen!«
Graf Murray wandte sich wieder an Halbert mit der Aufforderung, weiter zu erzählen, aber sich der größten Genauigkeit dabei zu befleißigen. Als nun Halbert schilderte, wie der Baron Avenel seine Konkubine wild von sich schleuderte, knirschte der Graf mit den Zähnen und fuhr mit der Hand an den Griff seines Dolches. Dann aber winkte er, daß Halbert fortfahren solle. Inzwischen hatten sich zu den Zuhörern noch ein paar reformierte Geistliche gefunden, die mit gesteigertem Interesse an den Worten des Jünglings hingen. Als derselbe nun von der schmählichen Weise erzählte, wie Baron Julian den Prediger ins Verließ habe werfen lassen, da schien Graf Murray den richtigen Anlaß gefunden zu haben, seinem Grolle Lust zu machen, denn augenscheinlich war er sich der Zustimmung aller Anwesenden sicher.
»Anwesende
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